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Sorge vor Abwanderung Nordostchemie will bessere Rahmenbedingungen

Quelle: dpa

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Hohe Energie- und Rohstoffpreise belasten die Firmen der ostdeutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie trotz staatlicher Hilfen. Dem Branchenverband zufolge droht die Abwanderung von Firmen.

Seit 2017 lenkt Nora Schmidt-Kesseler als Hauptgeschäftsführerin die Nordostchemie-Verbände.
Seit 2017 lenkt Nora Schmidt-Kesseler als Hauptgeschäftsführerin die Nordostchemie-Verbände.
(Bild: Nordostchemie)

Die Lage in der ostdeutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie ist laut Branche weiter extrem angespannt. „Wir stehen vor einer der größten Herausforderungen, die wie jemals hatten“, sagte Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin des Landesverbands Nordost im Verband der Chemischen Industrie (VCI) der dpa in Halle. Grund sei die Kostenlast der Unternehmen für Energie und Rohstoffe. Diese sei trotz staatlicher Hilfen für die im internationalen Wettbewerb stehenden Betriebe zu hoch. Es gebe die Sorge vor weiteren Produktionsdrosselungen oder gar Abwanderung in andere Länder mit kostengünstigeren Voraussetzungen.

Der Verband fordere vom Bund daher bessere Rahmenbedingungen für die Branche zu ermöglichen. Dazu zählten ganz zentral langfristig wettbewerbsfähige Energiepreise, aber auch weniger Bürokratie und kürzere Genehmigungsverfahren für Anlagen und Forschungsvorhaben, sagte sie. „Denn trotz aller aktuellen Probleme sind wir Zukunfts- und Schlüsselbranche“, sagte Schmidt-Kesseler. Großes Thema sei dabei die Transformation der Energiebasis, hin zu klimaneutraler Produktion unter andrem durch den Einsatz von „grünem Wasserstoff“. Erdgas ist bisher den Angaben nach die Hauptenergiequelle und zugleich wichtiger Rohstoff für die Chemie- und Pharmaindustrie.

Die Branche hat in Ostdeutschland laut Verband rund 54.500 Beschäftigte, die 2021 einen Umsatz von 31 Milliarden Euro erzielt haben. Nach ersten Schätzungen werden es 37 bis 38 Milliarden Euro in 2022 sein. Grund für die Steigerung seien ausschließlich höhere Preise für verkaufte Produkte angesichts gestiegener Energie- und Rohstoffkosten bei den Herstellern, erklärte Schmidt-Kesseler. Bundesweit hat der VCI rund 1900 Mitgliedsfirmen, die 530.000 Menschen beschäftigten. 2022 lag der Umsatz der Branche insgesamt den Angaben zufolge bei 266 Milliarden Euro.

Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist in Ostdeutschland laut Verband besonders stark in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen sowie in Berlin (Pharma) vertreten. Dazu zählten Industrieparks in Leuna, Bitterfeld-Wolfen, Schwarzheide und Böhlen. Laut einer aktuellen VCI-Mitgliederbefragung (bundesweit) gaben 40 % der Unternehmen an, die Produktion bereits zurückgefahren zu haben oder dies in Kürze tun zu wollen, wie Schmidt-Kesseler sagte. Knapp jedes zehnte Unternehmen in Deutschland plane demnach Anlagen und Geschäftsbereiche stillzulegen. Diese Sorge gelte auch für Ostdeutschland.

Die Kapazitätsauslastung in der Ostchemie lag nach aktuellen Daten im dritten Quartal 2022 bei 77 %. „Das ist so niedrig wie zuletzt während Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09“, sagte Schmidt-Kesseler. Zum Vergleich: der Zehn-Jahres-Durchschnitt liege bei 83 %. Insgesamt entfallen laut Verband etwa 15 % des gesamten Erdgasverbrauchs der Industrie in Deutschland auf die Branche.

„Wir werden auch in Zukunft viel Energie brauchen, um Spezialprodukte herzustellen, die zum Beispiel für dem Ausbau erneuerbarer Energien wichtig sind“, sagte Schmidt-Kessler. „Windräder etwa werden mit faserverstärkten Kunststoffen beschichtet, damit sie sich drehen und Strom erzeugen, Photovoltaikanlagen haben ihren Ausgangspunkt ebenfalls in der Chemie“, erklärte sie. „Wir brauchen viel mehr erneuerbare Energien und zugleich eine stabile Versorgung“, sagte sie. Nur auf Basis großer Mengen Wind- oder Solarkraft lasse sich zum Beispiel „grüner Wasserstoff“ als Energiequelle der Zukunft für die Chemie und andere Branchen herstellen.

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