Isotope Deuterium und Tritium Potenziale besser nutzen – Filter für schweren Wasserstoff entwickelt
Deuterium und Tritium sind Stoffe mit Zukunft – die schweren Isotope des Wasserstoffs finden zahlreiche Anwendungen in Wissenschaft, Pharmazie oder Energiegewinnung. Nachteil: Sie sind aufwendig und teuer zu gewinnen – Deuterium etwa ist derzeit rund drei Mal teurer als Gold obwohl es in der Umwelt 300 Mal häufiger vorkommt. Mit einer neuen funktionalisierten Metall-organischen Gerüstverbindung (MOF) lassen sich die Isotope nun relativ einfach von normalem Wasserstoff trennen.
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München – Deuterium und Tritium sind Stoffe mit Zukunft, machen sich aber rar. Die schweren Isotope des Wasserstoffs finden nicht nur zahlreiche Anwendungen in der Wissenschaft, sondern könnten als Brennstoffe der Kernfusion zum Energiemix von morgen beitragen. Deuterium ist zudem Bestandteil einiger Medikamente, die gerade das Zulassungsverfahren in den USA durchlaufen. Sie aus der natürlichen Isotopenmischung des Wasserstoffs zu filtern, ist bislang jedoch aufwendig und teuer. Wissenschaftler der Stuttgarter Max-Planck-Institute für Intelligente Systeme und für Festkörperforschung, der Universität Leipzig, der Jacobs University Bremen, der Universität Augsburg sowie vom Oak Ridge National Laboratory (USA) können da vielleicht Abhilfe schaffen. Sie stellen in einer aktuellen Veröffentlichung eine metallorganische Gerüstverbindung – kurz MOF für metalorganic framework – vor, mit der sich die beiden Isotope effizienter vom Gros des normalen Wasserstoffs trennen lassen als mit den bisherigen Methoden.
Deuterium und Tritium – Vielfältige Anwendungen in Gegenwart und Zukunft
In Medikamenten hat Deuterium einen lebensverlängernden Effekt, wenn auch zunächst nur für den Wirkstoff selbst. Denn der menschliche Stoffwechsel baut Moleküle, die das Isotop mit der doppelten Wasserstoffmasse tragen, langsamer ab als die gleiche Substanz, wenn sie mit normalem Wasserstoff gemacht ist. Daher lassen sich deuteriumhaltige Arzneimittel niedriger dosieren, sodass sich auch ihre Nebenwirkungen verringern. Deuterium mischt zudem ebenso wie das noch schwerere radioaktive Tritium bei der Kernfusion mit. Dieser Prozess bringt die Sterne zum Leuchten, soll aber auch einmal in entsprechenden Kraftwerken ablaufen. Denn in ihm verschmelzen Atomkerne miteinander und erzeugen dabei eine große Menge Energie.
Während Deuterium in der Pharmazie erst seit kurzer Zeit genutzt wird und sein möglicher Einsatz in der Energieversorgung noch in der Zukunft liegt, findet es in der Wissenschaft schon lange Verwendung. Zum Beispiel um den Weg von Nährstoffen durch den Stoffwechsel zu verfolgen. „Deuterium und in gewissem Maße auch Tritium sind also für einige Anwendungen nützlich“, sagt Michael Hirscher, der als Leiter einer Forschergruppe am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme an der aktuellen Arbeit maßgeblich beteiligt war. „Bislang ist es allerdings sehr aufwendig, Deuterium vom leichten Wasserstoff zu trennen.“
Eine Metall-organische Gerüstverbindung als Deuterium-Filter spart Energie
So wird etwa Deuterium aus schwerem, also deuteriumhaltigem Wasser gewonnen, das zu 0,15 Promille in natürlichem Wasser enthalten ist. Mit einer Kombination chemischer und physikalischer Verfahren wie etwa der Destillation wird zunächst das schwere Wasser isoliert und anschließend Deuterium-Gas erzeugt. Das ist so aufwendig und energieintensiv, dass ein Gramm Deuterium von 99,8 Prozent Reinheit etwa 100 Euro kostet. Damit ist der schwere Bruder des Wasserstoffs rund drei Mal teurer als Gold, obwohl Deuterium in jedem Gewässer und an der Erdoberfläche insgesamt mehr als 300 Mal häufiger als das Edelmetall zu finden ist.
„Mit unserer Metall-organischen Gerüstverbindung dürfte es nun einfacher und weniger energieintensiv werden, Deuterium aus dem natürlichen Gemisch der Wasserstoffisotope zu isolieren“, sagt Dirk Volkmer, dessen Mitarbeiter am Lehrstuhl für Festkörperchemie der Universität Augsburg das Material synthetisiert haben. In einer Metall-organischen Gerüstverbindung, englisch „metal-organic framework“ oder kurz „MOF“, werden Metall-Ionen durch organische Moleküle zu einem Kristall mit relativ großen Poren vernetzt, weshalb solche Stoffe bezogen auf ihr Gewicht große Mengen Gas aufnehmen können.
In der Verbindung, die das Forscherteam nun als Filter für Deuterium und auch für Tritium vorstellen, bilden Zink- und Kupferionen die metallischen Knotenpunkte. Bereits 2012 hatten die Wissenschaftler eine Metall-organische Gerüstverbindung präsentiert, die als metallische Komponente ausschließlich Zink enthielt und ebenfalls Deuterium aus dem natürlichen Isotopengemisch filtert – allerdings nur bei minus 223 Grad Celsius.
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