Effizient EDCs gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie bestimmen Schadstofffalle Oberflächengewässer
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Türkische Wissenschaftler haben eine schnelle, höchst effiziente Methode zum Nachweis u.a. von hormonaktiven Umweltgiften in der Routineanalytik etabliert. Die lösungsmittelfreie Analyse fokussiert auch auf die EU-WRRL und basiert auf der Thermodesortions-GC-MS/MS nach vorangegangener Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE).

Die einwandfreie Güte eines Produkts sicherzustellen, erfordert in aller Regel mehr oder minder umfangreiche und tiefgreifende physikalische, chemische oder biochemische Untersuchungen. Die im Kontext der Kontrolle von Produktqualität und -sicherheit durchgeführten Analysen sind sowohl für Hersteller wie auch für Verbraucher wichtig, um zu verhindern, dass gesundheitsschädliche Produkte in den Verkehr gelangen sowie um möglichen Ersatzansprüchen im Schadensfall entgegenzuwirken. Dass ein Risiko besteht, davon ist auszugehen, und zwar auch dann, wenn es sich nicht um künstlich erzeugte, sondern um natürliche Ressourcen handelt: Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft etwa, der vor dem Hintergrund erfolgt, Agrarerträge zu sichern und zu steigern, führt unvermeidbar zur Verbreitung und Anreicherung von für Mensch und Tier potenziell toxischen Stoffen in der Umwelt. Gleiches gilt für industrielle Emissionen. Zudem lässt es sich nicht ausschließen, dass potenziell gefährliche Stoffe über Leckagen oder infolge von Unfällen aus Anlagen und Betrieben in die Biosphäre gelangen oder aus ihr in Produktions- und Verarbeitungsprozesse eingetragen werden.
Diese Erkenntnis im Hinterkopf sowie eingedenk einer Vielzahl weltweit verfügbarer und eingesetzter chemischer Stoffe, erweist sich eine umfangreiche, den Erfordernissen angepasste instrumentelle chemische Analytik als unumgänglich, wie gesagt, nicht zuletzt im Sinne des Produkt- und Verbraucherschutzes. Dessen Aufgabe ist es, bezogen auf die Analytik, gezielt oder ungerichtet nach potenziell gesundheitsgefährdenden Substanzen zu suchen, sowohl in Ausgangs- als auch Endprodukten sowie auch, global betrachtet, in Umweltproben. Zu letzteren zählt Süßwasser bzw. Trinkwasser, das aus Oberflächengewässern und Grundwasser gewonnen wird. Beide erweisen sich als regelrechte Schadstofffallen und unterliegen strengen Kontrollauflagen.
Definition des Aktionsrahmens
Im Jahr 2000 hat das Europaparlament mit der Richtlinie 2000/60/EG [1] einen Ordnungsrahmen geschaffen, der der Wasserpolitik auf europäischer Ebene als Leitfaden dient. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL; European Water Framework Directive, EW-FD) verfolgt den Zweck, Gewässer nachhaltig und umweltverträglich zu nutzen, und zwar nicht als Option: Die EU-Mitgliedstaaten waren verpflichtet, bis 2015 ihre Gewässer in einen „guten ökologischen“ und „guten chemischen Zustand“ zu bringen; in Ausnahmefällen wurde der Erfüllungszeitraum bis 2027 verlängert.
Daran knüpft sich die Überprüfung auf das Vorhandensein bzw. die Minimierung einer möglichen Belastung mit von der EU-WRRL gelisteter prioritärer gefährlicher Stoffe. Deren chemische Bandbreite erweist sich als so groß, dass es unmöglich ist, sie mit einem Analysenverfahren zu erfassen. Dessen ungeachtet liegt es im Interesse aller Überwachungsbehörden und den ihnen angeschlossenen Laboratorien, den zu leistenden Aufwand an Arbeit und Zeit insbesondere aus Kostengründen zu minimieren. Bedeutet, es erweist sich als sinnvoll und geboten, viele verschiedene Parameter möglichst effizient in wenigen Analysengängen sicher und zuverlässig und in einer hinreichenden Empfindlichkeit zu erfassen.
Effizient automatisierte Methoden im Trend
Vor zwei Jahren haben wir an dieser Stelle über die Entwicklung einer automatisierten Methode zur Bestimmung einer Vielzahl u. a. in der EU-WRRL als prioritär gefährlich eingestufter organischer Verbindungen berichtet [2]. Sie basiert auf der lösungsmittelfreien bzw., im Falle Partikel gebundener Stoffe, lösungsmittelreduzierten Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE), gefolgt von der lösungsmittelfreien Thermodesorption der angereicherten Analyten aus dem Extraktionsmedium (Gerstel-Twister) und deren gaschromatographische Trennung mit anschließender Tandem-Massenspektrometrie (SBSE-TD-GC-MS/MS). Die Methode erlaubt, wie seinerzeit beschrieben, einen einfachen, leistungsfähigen und hochsensitiven Nachweis von 100 prioritären Kontaminanten in Grund- und Oberflächengewässern inklusive an Sediment respektive Partikel gebundener Stoffe [3]. Was sich damals als aussichtsreiche Methode dargestellt hat, überzeugt heute in der Laborroutine u.a. im türkischen Marmara Research Center.
In Zusammenarbeit mit Kollegen u.a. des Marine Science and Management Institute der Universität Istanbul ist es Oltan Canli vom Environmental and Cleaner Production Institute (TUBITAK) gelungen, eine der von Lerch et al. [2,3,5] beschriebenen vergleichbare Applikation zu entwickeln, die den Nachweis vieler in der EU-WRRL gelisteter hormonaktiver Substanzen (Endocrine Disrupters, EDCs) auf eine arbeits-, zeit- und ergebnisoptimierte Weise sowie in hinreichender Sensitivität und Selektivität unter dem Siegel der Laborroutine erlaubt. Laut Canli et al. erfüllt die Methode auch die Anforderungen der türkischen Verordnung zur Qualität von Oberflächen- und Binnengewässern [4].
Anreicherung der Analyten erforderlich
Canli et al. fokussierten bei ihrer Methodenentwicklung auf die Bestimmung spezieller organischer Verbindungen bzw. Verbindungsklassen, darunter polychlorierte Biphenyle (PCBs), polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs), polybromierte Diphenylether (PBDE), Phenole, Phthalate und eine Reihe von Pestizidwirkstoffen. Ihre Methode eigne sich zudem zur Bestimmung weiterer ähnlicher Umweltkontaminanten, schreiben die Wissenschaftler. Bevor sich Canli et al. an die Entwicklung ihrer Methode machten, stellten sie verschiedene Überlegungen an. Laboratorien benötigen z.B. zur erfolgreichen Erfüllung ihrer Aufgaben in der routinemäßigen Wasseranalyse eine schnelle, genaue und validierte Methode, mit denen sich die Zielanalyten in Mengen von wenigen Nanogramm pro Liter und noch niedrigeren Konzentrationen bestimmen lassen. Die im Wasser vorliegenden Substanzmengen bedingen einen Anreicherungsschritt, ohne den sich die geforderten Grenzwerte nur schwer erreichen lassen, schreiben Canli et al.
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