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Forscher entdecken, wer das Gedränge in Zellen steuert

Was „Crowding“ in der Zelle macht

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Bedeutung der Ribosomen für die Phasenseparation

Kürzlich wurde entdeckt, dass Zellen ihre Proteine zu phasenseparierten Tropfen verdichten können. Diese Tropfen können sich nicht ohne Weiteres mit ihrer Umgebung mischen, ähnlich wie sich einzelne Tropfen von Essig in einer Schüssel voller Öl bilden. Dieser Prozess, genannt Phasenseparation, ermöglicht es biologischen Reaktion durch Aufkonzentrierung benötigter Moleküle auf kleinem Raum viel schneller und effizienter abzulaufen.

Wenn Forscher Phasenseparation im Reagenzglas untersuchen, müssen sie ein künstliches Crowding-Mittel hinzugeben, um die Separation einzuleiten. Bis heute war es unbekannt, wie das zelluläre Crowding verursacht wird, also was das zelluläre Crowding-Mittel ist. Holt und seine Kollegen haben herausgefunden, dass die Ribosomenkonzentration die Phasenseparation sowohl im Reagenzglas als auch in der Zelle stark beeinflusst. Daraus schlussfolgerten die Forscher, dass die durch mTORC1 kontrollierte Ribosomenkonzentration für die Zelle einen Weg darstellt, die Phasenseparation zu beeinflussen.

Neue Krebstherapien dank Wissen um Crowding-Mechanismus?

Bis zu einem bestimmten Punkt verdichtet das Crowding wechselwirkende Proteine in phasenseparierte flüssige Tropfen. Falls Moleküle in der Zelle allerdings zu dicht gepackt werden, dann können diese Tropfen fest werden. Die aktuelle Studie legt nahe, dass ein fehlfunktionierender mTORC1-Signalweg das Crowding so stark erhöhen könnte, dass normalerweise phasenseparierte Tropfen feste Aggregate bilden. Solche Aggregate finden sich in Zellen mit altersbedingten Krankheiten, wie z.B. Tau-Fasern, die sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten bilden. Außerdem diente mTORC1 jahrzehntelang als Ziel von Krebstherapien, da Zellen über den mTORC1-Signalweg feststellen, ob ausreichend Energie für Zellwachstum und -teilung zur Verfügung steht. Diese Medikamente hatten nur eingeschränkten Erfolg, was laut Holt in Verbindung mit dem Crowding-Effekt stehen könnte.

In gewissen Fällen könnte die mTORC1-Aktivierung zwar wichtig bei der Entstehung von Krebs sein, aber sobald sich in Krebszellen die Ribosomen zu dicht drängen, könnte mTORC1 das Krebswachstum eher hindern. Die aktuelle Arbeit könnte dabei helfen neue Richtlinien für die Anwendung von mTORC1-Inhibitoren für die Krebstherapie festzulegen. „Die biologischen Konsequenzen von Phasenübergängen sind momentan Fokus intensiver Forschung“ sagt Holt. „Eines unserer Langzeitziele ist es, Therapien für neurodegenerative Krankheiten und Krebs zu entwickeln, die das molekulare Crowding in den Zellen der Patienten anpassen.“

Originalpublikation:

S M. Delarue, G.P. Brittingham, S. Pfeffer, I.V. Surovtsev, S. Pinglay, K.J. Kennedy, M. Schaffer, J.I. Gutierrez, D. Sang, G. Poterewicz, J.K. Chung, J.M. Plitzko, J.T. Groves, C. Jacobs-Wagner, B.D. Engel & L.J. Holt: mTORC1 controls phase separation and the biophysical properties of the cytoplasm by tuning crowding. Cell, Juli 2018, DOI: 10.1016/j.cell.2018.05.042

* Dr. C. Menzfeld, MPI für Biochemie, 82152 Martinsried

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