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Forscher entdecken, wer das Gedränge in Zellen steuert Was „Crowding“ in der Zelle macht

Autor / Redakteur: Christiane Menzfeld* / Christian Lüttmann

Gedränge kennen wir aus der U-Bahn, oder dem Fußballstadion. Aber auch in unserem Körper herrscht Gedränge: Unsere Zellen sind vollgepackt mit Proteinen und weiteren Molekülen. Dieses „Crowding“ ist wichtig für den Ablauf vieler biochemischer Prozesse. Nun hat ein internationales Team mit Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Biochemie aufgedeckt, welche Mechanismen das Crowding steuern. Daraus wollen sie unter anderem neue Therapien gegen Krebs entwickeln.

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Diese Abbildung zeigt die künstlerische 3D Darstellung eines Kryoelektronentomograms aus dem Inneren einer Hefezelle. Ribosomen (blau) und zelluläre Membranen (grau) werden von den fluoreszierenden GEMs (gelb) erleuchtet.
Diese Abbildung zeigt die künstlerische 3D Darstellung eines Kryoelektronentomograms aus dem Inneren einer Hefezelle. Ribosomen (blau) und zelluläre Membranen (grau) werden von den fluoreszierenden GEMs (gelb) erleuchtet.
(Bild: Dimitry Tegunov und Stefan Pfeffer)

Martinsried – Je enger Menschen in einer Menschenmenge stehen, desto schwieriger wird es, sich in der Menge fortzubewegen. Manchmal wird es so eng, dass man sich überhaupt nicht mehr bewegen kann. Dies ist aber nichts im Vergleich zu einer Zelle, wo Proteine und andere Moleküle dicht gepackt vorliegen.

Dieses dichte Gedränge, „Crowding” genannt, ist sehr wichtig für die Zelle – es bringt die Moleküle in Kontakt, sodass sie interagieren können und die chemischen Reaktionen ablaufen, die die Zelle zum Leben benötigt. Tatsächlich werden viele Erkrankungen durch Veränderungen im molekularen Crowding hervorgerufen, die ungewollte und schädliche Interaktionen zwischen Proteinen herbeiführen können. Trotz seiner Wichtigkeit blieb es bisher ein Rätsel, wie dieses Crowding innerhalb der Zelle kontrolliert wird.

Nun hat ein internationales Team von Forschern an der New York University (NYU) und dem Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) entdeckt, dass ein bestimmter Proteinkomplex eine entscheidende Rolle bei dem Zellgedränge spielt.

GEMs werfen Licht aufs molekulare Crowding

Das Team um Liam Holt an der NYU School of Medicine fand eine Strategie, um das molekulare Crowding in der Zelle zu messen. Sie entwarfen winzige fluoreszierende Kugeln, die in der Zelle produziert werden, die so genannten GEMs (Abkürzung für Genetically Encoded Multimeric nanoparticles). Mittels Lichtmikroskopie konnten die Forscher die Bewegung der leuchtenden GEMs in der Zelle nachverfolgen und dadurch bestimmen wie schwierig es für die GEMs unter verschiedenen Bedingungen war, sich durch die dichte zelluläre Umgebung zu bewegen.

Das führte zur Entdeckung von mTORC1: ein Proteinkomplex, der für die Kontrolle des Zellwachstums zuständig ist und auch das Crowding in der Zelle kontrolliert, wie die Forscher herausfanden. Denn wenn sie den mTORC1-Signalweg durch das Antibiotikum Rapamycin blockierten, konnten sich die GEMs viel schneller durch die Zelle bewegen – ein klarer Hinweis auf verringertes Crowding.

Ribosomen verursachen das zelluläre Gedränge

Um diese Veränderungen im Crowding genauer zu untersuchen, hat das Forscherteam um Dr. Ben Engel am MPIB die natürliche zelluläre Umgebung mittels Kryoelektronentomografie abgebildet und analysiert. „Diese mächtige Methode erlaubt es uns prinzipiell jedes Molekül in der Zelle zu sehen“, erklärt Engel. „Das Innere der Zelle ist gefüllt mit kleinen Proteinfabriken, den Ribosomen, die wir mit unserer Methode mit sehr hoher Genauigkeit zählen können.“

Als der mTORC1-Signalweg blockiert wurde, fiel die zelluläre Konzentration an Ribosomen auf etwa die Hälfte, was das molekulare Crowding in der Zelle dramatisch verringerte. Die Korrelation zwischen verringerter Ribosomenkonzentration und erhöhter Mobilität der GEMs zeigt, dass Ribosomen die Hauptursache für das Crowding in der Zelle sind, so die Forscher.

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