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Durchflusszytometrie Bakterielle Biokunststoffproduktion durchflusszytometrisch verfolgt

Autor / Redakteur: Manfred Zinn*, Stephanie Karmann*, Aldo Vaccari**, Michael Sequeira** und Stéphanie Follonier* / Dr. Ilka Ottleben

In den letzten Jahren sind die Durchflusszytometriegeräte günstiger in der Anschaffung aber auch gleichzeitig leistungsstärker in der Analyse von Bakterien geworden. Im Europäischen Forschungsprojekt SYNPOL untersuchen Wissenschaftler so die bakterielle Biokunststoffproduktion aus Synthesegas während des Bioprozesses im Bioreaktor.

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Abb. 1: Mit Nilrot gefärbte Zelle Rhodospirillum rubrum mit dem Fluoreszenzmikroskop beobachtet (Vergrößerung 100x).
Abb. 1: Mit Nilrot gefärbte Zelle Rhodospirillum rubrum mit dem Fluoreszenzmikroskop beobachtet (Vergrößerung 100x).
(Bild: S. Karmann, HES-SO Valais - Wallis)

Der Bedarf an umweltfreundlichen Kunststoffmaterialien ist in den letzten zehn Jahren enorm gestiegen, die weltweite Produktion von rund 1,4 Mio t (für das Jahr 2012, http://en.european-bioplastics.org/) kann diesen Markt jedoch nicht in genügender Menge und kostengünstig beliefern. Zurzeit sind zwei Hauptklassen von Biokunststoffen auf dem Markt erhältlich: biobasierte/nicht abbaubare und biologisch abbaubare Kunststoffe. Vorteil der biobasierten Kunststoffe wie Bio-Propylen ist, dass sie aus nachhaltigen Ressourcen produziert werden und die industrielle Verarbeitung wegen des erdölbasierten und ansonsten identischen Polymers Polypropylen bereits gut etabliert ist.

Der zu Polypropylen entsprechende und biologisch abbaubare Kunststoff ist Poly ([R]-3-hydroxybutyrat) (PHB) und wird wegen der enantiomeren Reinheit und des hohen Molekulargewichtes (Mw > 600 kDa) ausschließlich biotechnologisch im bakteriellen Bioprozess hergestellt. Dabei lagern die Zellen das PHB als Kohlen- und Energiespeicherstoff im Zellinnern ein, welches mit hydrophoben Färbemitteln, wie Sudan schwarz oder dem Fluorszenzfarbstoff Nilrot (s. Abb. 1), im Mikroskop visualisiert werden kann. Der Gehalt von PHB kann im Bakterium bis zu 90 % der Trockenmasse betragen, wenn Glukose als C-Quelle und eine Wachstumslimitation durch das Nährstoffelement Stickstoff oder Phosphor vorliegt. Mittels Lösemittelextraktion kann PHB aufgereinigt und als Verpackungsmaterial oder sogar medizinisch biokompatibler Werkstoff verwendet werden [1].

Nachhaltige PHB-Produktion

Um die Biokunststoff-Herstellung von der Lebensmittelproduktion zu entkoppeln und damit einen Konflikt um Rohstoffe zu vermeiden, wurde in den letzten Jahren vermehrt nach alternativen Kohlenstoffquellen gesucht. Die Verwertung von Abfallstoffen aus der Lebensmittelindustrie (z.B. Abfälle aus der Fleisch- und Milchindustrie) stellen dabei eine sehr interessante Alternative dar [2]. Mit geeigneter enzymatischer und/oder chemischer Vorbehandlung werden diese Abfälle zu gut verwertbaren Kohlenstoffquellen, darunter Fettsäuren und Zucker. Der zusätzliche Aufbereitungsschritt bewirkt jedoch gleichzeitig höhere Herstellungskosten.

Syngas als Kohlenstoffquelle

Ein interessanter Ansatz wird im europäischen Forschungsprojekt SYNPOL (FP7, s. Abb. 2) verfolgt. Im Rahmen der europäischen Energiediskussion ist die Verwertung von organischen Abfällen zu Synthesegas ein wichtiges Forschungsprojekt der Industrie geworden. Synthesegas oder auch Syngas genannt, wird bei der thermischen Umwandlung von organischen Materialien bei ca. 600-900 °C in CO, H2, CO2, N2 und Spuren anderer Gase umgewandelt [3]. Syngas wurde bereits in den 1930er Jahren zur energetischen Verwertung benutzt und gilt heute als ein grüner Energiespeicher und auch wertvoller Ausgangsstoff für die chemische Synthese. Wegen des relativ hohen CO-Anteils von 30-40 % führt die thermische Verwertung wiederum zur unerwünschten Bildung von CO2. Hier setzt das EU-Forschungsprojekt Synpol (www.synpol.org) unter der Leitung von Prof. J. L. Garcìa am Consejo Superior de Investigaciones Científicas (CSIC) in Madrid an: Das gebildete CO soll mittels Fermentation von Clostridien (Universität Ulm, Deutschland) in wertvolle Polymerbausteine umgewandelt werden bzw. PHB soll mittels Rhodospirillum rubrum (CSIC und HES-SO Valais – Wallis, Schweiz) direkt oder nach genetischer Rekombination in Ralstonia eutropha (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland) indirekt hergestellt werden. An der Hochschule für Ingenieurwissenschaften mit Standort Sitten, Schweiz (HES-SO Valais – Wallis) wurde in Zusammenarbeit mit dem Synpol-Industriepartner Infors HT (Bottmingen, Schweiz) eine sichere und moderne Fermentationsplattform zur anaeroben Verwertung von Syngas aufgebaut (s. Abb. 3). Diese Plattform wird zurzeit mit Process Analytical Technology (PAT) ergänzt, unter anderem auch die automatisierte Analyse des PHB-Gehaltes mittels Durchflusszytometrie.

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