Nanostrukturierte Oberfläche per 3D-Druck Farbe aus Form erschaffen: Schmetterlingsfarbe imitiert
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Farbe zeigen, wo keine ist: Dieses Kunststück hat der Morpho-Falter perfektioniert. Seine Flügel kommen ohne Pigmente aus, sondern erstrahlen nur durch die Nanostrukturen auf ihrer Oberfläche in schillerndem Blau. Nun hat ein Forscherteam diese Farbkunst mittels 3D-Druck nachgemacht und dabei sogar noch verfeinert.

Bochum – Viele Tiere und Pflanzen im Laufe der Evolution Fähigkeiten entwickelt, die man sonst nur von Superhelden aus Filmen kennt. Meist beruhen ihre Überlebenstricks auf den außergewöhnlichen Eigenschaften ihrer Oberflächen. Das Nachahmen dieser Eigenschaften birgt ein großes Potenzial für die Technik zur Entwicklung neuer Produkte oder zur Lösung technischer Probleme. Einem Forschungsteam aus Bochum und Kiel ist es nun gelungen, mittels einer hochpräzisen 3D-Drucktechnik die Strukturfarbe der berühmten blauen Morpho-Schmetterlinge nachzuahmen.
Nanostruktur des Morpho-Falters nachgedruckt
Zentral für die aktuelle Studie ist das laserbasierte Druckverfahren Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP), welches die dreidimensionale Bearbeitung von lichtempfindlichen Harzen ermöglicht. Anders als bei herkömmlichen Drucktechniken ist es so möglich, komplexe 3D-Strukturen mithilfe von virtuellen Computermodellen ohne die Verwendung von Stützstrukturen zu realisieren. Einzelne Strukturmerkmale können in diesem Zusammenhang bis zu unter 100 Nanometer klein sein.
Durch die 2PP-Drucktechnik gelang es den Forschern, hierarchisch aufgebaute Strukturen auf Mikro- und Nanometerebene herzustellen, um die Strukturfarbe der blauen Morpho-Schmetterlinge mitsamt ihren außergewöhnlichen optischen Eigenschaften zu imitieren. Bei den Schmetterlingen selbst wird die Farbe durch winzige, tannenbaumähnliche Strukturen auf ihrer Flügeloberfläche hervorgerufen. Komplexe physikalische Phänomene zwischen Licht und den Mikro-Tannenbäumen machen es zudem möglich, die blaue Farbe fast winkelunabhängig wahrzunehmen. „Dies ist insofern erstaunlich, da Farbe normalerweise regenbogenartig erscheint, wenn sie durch ähnliche physikalische Phänomene, wie etwa Lichtbrechung an Strukturen, entsteht“, erklärt Mitautor Gordon Zyla.
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Solarzellen in Schmetterlingsoptik
Solarzellen in Schmetterlingsoptik
Strukturfarben für die Fälschungssicherheit
In der aktuellen Arbeit haben die Forscher die von den Schmetterlingen inspirierten Strukturen so umgestaltet, dass die resultierende winkelunempfindliche blaue Farbe gleichmäßig oder nur aus bestimmten Richtungen beobachtet werden kann. Zu diesem Zweck analysierten sie zunächst die optischen Eigenschaften und die Morphologie der Flügeloberfläche eines Morpho-didius-Schmetterlings an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Daraus leiteten sie ab, dass sie die Richtung, in der die winkelunempfindliche Farbe erscheint, steuern können. Dazu müssen die Forscher die Geometrie ihrer zuvor entwickelten Strukturen nur auf der Mikroskala verändern, jedoch weiterhin die Strukturen des Schmetterlings auf der Nanoskala imitieren.
Die von den Autoren vorgeschlagenen neuartigen Designs eignen sich zum Beispiel für die Herstellung hochkomplexer Fälschungsschutzmerkmale. Ihre Arbeit zeigt darüber hinaus das große Potenzial des 2PP-Verfahrens im Forschungsbereich Biomimetik. Durch die Verwendung neuartiger lichtempfindlicher Materialien könnte eine große Vielfalt funktioneller Strukturen aus der Natur auf diese Weise für ihren Einsatz in der Technik untersucht werden. Zu den Superkräften im Tier- und Pflanzenreich gehören etwa die verbesserte Haftung oder besondere Verschleißfestigkeit gegenüber diversen anderen Oberflächen, die Superhydrophobie, die man beim Lotuseffekt beobachten kann, oder bestimmte Färbungen, die als Warnsignale, zur Tarnung oder intrasexuellen Kommunikation verwendet werden.
An der Arbeit aus dem Bereich der Biomimetik waren Forscher des Lehrstuhls für Laseranwendungstechnik der Ruhr-Universität Bochum (RUB) um Prof. Dr. Andreas Ostendorf und Prof. Dr. Cemal Esen sowie der Arbeitsgruppe „Funktionelle Morphologie und Biomechanik“ der CAU um Prof. Dr. Stanislav Gorb beteiligt.
Originalpublikation: Gordon Zyla, Alexander Kovalev, Cemal Esen, Andreas Ostendorf, Stanislav Gorb: Two-photon polymerization as a potential manufacturing tool for biomimetic engineering of complex structures found in nature, Journal of Optical Microsystems, 2022, Volume 2, Issue 3; DOI: 10.1117/1.JOM.2.3.031203
* M. Drießen, Ruhr-Universität Bochum (RUB), 44801 Bochum
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