Photophysikalische Eigenschaften von Carbin Kohlenstoffketten geben dank Stoßstange ihre Bandlücke preis
Einzelne Kohlenstoff-Atome, aufgereiht wie Trauben auf einem Spieß: das ist Carbin. Nun ist es einem internationalen Forscherteam gelungen, Details über die photophysikalischen Eigenschaften dieser höchst instabilen Verbindung aufzudecken. Dafür schützten sie die Carbine mit einer Art Stoßstange.
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Erlangen, Lausanne/Schweiz, Alberta/USA – Kohlenstoff ist ein Allrounder unter den chemischen Elementen. Es kommt nicht nur in dreidimensionalen Strukturen wie Diamant oder Graphit vor, sondern auch in zweidimensionalen Graphen-Schichten, eindimensionalen Nanoröhren und sogar nulldimensionalen Nanodots. Auch kleine „Fußbälle“ aus 60 Kohlenstoffatomen, so genannte Fullerene, gibt es. Die verschiedenen Modifikationen, in denen ein Element in Reinform vorliegen kann, nennt man Allotrope. Beim Kohlenstoff gehört neben den bereits genannten auch Carbin dazu.
Atomketten mit Stoßstangen
Das Kohlenstoff-Allotrop Carbin wird synthetisch hergestellt, besteht aus einer einzigen, sehr langen Kette von Kohlenstoffatomen und gilt als Material mit äußerst interessanten elektronischen und mechanischen Eigenschaften. Diese zu untersuchen, gestaltet sich allerdings als schwierig. Denn Kohlenstoff ist in Form von Carbin sehr reaktiv und instabil. Die langen Kohlenstoffketten sind daher entsprechend schwierig zu charakterisieren.
Einem internationalen Forscherteam ist es über Umwege nun dennoch gelungen, mehr über die photophysikalischen Eigenschaften von Carbin zu erfahren. Die Forscher aus Deutschland, der Schweiz und den USA stützten sich dabei vor allem auf die chemisch ausreichend stabile Verbindungklasse der Oligoine. Das sind Carbin-Ketten, die an den Kettenenden eine Art Stoßstange aus Atomen haben. So lassen sich Ketten definierter Länge herstellen, die vor Zersetzung einigermaßen geschützt sind.
Spektroskopische Analyse
Die Wissenschaftler haben zwei Serien von Oligoinen hergestellt – mit unterschiedlicher Symmetrie und mit Kohlenstoffketten aus bis zu 24 alternierenden Dreifach- und Einfachbindungen. Im Anschluss daran verfolgten sie mittels Spektroskopie die Deaktivierungsprozesse der jeweiligen Moleküle von der Anregung durch Licht bis hin zur vollständigen Relaxation. „So konnten wir den gesamten Deaktivierungsweg der Oligoine aus einem angeregten Zustand zurück in den ursprünglichen Grundzustand mechanistisch erfassen – und dank der gewonnen Daten eine Vorhersage über die Eigenschaften von Carbin treffen“, fasst Prof. Dr. Rik R. Tykwinski von der University of Alberta zusammen.
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Gemessene Bandlücke ist kleiner als erwartet
Eine wichtige Erkenntnis aus den Experimenten der Forscher: Die so genannte optische Bandlücke erwies sich als deutlich kleiner als bisher angenommen. Die Bandlücke ist ein Begriff aus der Halbleiterphysik und beschreibt die elektrische Leitfähigkeit von Kristallen, Metallen und Halbleitern. „Das ist ein Riesenvorteil“, sagt Prof. Dr. Dirk M. Guldi vom Lehrstuhl für Physikalische Chemie I der FAU. „Je kleiner die Bandlücke ist, desto weniger Energie muss zugeführt werden, um Strom zu leiten.“
Eine kleine Bandlücke und damit gute elektrische Leitfähigkeit besitzt zum Beispiel Silizium, das aktuell in Mikrochips steckt, wie auch in Solarzellen. Carbin könnte – dank seiner ausgezeichneten photophysikalischen Eigenschaften – eines Tages Silizium ergänzen.
Originalpublkation: Johannes Zirzlmeier, Stephen Schrettl, Jan C. Brauer, Emmanuel Contal, Laurent Vannay, Éric Brémond, Eike Jahnke, Dirk M. Guldi, Clémence Corminboeuf, Rik R. Tykwinski & Holger Frauenrath : Optical gap and fundamental gap of oligoynes and carbyne, Nature Communications volume 11, Article number: 4797 (2020); DOI: 10.1038/s41467-020-18496-4
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