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Nanopartikel Magnetische Nanopartikel für Therapie und Diagnostik

Redakteur: Dr. Ilka Ottleben

An der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Berlin entwickeln Forscher neue bioelektrische und biomagnetische Messverfahren für die medizinische Diagnostik und Pharmakokinetik. Prof. Dr. Lutz Trahms, Direktor des Fachbereichs „Biosignale“ erläutert im LP-Interview die Vorteile und Anwendungsgebiete magnetischer Nanopartikel und erklärt Verfahren wie die Magnetrelaxometrie.

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LaborPraxis: Herr Prof. Dr. Trahms – die Grundlage eines Ihrer Arbeitsgebiete sind magnetische Nanopartikel. Was sind dies für Partikel, und wofür werden sie eingesetzt?

Prof. Trahms: Nanopartikel haben eine Größe von einigen wenigen bis zu einigen hundert Nanometern, sind also kleiner als ein tausendstel Millimeter. Bestehen sie aus einem ferromagnetischen Material wie Magnetit bilden sie ein magnetisches Moment, das sehr stark und sehr schnell auf ein angelegtes Magnetfeld reagiert. Man nennt dieses Verhalten auch Superparamagnetismus. Wenn man diese Partikel in einer Flüssigkeit wie Wasser oder Öl suspendiert, entsteht ein Ferrofluid, eine magnetische Flüssigkeit mit vielen interessanten Eigenschaften, die sich technisch nutzen lassen, z.B. in Schrittmotoren, Ventilen oder Lautsprechern. Auch für die Medizin stellen magnetische Nanopartikel ein viel versprechendes neues Hilfsmittel dar, zum Beispiel für die Krebstherapie. Die Partikel können hier als Transportmittel für Arzneistoffe dienen, die mit einem Magnetfeld gezielt in den Tumor dirigiert werden. So soll die Effizienz der Chemotherapie erhöht und zugleich ihre Nebenwirkung verringert werden. In einem anderen Therapieansatz wird direkt die physikalische Wechselwirkung der magnetischen Nanopartikel mit einem magnetischen Wechselfeld genutzt, um die Tumorzellen aufzuheizen und zu zerstören.

LaborPraxis: Sie haben in einer gemeinsamen Studie mit der Universität Bonn die Effizienz des Gentransfers mithilfe magnetischer Nano-partikel untersucht. Worum handelt es sich bei diesem Verfahren, und wo findet es Anwendung?

Prof. Trahms: Die Arbeitsgruppe von Professor Alexander Pfeifer untersucht, wie Genmaterial in Zielzellen eingeschleust werden kann. Sie arbeitet mit Genfähren, die von Lentiviren abstammen. Der lentivirale Gentransfer kann z.B. defektes Genmaterial ausgleichen, das Krankheiten auslösen kann. Oder es wird Genmaterial eingeschleust, das die Zelle dazu anregt, selbst Wirkstoffe gegen Krankheiten zu produzieren. Indem sie diese lentiviralen Genfähren an magnetische Nanopartikel gekoppelt und mit magnetischen Feldgradienten zu den Zellen gezogen haben, ist es den Bonner Pharmakologen nun kürzlich gelungen, den Gentransfer in humane Zellen räumlich zu steuern und wesentlich zu beschleunigen. In der PTB haben wir dann mit sehr empfindlichen Messungen die Aufnahme von magnetischen Nanopartikeln durch die Zellen im Bereich von wenigen Pikogramm nachgewiesen. Diese magnetische Beladung der Zellen kann weiter genutzt werden, um die Zellen durch magnetische Kräfte zum erkrankten Gewebe zu dirigieren. Auch dies konnten die Bonner Forscher erfolgreich zeigen, indem sie – in Zusammenarbeit mit Arbeitsgruppen aus der Physiologie und Kardiologie – einen zuvor induzierten Gefäß-Schaden in einer Maus durch das gezielte Positionieren von „magnetischen“ Zellen wieder repariert haben.

LaborPraxis: Bei Ihren Untersuchungen haben Sie die Methode der Magnetrelaxometrie eingesetzt. Bitte beschreiben Sie unseren Lesern dieses Verfahren genauer.

Prof. Trahms: Magnetische Nanopartikel reagieren sehr schnell auf ein äußeres Mag-netfeld. Aber schnell heißt nicht sofort. Wir nutzen gerade den zeitlichen Verlauf der Antwort der Partikel auf eine Magnetfeldänderung aus, um Informationen zu gewinnen. Eine typische Magnetrelaxometriemessung sieht so aus: Mit einem Mag-netfeld einer Spule werden die Partikel kurz aufmagnetisiert. Nach Abschalten des Felds wird der Zerfall der Magnetisierung der Partikel mit supraleitenden Quanteninterferometern, kurz Squids genannt, gemessen. Das klingt einfacher als es ist, denn zwischen dem Magnetisierungsfeld und den gemessenen Feldstärken liegen mitunter mehr als neun Größenordnungen. Aber wir sind heute in der Lage, bereits wenige hundert Mikrosekunden nach Abschalten des Felds empfindlich zu messen. Aus den Messdaten können wir zum Beispiel die Menge der Nanopartikel bestimmen und Rückschlüsse auf ihre Beweglichkeit ziehen.

LaborPraxis: Ihre Arbeitsgruppe an der PTB entwickelt bioelektrische und biomagnetische Messverfahren für die medizinische Diagnostik und Pharmakokinetik. An welchen weiteren Projekten arbeiten Sie derzeit?

Prof. Trahms: Seit vielen Jahren untersuchen wir mit der elektrischen und magnetischen Messtechnik die Biosignale von Herz und Gehirn, meist in enger Kooperation mit medizinischen Partnern. Dabei konzentrieren wir uns auf messtechnisch besonders schwierige Bereiche, zum Beispiel auf besonders schnelle oder besonders langsame Vorgänge. Hier entwickeln wir die konventionelle bioelektrische und bio-magnetische Messtechnik noch weiter, um so z.B. langsame Reaktionen des Gehirns im Bereich von Minuten zu untersuchen. Wir führen derartige Messungen gegenwärtig auch an Schlaganfallpatienten durch, mit dem Ziel, diagnostische Aussagen über das Ausmaß der Schädigung und für die Prognose des Patienten abzuleiten. Ein neues und, wie ich finde, besonders spannendes Projekt ist die Weiterentwicklung der Magnetresonanztomografie in Richtung niedriger Felder.

LaborPraxis: Geht der Trend in der Tomografie nicht eher zum Einsatz von hohen Feldern für bessere Auflösungen?

Prof. Trahms: Das stimmt, in Deutschland werden heute bereits mehrere 7-Tesla-Ganzkörpertomografen betrieben, auch die PTB ist an einem solchen Gerät hier in Berlin beteiligt. Mit dieser Hochfeldtechnik lassen sich Schnittbilder des menschlichen Körpers mit einer phantastischen räumlichen Auflösung erzeugen. Es ist nicht unsere Absicht, mit niedrigen Feldern dagegen zu konkurrieren. Wir wollen vielmehr die Wirkungen der bioelektrischen Ströme auf das Magnetresonanzbild untersuchen. Im hohen Feld von einigen Tesla gehen die schwachen Felder von Herz und Hirn natürlich unter. In Feldern von wenigen Mikrotesla könnte ein Feld von ein paar Nanotesla aber schon messbare Effekte auf das Magnetresonanzbild haben. Wenn es uns gelingt, das sichtbar zu machen, könnten wir zum Beispiel ein Bild von der Funktion des Gehirns erzeugen.

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