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Nervenzellen Nervenzellen steuern eigene Erregbarkeit

Redakteur: Olaf Spörkel

Forscher aus Bonn haben einen weiteren Mechanismus aufgeklärt, der die Erregbarkeit von Nervenzellen im Gehirn steuert.

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Bonn – Jedes einzelne Neuron steht mit bis zu hunderttausend Geschwisterzellen in Kontakt. Über die Dendriten empfängt es von ihnen Informationen. Aus diesem Input generiert es gegebenenfalls ein einziges Ausgangssignal. Diesen als Aktionspotenzial bezeichneten Feuerpuls verteilt die Nervenzelle über das Axon an andere Neurone. Nervenzellen feuern nur dann, wenn der Input stimmt. Dazu können sie beispielsweise die Eingangssignale aufsummieren. Wenn die Summe eine Mindestschwelle überschreitet, erzeugt die Zelle ein Aktionspotenzial. Diese Art der Verarbeitung wird auch als linear bezeichnet: Jedes einzelne Eingangssignal wird addiert bis ein Feuerpuls entsteht.

Dendriten können jedoch auch nichtlinear reagieren: Aus wenigen kleinen Eingangssignalen generieren sie einen großen Gesamtpuls, einen Spike. Ein einziger Spike reicht in der Regel aus, um die Nervenzelle zum Feuern zu bringen. Bislang waren zwei Bedingungen bekannt, unter denen Dendriten den nichtlinearen Weg einschlagen: „Zum Einen müssen die Eingangssignale nahezu gleichzeitig erfolgen“, erklärt der Bonner Neurowissenschaftler Dr. Stefan Remy. „Außerdem müssen die Kontaktstellen, über die diese Signale an das Neuron übermittelt werden, nahe beieinander liegen. Wenn man sich die Gesamtheit aller Dendriten als eine Art Baum vorstellt, müssen die Signale alle über denselben Ast einlaufen, um einen Spike erzeugen zu können.“

Weitere Voraussetzung zur nichtlinearen Verarbeitung von Signalen

Remy und seine Kollegen von der Klinik für Epileptologie haben nun eine dritte Voraussetzung für den nichtlinearen Weg gefunden. Dendriten können demnach nur dann einen Spike erzeugen, wenn die Zelle zuvor eine Weile nicht gefeuert hat. „Wir nennen dieses Prinzip ‚The Winner Takes It All‘“, sagt der Bonner Forscher. „Wenn ein Dendriten-Ast durch einen Spike ein Aktionspotenzial ausgelöst hat, können andere Äste für ein bis zwei Sekunden keine Spikes mehr erzeugen - auch wenn die sonstigen Voraussetzungen stimmen.“ Mit dieser Methode scheint das Gehirn eine Übererregung zu verhindern. Funktioniert sie nicht, sind wahrscheinlich gravierende Fehlfunktionen die Folge. „So ist es denkbar, dass bei manchen Formen der Epilepsie dieser Mechanismus nicht greift“, spekuliert Prof. Dr. Heinz Beck vom Labor für experimentelle Epileptologie. „Das könnte der Grund für die unkontrollierte Erregung der Nervenzellen sein, die Ursache der Anfälle ist.“

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