Pollenallergie & Co. Neue Studienergebnisse: Wer entwickelt eine Allergie, wer bleibt verschont?
Der plötzliche Frühling wird wie jedes Jahr zur Belastung für Pollenallergiker. Allergien gegen Nahrungsmittel wie Kuhmilch, Soja oder Erdnüsse nehmen immer mehr zu. Ist es ein Mär, dass das Kind vom Land, welches seit frühesten Kindertagen zahlreichen Allergenen ausgesetzt war, weniger Allergien entwickelt als das Stadtkind? Wohl nicht. Dennoch scheinen auch unsere Gene ein gehöriges Wörtchen mitzureden, wenn es darum geht, wer im Laufe seines Lebens eine Allergie entwickelt und wer nicht. Das haben Österreichische Wissenschaftler nun mit einer neuen Studie belegt.
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Wien/Österreich– Ob jemand eine Allergie entwickelt oder nicht, ist stark von genetischen Faktoren abhängig. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuell publizierten Studie unter der Leitung von Winfried F. Pickl vom Institut für Immunologie der Meduni Wien. Die Wiener ForscherInnen konnten dabei beispielhaft zeigen, dass bei der Entwicklung einer Allergie gegen Pollen des Beifuß – vorausgesetzt man kommt mit der Allergen-Quelle in Kontakt – das Gen HLA-DR1 sowie allergen-spezifische, reaktive T-Zellen eine wichtige Rolle spielen.
Die Rolle von HLA-Molekülen bei Allergien
Es wird schon lang vermutet, dass HLA-Moleküle generell bei Autoimmunerkrankungen, chronischen Infektionen und Allergien eine große Bedeutung haben. In der aktuellen Studie konnten die WissenschafterInnen der Meduni Wien nach eigenen Angaben weltweit erstmals in vier Mausmodellen zeigen, dass nur jene Mäuse die Beifuß-Pollen-Allergie überhaupt entwickeln konnten, die das HLA-DR1-Gen aufwiesen. Waren gleichzeitig die allergen-spezifischen, reaktiven T-Zellen gegenüber den regulatorischen in der Überzahl, „kam es zum explosionsartigen Ausbruch von Asthma und zur Bildung von krankheitsverursachendem allergenspezifischem Immunglobulin E“, erklärt Pickl. Dabei wurde das Beifußallergen auf normale Weise wie bei Menschen über die Atemwege zugeführt.
Der Nachweis konnte nur deshalb so exakt erbracht werden, weil die Forschergruppe sogenannte humanisierte Mäuse einsetzte. Pickl erklärt: „Das sind Tiere, die einen menschlichen T-Zell-Rezeptor tragen, der spezifisch für das Allergen ist und die auch menschliche HLA-Moleküle (Anm.: in diesem Fall HLA-DR1) auf ihren Antigen-präsentierenden Zellen aufweisen. Somit ist unser neues Modell das erste das die Situation im Menschen widerspiegelt.“
Die Meduni Wien-ImmunologInnen konnten weiters zeigen, dass die Gabe des T-Zell-Wachstumsfaktors Interleukin-2 hilft, regulatorische T-Zellen anzukurbeln und zu verhindern, dass es zu allergischem Asthma kommt.
Allergie-Schutzimpfungen als Vision
„Damit wissen wir nun, wie im System auf molekularem Weg die Allergie entsteht und können in Zukunft viel besser präventiv und therapeutisch eingreifen“, sagt Pickl. Das eröffne für die Zukunft große Möglichkeiten für künftige Allergie-Impfungen beim Menschen, auch präventiv für Risikogruppen, ähnlich einer gängigen Schutzimpfung. So könnte durch die HLA-Bestimmung gemeinsam mit einem Allergie-Chip Test bereits im Kleinkindesalter das Risiko für künftige Allergien ermittelt werden und, wenn nötig, frühzeitig Therapiemaßnahmen ergriffen werden. „Das in der aktuellen Studie beschriebene Modell ist für das Hauptallergen aus dem Beifuß spezifisch, wir arbeiten daran, ähnliche Modellsysteme, für alle Allergien zu entwickeln.“
Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des vom FWF geförderten Sonderforschungsbereich F46 'Towards prevention and therapy of allergy' und des Doktoratskollegs W1248 'Molecular, Cellular and Clinical Allergology, MCCA' durchgeführt.
Originalpublikation: A. Neukirchner, B. Kratzer, C. Köhler, U. Smole, L. Mager, K. Schmetterer, D. Trapin, V. Leb-Reichl, E. Rosloniec, R. Naumann, L. Kenner, B. Jahn-Schmid, B. Bohle, R. Valenta, W. Pickl.: Genetic restriction of antigen-presentation dictates allergic sensitization and disease in humanized mice. EBioMedicine, Available online 5 April 2018
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