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Kohlensäuregehalt in Getränkeflaschen spektroskopisch messen Nie wieder schales Sprudelwasser

Von Dr. Julia Weiler*

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Sekt, Softdrinks und Sprudelwasser teilen eine Gemeinsamkeit: die enthaltene Kohlensäure. Sie ist ein wesentlicher Aspekt für den Geschmack und die Qualität dieser Getränke und wird daher von den Herstellern streng überwacht. Mit einem neuentwickelten Messgerät ist dies nun erstmals ohne weitere Schritte direkt an der Flasche möglich – und zwar ohne diese dafür zu öffnen.

Kein Loch mehr nötig: Das neue Verfahren funktioniert optisch, die Flasche bleibt bei der Messung intakt.
Kein Loch mehr nötig: Das neue Verfahren funktioniert optisch, die Flasche bleibt bei der Messung intakt.
(Bild: RUB, Marquard)

Bochum – Das Zischen beim Öffnen der Sprudelwasserflasche zeigt: Hier ist Kohlensäure enthalten. Doch in seltenen Fällen kommt es vor, dass z.B. der Verschluss nicht richtig dicht ist und das typische Zischen beim Öffnen der Flasche ausbleibt. Und selbst bei gut verschlossenen Flaschen entweicht immer ein bisschen CO2, was sich langfristig auf den Geschmack des Getränks auswirkt. Hersteller überprüfen daher in Stichproben, ob sich der Kohlensäuregehalt in einer Getränkeflasche im gewünschten Bereich befindet.

Flaschen müssen bislang zum Test geöffnet werden

Um den Kohlensäuregehalt in einem abgefüllten Getränk zu bestimmen, musste man bisher allerdings eine Probe entnehmen und somit die Flasche für den Verkauf unbrauchbar machen. Nun hat ein Team der Ruhr-Universität Bochum (RUB) ein neues Messgerät entwickelt, das den Kohlensäuregehalt in Getränkeflaschen bestimmt, ohne die Flasche dafür öffnen zu müssen.

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Die Ingenieure der RUB haben diese Lösung gemeinsam mit der Firma Steinfurth Mess-Systeme aus Essen konzipiert. Bei herkömmlichen Verfahren wird üblicherweise ein Loch in den Flaschendeckel gestanzt, um den Druck und die Temperatur im Inneren zu bestimmen. Daraus lässt sich der Kohlensäuregehalt der Flüssigkeit berechnen. Flasche und Inhalt der geöffneten Getränke müssen aber anschließend entsorgt werden.

Laserlicht verrät Kohlensäuregehalt

Das neue, zerstörungsfreie Verfahren der RUB-Ingenieure beruht auf der Absorptionsspektroskopie, Es ermittelt Absolutdruck bei beliebigen transparenten Getränkeflaschen spektroskopisch, ohne die Flasche dafür öffnen zu müssen.

Für das Verfahren senden die Forscher Laserlicht einer bestimmten Wellenlänge durch den Gasraum im Flaschenhals und messen, wie viel von diesem Licht auf der gegenüberliegenden Seite der Flasche ankommt. Die Wellenlänge des Lichts wählen sie dabei so, dass es bevorzugt von CO2-Molekülen absorbiert wird. Die Menge des absorbierten Lichts bei verschiedenen Wellenlängen in einem Bereich um 2004 Nanometer gibt Aufschluss über die Menge an Kohlendioxid und somit den Absolutdruck in der Flasche.

Kein Hintergrundspektrum nötig

Für solche spektroskopischen Verfahren wird normalerweise ein Hintergrundspektrum am leeren Behälter aufgenommen, mit welchem Störeinflüsse – beispielsweise durch Kratzer oder Staub auf der Oberfläche – herausgerechnet werden können. An versiegelten Flaschen ist das nicht möglich.

Daher eliminieren die Wissenschaftler die störenden Einflüsse mit einem Trick: Eine Flasche wird nicht nur einmal vermessen, sondern einige Sekunden lang immer wieder aus verschiedenen Richtungen. Störungen variieren so von Messung zu Messung, während der Einfluss des Inhalts durch die gleichbleibende Dichte an CO2-Molekülen konstant bleibt. Anschließend befreien die Forscher das Absorptionsspektrum von den Störeinflüssen; dazu verwenden sie einen mittlerweile patentierten mathematischen Ansatz, den sie selbst entwickelt haben. Der Absolutdruck kann anschließend einfach aus dem Spektrum abgelesen werden. Die Temperatur des Getränks wird ebenfalls nicht-invasiv über ein Pyrometer gemessen.

Für Glas und Plastik – Hauptsache transparent

Das Verfahren funktioniert für Glas- und PET-Flaschen unterschiedlicher Farben und Formen. Einzige Voraussetzung ist, dass die Flasche lichtdurchlässig ist. Da sie unbeschädigt bleibt, kann sie auch mehrmals über längere Zeit vermessen werden, wodurch sich u.a. die Produkthaltbarkeit bestimmen lässt.

Die Messgenauigkeit beträgt aktuell abhängig vom Druck in der Flasche mindestens 50 Millibar. Anders ausgedrückt bedeutet das, dass die Menge an CO2 mit einer Genauigkeit von 0,1 Gramm pro Liter gemessen werden kann. Damit liegt die Messgenauigkeit ungefähr bei dem eines invasiven Gerätes; das Modell CDA MK-6 von Steinfurth erreicht beispielsweise eine Messgenauigkeit von 30 Millibar.

Bei dem neu entwickelten Gerät handelt sich derzeit um das einzige marktreife nicht-invasive Messverfahren, das ohne die zusätzliche Angabe des Flaschenhalsdurchmessers funktioniert.

Originalpublikation: Markus Grafen, Martin Falkenstein, Andreas Ostendorf, Cemal Esen: Entwicklung einer Methode zur nichtinvasiven Messung des Absolutdrucks in teiltransparenten Gebinden von karbonisierten Getränken, Chemie Ingenieur Technik, Volume 92, Issue 11, Special Issue: Bioraffinerien, November 2020, Pages 1830-1839, DOI: 10.1002/cite.202000198

* Dr. J. Weiler, Ruhr-Universität Bochum, 44801 Bochum

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