Protein-basierte Biokunststoffe Plastik ohne Umweltproblem?
Auf Kunststoffe verzichten, würde der Umwelt helfen, ist aber oft schwierig. Eine bessere Alternative sind Kunststoffe, die biologisch abbaubar sind. Solch ein Material haben chinesische Forscher mithilfe von Bakterienkulturen hergestellt.
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Changchun/China – Ob Verpackung oder Spielzeug, ob Mulchfolie oder Auto: Kunststoffe auf Basis von Erdöl sind allgegenwärtig. Die Nachfrage steigt ebenso wie die Müllberge. Biokunststoffe auf Basis natürlicher Rohstoffe wie Stärke sowie synthetischer Biomaterialien wie Polymilchsäure könnten eine umweltschonende Alternative sein. Allerdings sind diese Materialien bisher meist nicht ausreichend fest, biokompatibel und/oder bioabbaubar. Oft benötigen sie zudem komplexe energieverschlingende Verarbeitungsprozesse sowie giftige Chemikalien, was die Vorteile der umweltfreundlicheren Rohstoffe wieder zunichtemacht.
Neuer Biokunststoff mit einstellbaren Eigenschaften
Einem Forscherteam um Jingjing Li und Yawei Liu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Changchun sowie Bo Wei vom First Medical Center of PLA General Hospital stellen jetzt neue Biokunststoffe mit gezielt einstellbaren Eigenschaften vor. Dazu entwarfen sie zwei Lysin-reiche Proteine und stellten sie in Bakterienkulturen her. Das Ergebnis heißt „ELP“: ein dem Bindegewebsprotein Elastin ähnliches Polypeptid ohne definierte Faltung, das gleichzeitig fest und elastisch ist.
Das neue Bioprotein ELP wird über seine Lysin-Amino-Seitengruppen mit einem Polyethylenglykol (PEG)-Derivat quervernetzt. (PEG wird u.a. pharmazeutisch verwendet.) Erfolgt dies in Wasser, kann das Material anschließend einfach in einer „Gussform“ getrocknet werden. Ergebnis ist ein fester, transparenter, lösungsmittelbeständiger Biokunststoff, dessen mechanische Eigenschaften sich über den Anteil an PEG variieren lassen. So sind den Forschern zufolge prinzipiell Biokunststoffe mit hoher mechanischer Festigkeit bei Raumtemperatur in beliebiger Form herstellbar – ohne giftige Chemikalien und aufwändige Verarbeitungsschritte wie Verflüssigung, Extrusion oder Blasformen. In ihrer Bruchspannung übertreffen die so hergestellten Materialien viele kommerzielle Kunststoffe. Problem sei derzeit noch ihr Aufquellen in Wasser.
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Abbau biobasierter Kunststoffe
Bioplastik: Doch nicht alles gut?
Für Spielzeug, Wundkleber oder Datenspeicher
Das Bioprotein eignet sich nicht nur für harte Produkte. Wird ELP in Wasser/Glycerin-Lösung vernetzt, geliert das Material zu weichen, elastischen Biokunststoffen. Außerdem stellte das Team durch Nass-Spinnen Biofasern her, die so fest wie manche biotechnologischen Spinnenseiden sind. Das natürliche Enzym Elastase baut die Biokunststoffe vollständig ab.
Spielzeuge aus dem neuen nicht toxischen, mit Lebensmittelfarbe färbbaren Biokunststoff wären denkbar. Auch als Wundkleber kommt das blutstillend wirkende Material in Betracht. Implantate wären zudem nach wenigen Wochen komplett abgebaut.
Für eine Informationsspeicherung könnte ELP zusammen mit Peptiden polymerisiert werden, denen über ihre spezifischen Aminosäuresequenzen Codes einprogrammiert wurden. Per Sequenzierung ließen sich die Informationen später wieder auslesen. Dabei wären höhere Informationsdichten als mit DNA-Datenspeichern möglich. Die Einsatzmöglichkeiten sind also äußerst vielseitig.
Originalpublikation: Dr. Juanjuan Su, Kelu Zhao, Yubin Ren, Lai Zhao, Bo Wei, Dr. Bin Liu, Yi Zhang, Dr. Fan Wang, Dr. Jingjing Li, Dr. Yawei Liu, Prof. Kai Liu, Prof. Hongjie Zhang: Biosynthetic Structural Proteins with Super Plasticity, Extraordinary Mechanical Performance, Biodegradability, Biocompatibility and Information Storage Ability, Angewandte Chemie, First published: 24 January 2022; DOI: 10.1002/ange.202117538
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