English China

Adipositas und Diabetes Tripel-Hormon gegen Fettleibigkeit und Diabetes

Redakteur: Dr. Ilka Ottleben |

Ein neuer Wirkstoff, der die Wirkungen von drei Magen-Darm-Hormonen auf sich vereint, senkt den Blutzuckerspiegel und reduziert das Körperfett in bisher ungekanntem Ausmaß. Damit haben Wissenschaftler des Helmholtz Zentrum München (HMGU) und der Technischen Universität München (TUM) gemeinsam mit der Indiana University ihren neuartigen Therapieansatz gegen Typ-2-Diabetes und Adipositas um eine Dimension erweitert.

Anbieter zum Thema

Prof. Dr. Matthias Tschöp Direktor des Instituts für Diabetes und Adipositas am Helmholtz Zentrum München Lehrstuhl Stoffwechselerkrankungen der Technischen Universität München
Prof. Dr. Matthias Tschöp Direktor des Instituts für Diabetes und Adipositas am Helmholtz Zentrum München Lehrstuhl Stoffwechselerkrankungen der Technischen Universität München
(Bild: Helmholtz Zentrum München)

Neuherberg – Das Team um Matthias Tschöp (Helmholtz Diabetes Center am HMGU sowie Lehrstuhl für Stoffwechselerkrankungen der TUM) und Richard DiMarchi (Indiana University) forscht an neuartigen Therapieansätzen für Typ-2-Diabetes und Adipositas. Ihr Fokus liegt dabei auf dem Design neuer Moleküle, die die Wirkungen verschiedener Stoffwechselhormone auf sich vereinen. In jüngster Vergangenheit war es den Wissenschaftlern gelungen, hormonähnliche Molekülstrukturen zu entwickeln, die das Wirkpotenzial zweier solcher Botenstoffe* besitzen und dadurch deutlichere Stoffwechselverbesserungen auslösen können, als es mit zuvor bekannten medikamentösen Ansätzen möglich schien.

Dreifachhormon senkt Körpergewicht noch effektiver und verbessert Insulinsensitivität

Aktuell präsentierte das interdisziplinäre Wissenschaftlerteam, unter Führung von Tschöp und DiMarchi, ein Dreifachhormon, das im Tiermodell nicht nur Blutzuckerspiegel, Appetit und Körperfett drastisch senkt, sondern auch Leberverfettung, Cholesterinwerte und Kalorienverbrennung verbessert – und zwar noch effektiver als es mit bisher verfügbaren mono-aktiven oder dual wirksamen Molekülen möglich war. Der Tri-Agonist senkte das Körpergewicht um etwa 30 Prozent, etwa doppelt so viel wie ein dualer Co-Agonist bei gleicher Dosierung. Zudem zeigte sich bei dem Dreifachhormon eine deutlich verbesserte Insulinsensitivität.

Wirkung an Rezeptoren von GLP-1, GIP und Glukagon

Das Tripel-Hormon wirkt spezifisch und zu gleichen Teilen an den drei Zielorten, den Rezeptoren von GLP-1**, GIP*** und Glukagon. GLP-1 und GIP bewirken eine vermehrte Insulin-Ausschüttung und senken dadurch den Blutzuckerspiegel. Darüber hinaus zügelt GLP-1 den Appetit. Das dritte Hormon, Glukagon, steigert langfristig vor allem die Kalorienverbrennung. „Diese dreifache Hormonwirkung in einem einzigen Molekül zeigt eine bisher unerreichte Effektivität. So werden gleichzeitig mehrere Kontrollzentren des Stoffwechsels beeinflusst und zwar in der Bauchspeicheldrüse, in der Leber, im Fettgewebe sowie im Gehirn.“ erklärt Erstautor Brian Finan vom Helmholtz Diabetes Center.

„Dieser aktuelle Durchbruch zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind, um bessere Therapien im Kampf gegen Fettleibigkeit und Diabetes zu designen.“ so Tschöp. „Der wichtigste nächste Schritt sind klinische Studien. Außerdem wollen wir weiter an personalisierten Therapiekonzepten arbeiten und versuchen, mit Kombinationsmolekülen aus vier, fünf oder mehr Hormonkomponenten den Stoffwechsel individuell noch effizienter zu programmieren.“

Ziel der Forschung am Helmholtz Zentrum München, Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD), ist es, neue Ansätze für Diagnose, Therapie und Prävention der großen Volkskrankheiten zu etablieren und diese im Sinne der translationalen Forschung schnellstmöglich weiterzuentwickeln, um konkreten Nutzen für die Gesellschaft zu erbringen.

* bisherige Hormon-Duos vereinten die Wirkungen der Insulin-stimulierenden Darmhormone GLP-1 und GIP bzw. GLP-1 und dem Bauchspeicheldrüsenhormon Glukagon oder GLP-1 und dem Steroidhormon Östrogen auf sich.

** GLP1: Glucagon like Peptide 1

*** GIP: Gastric Inhibitory Peptide oder Glucose-dependent Insulinotropic Polypeptide

Originalpublikation: Finan, B. et al. (2014). A rationally designed monomeric peptide triagonist corrects obesity and diabetes in rodents, Nature Medicine, doi: doi:10.1038/nm.3761

(ID:43123230)