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Epigenetischer Schalter für Übergewicht Übergewicht kann manchmal abgeschaltet werden

Autor / Redakteur: Marcus Rockoff* / Dr. Ilka Ottleben

Dass Übergewicht in den Genen liegt, ist lange bekannt. Eine neue Studie von Freiburger Forschern des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik zeigt nun aber, dass es auch entscheidend ist, wie diese Gene reguliert werden. Die Wissenschaftler entdeckten einen epigenetischen Schalter, der bei Menschen mit identischem Erbgut wie eineiigen Zwillingen entweder zu Normal- oder zu Übergewicht führt.

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Übergewicht kann in den Genen liegen - diese unterliegen aber offenbar einer epigenetischen Regulation. Ein jüngst entdeckter Umstand, der epigenetische Therapien gegen Übergewicht und andere Krankheiten möglich machen könnte.
Übergewicht kann in den Genen liegen - diese unterliegen aber offenbar einer epigenetischen Regulation. Ein jüngst entdeckter Umstand, der epigenetische Therapien gegen Übergewicht und andere Krankheiten möglich machen könnte.
(Bild: gemeinfrei)

Freiburg – Über eine halbe Milliarde Menschen auf der Erde sind zu dick. Übergewicht und Fettleibigkeit stellen ein bedeutsames Gesundheitsproblem dar, sind sie doch oftmals Ausgangspunkt für Folgeerkrankungen des Herzkreislauf-Systems, Krebs oder Diabetes. Für unser Gewicht ist maßgeblich die DNA verantwortlich, aber nicht nur. Auch Umweltfaktoren haben einen signifikanten Einfluss auf unser Gewicht.

Die Forschungsgruppe von Andrew Pospisilik am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg ist daran interessiert, wie epigenetische Effekte unsere Anfälligkeit für Krankheiten und deren Entwicklung beeinflussen können. Den Ausgangspunkt der Entdeckung bildeten Mäuse, bei denen nur eine Kopie des Gens Trim28 im Genom vorliegt. Die Mäuse zeigten in früheren Studien von Emma Whitelaw aus Brisbane selbst unter streng kontrollierten identischen Umweltbedingungen große Gewichtsschwankungen. Und das obwohl die Tiere genetisch identisch waren, d.h. sie exakt die gleiche DNA besaßen. „Wir waren fasziniert von den Daten, ließen sie doch auf ein epigenetisches Phänomen schließen“, so Andrew Pospisilik.

Entweder dick oder dünn – und das ein Leben lang

Als die Max-Planck-Forscher die Gewichtsverteilung einer großen Anzahl dieser genetisch identischen Tiere genauer betrachteten, wurde deutlich, dass sich die Gewichte mehrheitlich in zwei Gruppen einteilen ließen. Die untersuchten Mäuse waren entweder normalgewichtig oder litten an Übergewicht. Es gab jedoch kaum Zwischenstufen. „Wir waren überrascht, dass bei gleichem Genotyp zwei sehr verschiedene aber recht stabile Ausprägungen zum Vorschein kamen“, sagt Kevin Dalgaard, Erstautor der Studie.

Beim Vergleich der gesamten Genexpression dieser beiden Gewichtsgruppen stießen die Forscher auf ein Netzwerk sogenannter „imprinted genes“, die in den übergewichtigen Mäusen weniger aktiv waren. „Imprinted genes“ sind Gene, bei denen entweder nur die von der Mutter stammende oder die vom Vater stammende Version aktiv ist. Als die Forscher eine der zwei Kopien der imprinted genes abschalteten und so die Aktivität der Gene des Netzwerks reduzierten, entstanden erneut entweder normal- oder übergewichtige Tiere. Diese Daten, die zusammen mit Teams aus Cambridge unter der Führung von Anne Fergusson-Smith, Steve O’Rahilly, Giles Yeo und Anthony Coll erhoben wurden, legen nahe, dass dieses Netzwerk als eine Art Schalter fungiert, der mit der Ausprägung eines entweder normal- oder übergewichtigen Phänotyps reagiert.

„Ist der Schalter erst einmal betätigt, so ist das Körpergewicht lebenslang vorgegeben“, so Andrew Pospisilik. Die Ausprägung des Übergewichts folgt nicht den Mendelschen Gesetzen der Genetik. „Von dem epigenetischen Schalter wissen wir nun, dass er anders funktioniert als erwartet: nicht wie ein Dimmer, sondern wie ein typischer Lichtschalter ­– entweder an oder aus, normal oder übergewichtig.“

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