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Citizen Science: Bodenforschung Unterhosen für die Wissenschaft vergraben

Wenn 1000 Schweizer im Garten Unterwäsche vergraben, ist das kein Witz, sondern Wissenschaft. In dem Bürgerprojekt „Beweisstück Unterhose“ helfen Laien dabei, eine neue Methode für die Bewertung der Bodenqualität zu entwickeln. Welche Idee dahinter steckt und warum Teebeutel bei dem Unterhosenbegräbnis nicht fehlen dürfen, erklären wir hier.

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Baumwollunterwäsche als Indikator für guten Boden – ob das geht, testen Bürgerwissenschaftler im Projekt „Beweisstück Unterhose“ in der Schweiz.
Baumwollunterwäsche als Indikator für guten Boden – ob das geht, testen Bürgerwissenschaftler im Projekt „Beweisstück Unterhose“ in der Schweiz.
(Bild: Nicolas Zonvi)

Zürich/Schweiz – Die Schweizer sind bekannt für ihre Kräuterzucker-Bonbons, Käsefondue und einen Schienenverkehr, der tatsächlich pünktlich ist. Doch in diesem Frühjahr hat die Schweiz mit etwas Neuem weit über die Landesgrenzen hinaus Aufmerksamkeit erhalten: Das Vergraben von Unterhosen zu Forschungszwecken.

Wie Unterhosen die Bodenqualität anzeigen

Baumwollunterhosen werden von Mikroogranismen im Boden abgebaut.
Baumwollunterhosen werden von Mikroogranismen im Boden abgebaut.
(Bild: UZH)

Was als schräge Nachricht u. a. bis nach Indien und Ghana kam, ist durchaus ernstgemeinte wissenschaftliche Arbeit. In dem Projekt „Beweisstück Unterhose“ will Marcel van der Heijden von der Universität Zürich und Agroscope eine neue, einfache Methode etablieren, die Bodenqualität zu bestimmen.

Die Idee: Als Messinstrument nutzt man eine Baumwollunterhose. Einen Monat im Boden vergraben, soll der Zersetzungsgrad des Stoffes einen Rückschluss auf die Bodenqualität und die Aktivität der dort lebenden Mikroorganismen liefern. Das ist sicherlich nicht so präzise wie eine Analyse im Labor, aber dafür leicht selbst durchzuführen.

Deshalb haben sich van der Heijden und seine Projektpartner der UZH und des Landwirtschaft-Forschungszentrum Agroscope direkt Hilfe aus der Bevölkerung geholt. Über 1400 Freiwillige haben sich für das Projekt beworben. An 1000 Bürger*innen hat Van der Heijden mit seinem Team Pakete mit standardisierten Baumwollunterhosen zum Vergraben rausgeschickt. So soll sichergestellt werden, dass die Ergebnisse später vergleichbar sind.

Wenn nach einem Monat die Überreste der Unterwäsche wieder ausgebuddelt werden, machen die Teilnehmer*innen ein Foto davon und schicken es zusammen mit einer Bodenprobe zurück an die Projektleitung. Dort laufen alle Daten zusammen und werden ausgewertet. Eine zweite Baumwollunterhose bleibt noch einen Monat länger vergraben, sodass auch der Zersetzungszustand nach zwei Monaten in der Erde abgebildet wird. Schon jetzt kann man auf einer interaktiven Karte den Projektablauf mitverfolgen.

Im exklusiven LABORPRAXIS-Interview erklärt Noemi Peter von Agroscope, was es mit dem Projekt „Beweisstück Unterhose“ auf sich hat und wie man mit vergrabenen Unterhosen wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen kann.

Teebeutel als Referenz

Neben den Unterhosen vergraben die Hobby-Forscher*innen auch Teebeutel. Diese dienen als wissenschaftliche Referenz. Denn seit 2010 gibt es die wachsende Datenbank zum offiziellen Teebeutel-Index (TBI) – ebenfalls ein Projekt, was mithilfe von Bürgerbeteiligung verwirklicht wurde.

Vielleicht ist das „Beweisstück Unterhose“ aussagekräftig genug, um zukünftig eine Alternative zum Teebeutel-Index zu bieten. In jedem Fall sorgen Citizen-Science-Projekte wie dieses für einen regen Austausch zwischen Wissenschaft und der breiten Bevölkerung.

Wer jetzt selbst Lust bekommen hat, die Bodenqualität im Garten zu testen, findet eine detaillierte Anleitung zum Vergraben der Unterhose auf der Projektseite. Zwar fließen die Ergebnisse von eigenen vergrabenen Wäschestücken nicht in die Studie mit ein, man kann sie aber mit den offiziellen Ergebnissen vergleichen und so herausfinden, wie gut der Boden im eigenen Garten tatsächlich ist.

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