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Ursachenforschung im Gehirn Warum bei manchen Männern der Blutzuckerspiegel entgleist

Von Birgit Niesing*

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Bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels spielt unser Gehirn eine wichtige Rolle. Die molekularen Ursachen dafür waren bislang unbekannt. Nun haben Forscher herausgefunden, dass eine bestimmte Variante eines Gens die Reaktion des Gehirns auf das Hormon Insulin beeinträchtigt – jedoch geschlechtsspezifisch nur bei Männern. Das Risiko für Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes sind dann erhöht. Das unveränderte Protein wirkt hingegen gewissermaßen als Schutzschild.

Bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels spielt unser Gehirn eine wichtige Rolle. (Symbolbild)
Bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels spielt unser Gehirn eine wichtige Rolle. (Symbolbild)
(Bild: gemeinfrei)

Neuherberg – Das Hormon Insulin reguliert den Blutzuckerspiegel im Körper. Es regt nicht nur Körperzellen an, Glukose aus dem Blut aufzunehmen, sondern spielt auch bei der Kontrolle des Stoffwechsels durch das Gehirn eine wichtige Rolle. Bei fettleibigen Menschen wirkt das Hormon Insulin – vermutlich auch aufgrund von entzündlichen Prozessen – nicht mehr richtig. Diese Insulinresistenz ist ein wesentliches Kennzeichen für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes.

Allerdings sind die Ursachen für eine Insulinresistenz nicht genau geklärt. In neueren genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) wurde DUSP8 als ein Risikogen für Typ-2-Diabetes identifiziert. In einer aktuellen Studie untersuchten Forschende des Helmholtz Zentrums München und des Deutschen Diabetes Zentrums (DZD), welche Rolle das Protein Dusp8 (Dual Specificity Phosphatase 8), das von dem Gen DUSP8 codiert wird, bei der Krankheitsentstehung spielt.

Variante des Gens DUSP8 erhöht Risiko für Typ-2-Diabetes

„Träger einer genetischen Variante des Gens DUSP8 haben ein erhöhtes Risiko an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Bisher weiß man allerdings noch nicht, welche funktionelle Bedeutung das Protein Dusp8 für die Entwicklung der Stoffwechselerkrankung hat“, erklärt Dr. Sonja C. Schriever, Hauptautorin der Studie. „In unseren Untersuchungen analysierten wir zelluläre Modelle, Mäuse mit und ohne Dusp8-Gen sowie funktionelle Magnetresonanztomographien von Menschen mit Varianten des Gens“, berichtet Letztautor Prof. Dr. Paul Pfluger.

Im Rahmen des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) stellten die beiden Forschenden ein Team aus den Bereichen Biologie, Epidemiologie und klinische Medizin auf, das die molekularen Mechanismen entschlüsseln konnte, die das Protein Dusp8 mit der Entstehung von Typ-2-Diabetes in Verbindung bringen. „Wir konnten zeigen, dass es wichtige Weichen für die Wirkung von Insulin im Gehirn und für den Glukosestoffwechsel stellt“, sagt Pfluger.

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Einfluss auf Entzündungsprozesse im Gehirn

Bei Männern, die Träger der Risikovariante des Gens DUSP8 waren, und bei männlichen Mäusen ohne das Gen nimmt die Insulinsensitivität in Gehirn ab.
Bei Männern, die Träger der Risikovariante des Gens DUSP8 waren, und bei männlichen Mäusen ohne das Gen nimmt die Insulinsensitivität in Gehirn ab.
(Bild: Helmholtz Zentrum München)

Das Protein Dusp8 hat einen regulatorischen Einfluss auf Entzündungsprozesse im Gehirn im Bereich des Hypothalamus sowie auf den hormonellen Regelkreis zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde. Es scheint u.a. vor Entzündungsprozessen sowie vor einer verminderten Wirkung des Hormons Insulin im Gehirn zu schützen. Im Tiermodell konnten die Forschenden zeigen, dass bei männlichen aber nicht bei weiblichen Tieren, denen das Gen Dusp8 fehlt und die daher nicht das entsprechende Protein bilden konnten, entzündliche Prozesse zunahmen, der Regelkreis zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde gestört war, verstärkt Stresshormone gebildet wurden und in Folge dessen die Insulinsensitivität sank.

Nur Männer betroffen: Geschlechtsspezifische Wirkung bestätigt

Die geschlechtsspezifische Wirkung des Proteins Dusp8 konnte für den Menschen bestätigt werden, da nur bei Männern, die Träger der Risikovariante des Gens DUSP8 waren, die Insulinsensitivität im Gehirn verringert war.

„Die Aufklärung der multisystemischen Prozesse, welche die Insulinsensitivität im Hypothalamus in den Mausmodellen beeinträchtigen, war ein wichtiger Schritt, um die mechanistischen Grundlagen des Typ-2-Diabetes-Risikogens DUSP8 zu verstehen“, sagt Schriever. In weiteren Studien wollen die Forschenden untersuchen, welche Wirkung Insulin und die Risikovariante des Gens DUSP8 bei menschlichen Probanden mit oder ohne Typ-2-Diabetes auf die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse haben.

Originalpublikation: Schriever SC et. al: Das Typ-2-Diabetes-Risikogen Dusp8 reguliert die hypothalamische Jnk-Signalisierung und die Insulinsensitivität. J Clin Invest. 2020 Aug 11:136363. doi: 10.1172/JCI136363. PMID: 32780722.

* B. Niesing: Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD), 85764 Neuherberg

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