„Alte gelbe Enzyme“ untersucht Wie Algen Lichtstress bewältigen
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An der Ruhr-Universität Bochum sind Forscher dem Chemischen Gleichgewicht in Algen auf der Spur. Sie untersuchen, welche Rolle so genannte alte gelbe Enzyme in der Fotosynthese spielen.

Alte gelbe Enzyme, kurz OYEs, vom englischen Old Yellow Enzymes, wurden in den 1930er-Jahren entdeckt und seitdem stark erforscht. Denn diese Biokatalysatoren – gelb gefärbt durch ein Hilfsmolekül – können Reaktionen durchführen, welche für die chemische Industrie sehr wertvoll sind, etwa Medikamentenvorstufen oder Duftstoffe herstellen.
Obwohl OYEs in vielen Organismen vorkommen, ist ihre natürliche Rolle für diese Lebewesen bisher kaum bekannt – möglicherweise, weil der wissenschaftliche Fokus auf der biotechnologischen Anwendung lag. Forscher um Privatdozentin Dr. Anja Hemschemeier und Prof. Dr. Thomas Happe von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) zeigen nun, dass ein OYE der einzelligen Grünalge Chlamydomonas reinhardtii wichtig für den pflanzlichen Einzeller ist, um sich vor Lichtstress zu schützen.
Fotosynthese in Mikroalgen
„Unsere Arbeitsgruppe gehört zu den ersten, die OYEs in Algen untersuchen“, erzählt Dr. Stefanie Böhmer, Erstautorin der Studie. „Zunächst wollten wir untersuchen, ob diese Biokatalysatoren auch für industrielle Prozesse geeignet sind. Besonders interessant war für uns, ob Mikroalgen die Energie der Fotosynthese nutzen können, um die entsprechenden chemischen Reaktionen anzutreiben. Dies könnte helfen, umweltfreundlichere Produktionen zu etablieren.“
Die Forscher haben dies tatsächlich nachgewiesen: Ein zu lebenden Algenzellen zugefügtes chemisches Molekül wurde nur im Licht mit hohen Raten umgesetzt. „Dieses Ergebnis deutete aber auch darauf hin, dass die dafür verantwortlichen so genannten En-Reduktasen in den Algen mit der Fotosynthese zusammenhängen“, sagt Böhmer. Daher untersuchten die Wissenschaftler, wie sich ein Algenstamm, in welchem ein OYE-Biokatalysator defekt ist, an Starklicht anpasst.
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Wärmeabgabe als Schutz vor zu viel Lichtenergie
Bochumer Forschungsteam zeigte in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität Leipzig, dass dieser Algenstamm kaum in der Lage ist, überschüssige Lichtenergie abzuleiten. „Fotosynthetische Lebewesen wie Algen und Pflanzen müssen stets das Gleichgewicht zwischen aufgenommener Lichtenergie und deren Umsetzung in chemische Energie aufrechterhalten“, erklärt Anja Hemschemeier, unter deren Federführung die Studie durchgeführt wurde. „Bei zu starkem Licht kommt es sonst zu oxidativen Zellschäden. Daher besitzen diese Lebewesen ausgeprägte Schutzmechanismen, um überschüssige Lichtenergie abzuleiten, zum Beispiel als Wärme.“
In dem Mikroalgenstamm, dem ein OYE fehlt, konnten die Forscher diese Schutzmechanismen kaum noch nachweisen, und der Stamm wies dementsprechend oxidative Schäden auf. „Wir vermuten, dass ein bestimmtes Molekül, das von diesem Biokatalysator in den Algenzellen normalerweise umgesetzt wird, wichtig für das fotosynthetische Gleichgewicht ist“, sagt Hemschemeier.
Dem will das Forschungsteam nun weiter auf den Grund gehen. „Fotosynthetische Organismen sind die Grundlage für unser Leben. Es ist sehr wichtig zu verstehen, wie sie sich an Stressbedingungen anpassen, und wir glauben, hier ein weiteres Puzzlestück gefunden zu haben“, schließt Hemschemeier. (clu)
Originalpublikation: Stefanie Böhmer, Christina Marx, Reimund Goss, Matthias Gilbert, Severin Sasso, Thomas Happe, Anja Hemschemeier: Chlamydomonas reinhardtii mutants deficient for Old Yellow Enzyme 3 exhibit increased photooxidative stress, Plant Direct, Volume 7, Issue 1, 2023; DOI: 10.1002/pld3.480
* Dr. A. Hemschemeier,
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