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Kollagenfasern Deshalb sind unsere Sehnen so stark wie Drahtseile

Von Juliane Jury*

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Dass unsere Knochen so stabil sind, ist auch dem Strukturprotein Kollagen zu verdanken. Forscher des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung haben nun entdeckt, dass es in Sehnen für eine Spannung sorgt, die hundertfach größer ist als die Muskelkraft.

Unter dem Elektronenmikroskop: Kollagenfaserbündel nach der Mineralisation mit (dem Knochenmineral) Kalziumphosphat
Unter dem Elektronenmikroskop: Kollagenfaserbündel nach der Mineralisation mit (dem Knochenmineral) Kalziumphosphat
(Bild: Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung)

Potsdam – Ein wesentliches Baumaterial unseres Körpers ist das faserbildende Strukturprotein Kollagen, welches a. in Sehnen, der Haut und Knochen vorkommt. Die Festigkeit von Knochen beruht auf dem strukturellen Zusammenspiel von weichen, organischen Kollagenfasern und den darin eingebetteten harten, kristallinen Mineralpartikeln, man spricht hier auch von einem Hybridmaterial. Durch das Kollagen bekommen die Mineralpartikel eine aktive Vorspannung. Einen vergleichbaren Mechanismus nutzen Bauingenieure in Spannbeton, um mithilfe von hochfestem Stahl Beton vorzuspannen und damit riss-resistente Bauelemente herzustellen. „Auch aus medizinischer bzw. biologischer Sicht ist es interessant zu verstehen, was beim Prozess der Mineralisation in Knochen passiert,“ sagt Dr. Wolfgang Wagermaier, Gruppenleiter am MPIKG. Er fügt hinzu: „Viele Knochenkrankheiten gehen mit Veränderungen des Mineralgehalts in Knochen und dadurch veränderten Eigenschaften einher.“

Hochgespannte Sehnen

Am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) hat eine Forschergruppe um den chinesischen Gastforscher Dr. Hang Ping entdeckt, dass die künstliche Einlagerung von unterschiedlichen Mineralen in Kollagenfasern zu einer Verkürzung dieser Fasern mit Spannungen von bis zu hundert Kilogramm pro Quadratzentimeter führt. Das entspricht etwa dem Hundertfachen von Muskelkraft. Die damit einhergehenden Veränderungen der Kollagenstruktur wurden mittels Röntgenbeugung am Synchrotron BESSY II in Berlin-Adlershof beobachtet, während die Mineralisation stattfindet.

Dieses Zusammenziehen der Fasern geschieht offenbar bei der Mineral-Einlagerung in das Kollagen und setzt damit das Mineral unter enormen Druck, was die Bruchfestigkeit des Kompositmaterials erhöht. Die im Fachjournal Science veröffentlichte Forschungsarbeit zeigt nicht nur, dass diese besondere Eigenschaft des Kollagens zur Festigkeit von mineralisierten Geweben wie Knochen beiträgt, sondern entwirft auch ein Konzept, das auf technische Hybridmaterialien mit herausragenden mechanischen Eigenschaften übertragen werden kann. Gleichzeitig tragen die Erkenntnisse dieser Arbeit dazu bei, biologische Prozesse während der Mineralisation von Geweben und den Einfluss des Mineralisationsgrades auf makroskopische Materialeigenschaften besser zu verstehen.

Originalpublikation: Hang Ping, Wolfgang Wagermaier, Nils Horbelt, Ernesto Scoppola, Chenghao Li, Peter Werner, Zhengyi Fu, Peter Fratzl: Mineralization generates megapascal contractile stresses in collagen fibrils, Science, 7 Apr 2022, Vol 376, Issue 6589, pp. 188-192; DOI: 10.1126/science.abm2664

* J. Jury, Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, 14476 Potsdam

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