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Ernährungsumstellung und Darmmikrobiom Fasten macht Diät erfolgreich

Redakteur: Christian Lüttmann

Abnehmen, Blutdruck senken, gesünder leben. Um das mit einer Diät langfristig zu erreichen, sollte man mit einer kurzen Fastenkur starten. Das ergab eine neue Studie von Forschern des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin, die den Effekt der so genannten Mittelmeerdiät untersuchte.

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Erst Fasten, dann Ernährung umstellen – so sollen Diäten einer neuen Studie zufolge erfolgreich sein.
Erst Fasten, dann Ernährung umstellen – so sollen Diäten einer neuen Studie zufolge erfolgreich sein.
(Bild: gemeinfrei (Montage; Thought Catalog, Sam Moqadam) / Unsplash)

Berlin – In Deutschland geht es uns gut – manchmal vielleicht sogar zu gut. Denn „Wohlstandskrankheiten“ wie Fettleibigkeit, Fettstoffwechselstörung und Diabetes mellitus, aber auch Bluthochdruck sind hier häufig vertreten, häufig auch mehrere davon in Kombination. So leidet etwa jeder vierte Deutsche am so genannten Metabolischen Syndrom, bei dem gleich vier Wohlstandskrankheiten zusammen auftreten. Jede davon gilt als Risikofaktor für schwere Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, beispielsweise Herzinfarkte oder Schlaganfälle.

Dossier Übergewicht & Ernährung In unserem Dossier „Übergewicht & Ernährung“ haben wir für Sie weitere Forschungsvorhaben und -erkenntnisse zum Thema Ernährung zusammengefasst.

Die Behandlung des „tödlichen Quartetts“ zielt darauf ab, Gewicht zu reduzieren und den Fett- und Kohlehydratstoffwechsel sowie den Blutdruck zu normalisieren. Neben Sport verordnen Ärzte eine kalorienarme und gesunde Ernährung. Häufig ist auch eine medikamentöse Behandlung notwendig. Welche Effekte die Ernährung dabei auf das Mikrobiom, das Immunsystem und damit auf den Gesundheitszustand hat, ist allerdings nicht vollständig geklärt. Dem sind nun Forscher am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin und am Experimental and Clinical Research Center (ECRC) nachgegangen. Sie haben untersucht, was eine Ernährungsumstellung bei Menschen mit metabolischem Syndrom bewirkt. „Eine Umstellung auf gesundes Essen wirkt sich positiv auf den Blutdruck aus“, fasst Dr. Andras Maifeld die Ergebnisse zusammen, Erstautor der Arbeit. „Geht der Diät eine Fastenkur voraus, verstärkt sich dieser Effekt sogar noch.“

Wie Ernährung das Immunsystem beeinflusst

Die Forscher rekrutierten für ihre Studie 71 Probanden mit metabolischem Syndrom und erhöhtem systolischen Blutdruck, die sie nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen einteilten. Beide Gruppen ernährten sich drei Monate lang nach der DASH-Diät, dem Dietary Approach to Stop Hypertension – einem Ernährungsansatz gegen Bluthochdruck. Bei dieser „Mittelmeerdiät“ kommen viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Nüsse und Hülsenfrüchte, Fisch und mageres weißes Fleisch auf den Tisch. Eine der beiden Gruppen fastete vor der Diät fünf Tage lang, d. h. die Probanden nahmen dort in dieser Zeit keinerlei feste Nahrung zu sich.

Mithilfe der Immunphänotypisierung beobachteten die Wissenschaftler, wie sich die Immunzellen der Probanden während der Ernährungsumstellung verändern. „Das angeborene Immunsystem bleibt während des Fastens stabil, während sich das adaptive Immunsystem herunterfährt“, schildert MDC-Forscher Maifeld. Dabei nimmt insbesondere die Anzahl von entzündungsfördernden T-Zellen ab, während sich regulatorische T-Zellen vermehren.

Neustart für den Darm

Anhand von Stuhlproben untersuchten die Forscher außerdem, wie sich das fünftägige Fasten auf das Mikrobiom des Darms ausgewirkt hat. Die Darmbakterien stehen in engem Kontakt mit dem Immunsystem. So verstoffwechseln einige Bakterienstämme Ballaststoffe zu entzündungshemmenden, kurzkettigen Fettsäuren, die das Immunsystem begünstigen. Während des Nahrungsverzichts verändert sich die Zusammensetzung des Ökosystems der Darmbakterien stark. Dabei vermehren sich vor allem die gesundheitsfördernden Bakterien, was die Blutdrucksenkung fördert.

Die Veränderungen durch das Fasten beschränken sich nicht ausschließlich auf die Fastenzeit – manche bleiben auch nach erneuter Nahrungsaufnahme bestehen. „Bei den Probandinnen und Probanden, die mit einer fünftägigen Fastenperiode in die gesunde Ernährung eingestiegen sind, blieben der Body Mass Index, der Blutdruck und der Bedarf an blutdrucksenkenden Medikamenten dauerhaft niedriger“, schildert Prof. Dominik Müller vom MDC. Dass sich ein so nachhaltiger Effekt zeigt, sei erstaunlich, denn normalerweise schießt der Blutdruck sofort wieder in die Höhe, wenn beispielsweise die blutdrucksenkende Tablette auch nur einmal vergessen wird.

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Länger haltender Diäterfolg

Um sicherzustellen, dass dieser positive Effekt tatsächlich auf das Fasten und nicht auf die während der Studie eingenommenen Medikamente zurückzuführen war, werteten die MDC-Forscher diese Ergebnisse mithilfe einer Künstlichen Intelligenz statistisch aus, wobei sie von Kollegen des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig und der kanadischen McGill University unterstützt wurden. „So konnten wir den Einfluss der Medikamente herausfiltern und sehen, dass es von der individuellen Immunabwehr und dem Darmmikrobiom abhängig ist, ob jemand gut auf eine Ernährungsumstellung anspricht oder nicht“, sagt die Studienleiterin Dr. Sofia Forslund.

Lassen die Erfolge einer ballaststoffreichen, fettarmen Ernährung auf sich warten, könnte dies daran liegen, dass sich im Darmmikrobiom zu wenige der Darmbakterien tummeln, die Ballaststoffe zu schützenden Fettsäuren verstoffwechseln. „Die Betroffenen haben oft das Gefühl, dass sich der ganze Aufwand nicht lohnt und fallen in alte Muster zurück“, sagt die Wissenschaftlerin. Deshalb empfehle es sich, eine Diät mit einer Fastenkur zu kombinieren. „Das Fasten wirkt wie ein Katalysator für die schützenden Mikroorganismen im Darm. Die Gesundheit verbessert sich sichtbar sehr schnell, die Patientinnen und Patienten können ihre Medikation reduzieren oder oftmals ganz auf Tabletten verzichten.“ Solche Erfolge seien dann auch Motivation, einen gesünderen Lebensstil dauerhaft beizubehalten.

Originalpublikation: András Maifeld et al.: Fasting alters the gut microbiome reducing blood pressure and body weight in metabolic syndrome patients, in Nature Communications volume 12, Article number: 1970 (2021), DOI: 10.1038/s41467-021-22097-0

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