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Texturanalyse von Würsten Gefühlte Fleischigkeit: Wie gelingt die perfekte vegane Wurst?

Von Peter Hergersberg, Christian Schneider*

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Beim Reinbeißen muss es knacken, beim Kauen dieses spezielle Gefühl auf der Zunge erzeugen – fleischig eben. Was das fleischige Mundgefühl der Wurst ausmacht, ist das Zusammenspiel von Proteinen und Fetten. Um dieses bestmöglich mit pflanzlichen Produkten nachzubilden, haben Forscher die Textur von Würsten mit wissenschaftlichen Methoden analysiert.

 Eine knackige Wurst soll es auch für Vegetarier und Veganer geben. Forscher untersuchen dazu die Textur der Würste, die das besondere Mundgefühl ausmacht.
Eine knackige Wurst soll es auch für Vegetarier und Veganer geben. Forscher untersuchen dazu die Textur der Würste, die das besondere Mundgefühl ausmacht.
(Bild: kunertus - stock.adobe.com)

Mainz – Sommer ist Grillsaison: Auf den Rost kommen inzwischen auch immer mehr vegane und vegetarische Produkte. Würste aus pflanzlichen Zutaten unterscheiden sich bisher aber immer noch stark von den Varianten aus Fleisch: So ist etwa der Knack einer Fleischwurst ein ganz anderer als der von veganen Würsten. Dies liegt an der unterschiedlichen Basis der Würste. In tierischem Gewebe emulgieren beispielsweise die darin vorhandenen Muskelproteine, Fette und Öle auf ganz andere Weise, als Pflanzenproteine das vermögen.

„Das Mundgefühl einer Wurst ist eine komplexe Angelegenheit“, sagt Thomas Vilgis, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPI-P). „Am Ende sind hier viele verschiedene physikalische Prozesse auf verschiedenen Längenskalen beteiligt – vom ersten Biss bis zum Zerkleinern in eine breiige Masse. Das macht es für vegetarische und vegane Alternativen so schwierig, an das tierische Produkt heranzukommen.“

Es geht um die Wurst – und ihr Proteinnetzwerk

Die MPI-Forscher entwickelten ein Modell, mit dem Vorhersagen über das mechanische Verhalten von Würsten getroffen werden können, z. B. beim Kauen. „Bisher war dieses Vorgehen kaum üblich. Stattdessen ging die Wurstindustrie vor allem nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum vor – man hat also versucht, die Textur durch Ausprobieren zu verbessern“, erläutert Vilgis.

Zur Entwicklung ihres Modells haben die Wissenschaftler die Proteine in den Zutaten untersucht und dabei auch die Abfolge der Aminosäuren betrachtet. Knackpunkt des Mundgefühls ist den Untersuchungen zufolge das Netzwerk, das die vielen Proteine bilden – etwa in tierischen Produkten. Dieses Netzwerk gilt es, mit veganen oder vegetarischen Alternativen bestmöglich nachzubilden, um ein ähnliches Mundgefühl zu erhalten. „Letztlich können wir vegane und vegetarische Alternativen dem Mundgefühl von Fleischwürsten aber immer nur annähern – denn Pflanzenproteine sind gänzlich anders aufgebaut als Proteine im Fleisch“, erklärt der Forscher.

Veganen Würsten eine fleischige Textur verleihen

Um ihr Modell zu validieren, simulierten die Wissenschaftler den Kauprozess und bestimmten die Kräfte, mit denen sich die unterschiedlichen Wurstmassen verformen lassen. Diese Messungen geben Aufschluss darüber, wie sich die Würste sowohl beim Kauen als auch beim Bearbeiten mit der Zunge verhalten.

Aus dem theoretischen Modell und den Messungen leiteten die Forscher ab, wie vegane und vegetarische Wurstmassen ergänzt oder verändert werden müssen, damit sie mit ihrer Textur ein ähnliches Mundgefühl erzeugen wie Fleischwürste. Die Erkenntnisse des Mainzer Teams hatten bereits praktische Konsequenzen: Auf ihrer Basis hat ein Wursthersteller seine Rezeptur für vegetarische und vegane Würste inzwischen angepasst und auf den typischen Knack von Fleischwürsten optimiert.

Originalpublikation: Ghebremedhin, M.; Bächle, M.; Vilgis, T. A.: Meat-, vegetarian-, and vegan sausages: Comparison of mechanics, friction, and structure, Physics of Fluids 34 (4), 047112 (2022); DOI: 10.1063/5.0083730

* Max-Planck-Institut für Polymerforschung, 55128 Mainz

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