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Online-Messsystem für H-Milch Keine Schaumschlägerei – Forscher suchen den perfekten Milchschaum

Von Dr. Dorothea Elsner.

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Ein guter Cappuccino braucht einen cremigen, feinporigen Milchschaum. Doch manchmal lässt sich die eigentlich einwandfreie H-Milch nicht ordentlich aufschäumen. Woran das genau liegt, wollen Forscher der Uni Hohenheim mit ihrem neuen Online-Messystem herausfinden. Damit analysieren sie Milchproben und wollen so das Geheimnis der Aufschäumbarkeit entschlüsseln.

Für perfekten Milchschaum entwickelt die Universität Hohenheim ein Online-Messsystem für die Produktstabilität von Milch (Symbolbild).
Für perfekten Milchschaum entwickelt die Universität Hohenheim ein Online-Messsystem für die Produktstabilität von Milch (Symbolbild).
(Bild: gemeinfrei, Taylor Franz / Unsplash)

Stuttgart – Milch richtig aufzuschäumen ist eine Kunst für sich. Der Milchschaum soll möglichst cremig und feinporig sein und nicht zu schnell zusammenfallen. Für die Zubereitung von Kaffeespezialitäten verwenden Baristas oft eine fetthaltige H-Milch, die über ihre gesamte Haltbarkeitsdauer neben guten geschmacklichen Eigenschaften auch über eine gleichbleibende Aufschäumqualität verfügen muss.

Doch einzelne Produktionschargen von fetthaltiger H-Milch weisen nicht die gewünschte Barista-Qualität auf: Sie lassen sich nicht so gut aufschäumen wie von Gastronomie, Cateringfirmen und Verbrauchern gefordert. Warum das so ist und wie man die Aufschäumbarkeit besser gewährleisten kann, untersuchen nun zwei Teams von der Universität Hohenheim.

Keine Milch ist wie die andere

Dass es bei H-Milch gelegentlich zu Unterschieden in den Eigenschaften und der Qualität kommen kann, ist nachvollziehbar. Schließlich handelt es sich um ein Naturprodukt, das großen Schwankungen unterworfen sein kann, wie Prof. Jörg Hinrichs vom Fachgebiet Milchwissenschaft und -technologie betont. „Das betrifft nicht nur ihre Zusammensetzung, die durch viele Faktoren wie beispielsweise das Futter oder die Jahreszeit beeinflusst wird, sondern auch die Frage, wie sie vor der Verarbeitung behandelt wird. So steht die Milch nach dem Melken am Wochenende ggf. länger bis zur weiteren Verarbeitung als unter der Woche. Allein das macht schon einen Unterschied. Und auch haltbar gemachte Milch verändert sich während der Lagerung.“

Zudem sei die genaue Ursache für die nicht zufriedenstellende Aufschäumbarkeit noch unbekannt, sagt Hinrichs. „Deswegen haben wir zunächst einmal ein Standardmessverfahren entwickelt, um herauszufinden, was warum nicht funktioniert. Weil die verschiedenen Maschinen für das Milchaufschäumen alle leicht unterschiedlich funktionieren, ist es sonst sehr schwer, den Grund zu finden. Wir können dann nicht sagen, ob das Problem an der Milch oder an der Maschine liegt.“

Das im Projekt zur Produktinstabilität von H-Milch entwickelte Aufschäumsystem
Das im Projekt zur Produktinstabilität von H-Milch entwickelte Aufschäumsystem
(Bild: Universität Hohenheim / Darius Hummel)

Aus den Forschungsergebnissen leitet er mit seinem Team Empfehlungen für die Unternehmen ab, wie sie Produktveränderungen minimieren und eine H-Milch mit möglichst gleichbleibendem Aufschäumverhalten herstellen können – angefangen bei der Behandlung der Rohmilch, über verschiedene Verarbeitungsprozesse wie Homogenisieren und Erhitzen, bis hin zur Abfüllung und Lagerung.

Spektroskopie nimmt den chemischen Fingerabdruck der Milch auf

Die Milchhersteller analysieren ihr Produkt zwar bereits mit diversen Verfahren auf die chemischen, physikalischen und mikrobiologischen Eigenschaften und prüfen, ob die Parameter innerhalb bestimmter Grenzen liegen. Doch dies kann nicht die Komplexität der Vorgänge bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum widerspiegeln. Eine Prognose, wie sich die Qualität des Produkts über die Zeit entwickelt, ist damit nur bedingt möglich.

Indem die Forscher der Uni Hohenheim verschiedene spektroskopische Verfahren wie Raman-, Nahinfrarot- und Fluoreszenz-Spektroskopie kombinieren, können sie die Konzentration von verschiedenen Inhaltsstoffen bestimmen. „Anhand der Spektren können wir sogar sehen, welche Milch von welchem Hersteller stammt. Damit werden aber auch Prognosen zu den Qualitätseigenschaften bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum möglich“, erklärt Prof. Dr. Hitzmann vom Fachgebiet Prozessanalytik und Getreidewissenschaft die Vorteile des Analyseverfahrens.

Online-Analyse von flüssigen Produkten

Die aufgenommenen Spektren der H-Milch vergleichen die Forscher mit Referenzdaten. SO sind Aussagen über die Produktqualität möglich. „Weicht beispielsweise das spektrale Muster von den sonstigen Chargen ab oder ist es dem Muster einer Reklamation sehr ähnlich, kann die Qualitätssicherung sofort reagieren, ohne aufwendige und zeitintensive Analyseergebnisse abzuwarten“, führt Hitzmann aus. Langfristiges Ziel ist eine Automatisierung des Analyse-Verfahrens. Das System soll direkt in den Produktstrom vor dem letzten Behandlungsschritt bzw. der Abfüllung integriert werden und das flüssige Produkt online analysieren.

Hitzmann denkt bereits weiter: „Grundsätzlich lässt sich dieses Verfahren auch auf andere Produkte übertragen und sich zum Beispiel bei der Beurteilung von Produkteigenschaften oder zur Früherkennung von Instabilitäten in verschiedenen Rohstoffen, Halbfertigfabrikaten und bei der Verarbeitung anderer flüssiger Produkte einsetzen.“

Das Milchschaum-Projekt

Das Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) ist eine Kooperation der Fachgebiete Milchwissenschaft und -technologie sowie Prozessanalytik und Getreidewissenschaft an der Universität. Es läuft unter dem Titel „Entwicklung eines Onlineüberwachungs-Systems zur Früherkennung von Produktinstabilitäten am Beispiel fetthaltiger H-Milch und Prozessentwicklung für eine erhöhte Schaumstabilität zur ‚Barista‘-Anwendung“. Projektbeginn war der 1. Juli 2018, voraussichtliches Ende wird der 31. Dezember 2020 sein. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert das Vorhaben mit rund 443.000 Euro für beide Fachgebiete.

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* Dr. D. Elsner, Universität Hohenheim,70599 Stuttgart

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