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Krankheiten vorbeugen und therapieren Nahrungsverzicht: Ob Fasten wirkt, entscheidet unser Immunsystem

Von Verena Schulz*

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Freiwilliges Fasten, beispielsweise Intervallfasten, ist für viele Menschen je nach individueller Verfassung gesundheitsfördernd. Denn kontrollierte Hungerperioden können Krankheiten wie Diabetes, Adipositas oder Krebs vorbeugen. Forschende haben nun herausgefunden, dass das Immunsystem eine wichtige Rolle spielt, damit Fasten unserem Körper hilft. Die neuen Erkenntnisse sind ein großer Schritt für die Entwicklung wirksamer Therapien auf der Grundlage von Fasten.

Freiwilliger Nahrungsverzicht: Forschende haben jüngst herausgefunden, dass das Immunsystem eine wichtige Rolle spielt, damit Fasten unserem Körper hilft. (Symbolbild)
Freiwilliger Nahrungsverzicht: Forschende haben jüngst herausgefunden, dass das Immunsystem eine wichtige Rolle spielt, damit Fasten unserem Körper hilft. (Symbolbild)
(Bild: gemeinfrei / Pixabay)

Neuherberg – Wir wissen bereits seit längerem, dass Fasten das Immunsystem positiv beeinflussen kann und sich chronische Entzündungszustände dadurch verbessern. Es ist allerdings nur wenig darüber bekannt, welche Rolle Immunreaktionen für einen gesunden Stoffwechsel spielen. Da die Leber ein zentraler Knotenpunkt und Regulator des Stoffwechsels ist, konzentrierte sich eine Forschungsgruppe bei der Beantwortung der Frage ganz auf dieses Organ. Dabei wollten sie verstehen, wie Leberzellen und Immunzellen in der Leber während Fastenperioden miteinander kommunizieren.

Die Studie ist ein Projekt von Helmholtz Munich, der Universität Ulm, der Technischen Universität München (TUM), des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), des Universitätsklinikums Heidelberg und der University of Southern Denmark.

Immunaktivität ist notwendig für die Stoffwechselreaktion auf Fasten

Die Wissenschaftler durchleuchteten die DNA von Leberzellen und Immunzellen. Dabei untersuchten sie, welche Teile ihrer DNA aktiv sind und welche Botenmoleküle sich dadurch freisetzen. Die Forschenden fanden heraus, dass die Zellen aktiv miteinander kommunizieren, und dass dafür ein ganz bestimmtes Molekül verantwortlich ist, das in fast allen Zellen unseres Körpers vorkommt, nämlich der sogenannte Glucocorticoid-Rezeptor.

„Wir haben entdeckt, dass in den Immunzellen vor allem dieser Rezeptor die Kommunikation zwischen den Zelltypen während des Fastens ermöglicht. Als wir den Rezeptor nur in den Immunzellen ausschalteten, kam es zu einem Verlust des Fasten-Signalwegs in den Leberzellen. Das bedeutet, dass die Immunzellen in der Lage sind, die Wirkung des Fastens auf unseren Stoffwechsel direkt zu beeinflussen“, sagt Anne Loft von Helmholtz Munich.

Immunzellen sind in der Lage, die Wirkung des Fastens auf unseren Stoffwechsel direkt zu beeinflussen.

Dr. Anne Loft, Helmholtz Munich

Giorgio Caratti und Jan Tuckermann von der Universität Ulm fügen hinzu: „Tatsächlich ist dies das erste Mal, dass wir diesen Prozess unter ‚gesunden‘ Bedingungen beobachten konnten. Wir wussten, dass Immunreaktionen unseren Stoffwechsel in einer ‚kranken‘ Umgebung beeinflussen können, aber das war neu. Es beweist, dass eine geringe Immunaktivität oder Entzündung für eine ausgewogene Stoffwechselreaktion auf das Fasten sogar notwendig ist.“

Fasten als Grundlage wirksamer Therapien

„Freiwilliges Fasten wirkt sich nachweislich positiv auf unsere Gesundheit aus. Es kann einer Reihe menschlicher Stoffwechselkrankheiten vorbeugen, darunter Typ-2-Diabetes und Adipositas. Die Zahl der Menschen, die an diesen Stoffwechselkrankheiten leiden, nimmt in erschreckendem Maße zu. Eine Verlangsamung dieses Trends ist nicht in Sicht. Unsere Erkenntnisse dienen dem Verständnis der molekularen Mechanismen, die diesen Krankheiten zugrunde liegen. Sie werden maßgeblich dazu beitragen, wirksame Therapien auf der Basis von Fasten zu entwickeln – mit dem Ziel, dass diese so schnell wie möglich bei den Patientinnen und Patienten ankommen“, sagt Stephan Herzig, der die Studie seitens Helmholtz Munich leitete.

Zu den Personen: Prof. Stephan Herzig ist Direktor des Helmholtz Diabetes Center bei Helmholtz Munich. Er hat den Lehrstuhl für Molekulare Stoffwechselkontrolle an der TUM und einen Ehrenlehrstuhl an der Universität Heidelberg inne. Dr. Anne Loft ist Erstautorin der Studie bei Helmholtz Munich. Beide sind Teil des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). Dr. Giorgio Caratti von der Universität Ulm ist Co-Autor der Studie und arbeitet im Labor von Prof. Jan Tuckermann, Direktor des Instituts für Molekulare Endokrinologie der Tiere, der die Studie gemeinsam mit Stephan Herzig leitete.

Originalpublikation: Loft et al., 2022: A macrophage-hepatocyte glucocorticoid receptor axis coordinates fasting ketogenesis. Cell Metabolism, DOI: 10.1016/j.cmet.2022.01.004

* V. Schulz, Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, 85764 Neuherberg

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