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Zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes Naturwissenschaftliche Gesellschaften nehmen Stellung zum „neuen“ WissZeitVG

Quelle: Pressemitteilung GDCh - Gesellschaft Deutscher Chemiker Lesedauer: 3 min

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Am 6. Juni 2023 legte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger einen überarbeiteten Referentenentwurf zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz vor. Was mathematisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaften von der Novelle halten, schildern sie in einer Stellungnahme.

Eine Überarbeitung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes soll jungen Wissenschaftlern die Jobs in der Forschung attraktiver machen.
Eine Überarbeitung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes soll jungen Wissenschaftlern die Jobs in der Forschung attraktiver machen.
(Bild: slexp880 - stock.adobe.com)

Seit 2007 regelt das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), wie die Arbeitsverträge für das wissenschaftliche und künstlerische Personal an staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen zeitlich befristet werden können. Das soll nachrückenden Generationen den Zugang zu wissenschaftlichen Tätigkeiten erleichtern und ein „Blockieren“ von Positionen in Forschungspositionen verhindern.

In der Vergangenheit äußerten sich viele Postdocs und wissenschaftliche Mitarbeiter aber kritisch, da sie so gezwungen sind, sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten zu hangeln. Viele Betroffene schildern seit 2021 unter dem Hashtag #IchBinHanna ihren Unmut über diesen Zustand. Aktuell dürfen Nachwuchswissenschaftler nur eine begrenzte Dauer in solchen befristeten Verträgen angestellt werden, in der Regel sechs Jahre vor und sechs Jahre nach der Promotion. Wenn in dieser Zeit keine Professur erzielt wurde – was oft auch gar nicht das Ziel der Beschäftigten ist –, darf die Beschäftigung in einer wissenschaftlichen Stelle an Hochschule oder Forschungsinstitut nicht weitergeführt werden. Eine unbefristete Anstellung an den Hochschulen findet im Regelfall für junge Forscher nicht statt.

Erster Reformentwurf bekam viel Kritik

Im März 2023 stellte die Bundesregierung erste Eckpunkte für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, der wiederum ein überarbeiteter Entwurf am 6. Juni folgte, wohl auch aufgrund von harscher Kritik an der ersten Version in den sozialen Medien. Zu dem nun vorliegenden Stand des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) äußerten sich jetzt die fünf großen mathematisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaften mit zusammen über 130.000 Mitgliedern in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Der Dachverband der Geowissenschaften (DVGeo), die Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV), die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG), die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) sowie der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO) unterstützen das Ziel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft planbarer zu gestalten. Sie kritisieren jedoch einzelne Punkte des geplanten Gesetzes.

Die Finanzierungsfrage

Eine Reform des Befristungsrechts ist nach Ansicht der fünf Gesellschaften ein wichtiger Schritt, um exzellente Forschende anzuziehen und ihnen verlässliche Karrierewege aufzuzeigen. Er muss jedoch von einer angemessenen Grundfinanzierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen begleitet werden. Dazu gehören auch ausreichende Ressourcen für notwendige Entfristungen.

Da der Gesetzesentwurf für alle Fachdisziplinen gleichermaßen gilt, muss er hinreichend flexibel sein, um den spezifischen Anforderungen verschiedener Fächer gerecht zu werden. Anstatt feste Ausnahmen für einzelne Fächer festzulegen, sollte eine flexible Gestaltung ermöglicht werden, die sich am konkreten Bedarf orientiert.

Mehr Zeit für die Forschungsarbeit

Die Gesellschaften begrüßen eine Mindestvertragslaufzeit für den Erstvertrag während der Promotion von drei Jahren. Die vorgeschlagene Befristungsregelung für Postdocs nach der Promotion von vier Jahren (plus zwei Jahren bei Aussicht auf eine unbefristete Stelle) ist allerdings die untere zeitliche Grenze einer Befristung.

Mathematisch-naturwissenschaftliche Forschung benötigt oft mehr Zeit, um belastbare Ergebnisse zu erzielen. Pauschale Höchstbefristungsdauern ohne Berücksichtigung fachlicher Besonderheiten und ohne mehr Dauerstellen schränken Perspektive und Planungssicherheit der Forschenden ein und gefährden die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Deutschland.

Die Erhöhung der Höchstbefristungsdauer für studienbegleitende Beschäftigung auf acht Jahre wird von den Gesellschaften befürwortet. Die pauschale Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr allerdings wird den Anforderungen im Lehr- und Forschungsbetrieb an mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultäten nicht gerecht und sollte flexibel an die Dauer der übertragenen Aufgaben angepasst werden können.

Verschiedene Wege eröffnen

Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaften betonen auch, dass neben Tenure-Track alternative Qualifizierungspfade für unbefristete Positionen im akademischen Sektor erhalten bleiben müssen, etwa nationale und internationale Nachwuchsförderungsprogramme. Auch die klassische Habilitation sollte weiterhin möglich sein, ebenso wie eine Drittmittelfinanzierung in dieser Phase.

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Die vorgesehene Öffnung im Rahmen von Tarifverträgen wird von den Gesellschaften kritisch gesehen, da dies die Vergleichbarkeit der Arbeitsverträge in Hochschulen und Forschungseinrichtungen gefährden und die Mobilität der Forschenden beeinträchtigen könnte. Das wissenschaftliche Karrieresystem dürfe nicht zu einem Flickenteppich unterschiedlicher Befristungsregelungen in den Tarifverträgen werden.

Die ausführliche Stellungnahme (pdf) ist auf www.wissenschaft-verbindet.de einzusehen.

Weitere Infos zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung auf seiner Seite bereit.

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