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Röntgen-Nanotomographie Neues Mikroskop beleuchtet Ultrastruktur von Zellen

Redakteur: Dr. Ilka Ottleben

Forscher des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) haben ein neues Mikroskop für die Röntgen-Nanotomographie entwickelt. Mit diesem können sie die Ultrastruktur kleinster Bestandteile von Säugetierzellen dreidimensional darstellen. Zum ersten Mal wird die Zelle, um sie zu untersuchen, nicht chemisch fixiert, eingefärbt oder zerschnitten. Stattdessen wird sie intakt tiefgefroren und in ihrer natürlichen Umgebung erforscht.

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Berlin – Das neue Mikroskop liefert sofort ein hochaufgelöstes 3D-Bild der gesamten Zelle in einem Schritt. Dies ist ein Vorteil gegenüber der Elektronenmikroskopie, bei der ein 3D-Bild aus vielen Dünnschnitten zusammengestellt wird. Dies kann pro Zelle mehrere Wochen dauern. Anders als bei der Fluoreszenz-Mikroskopie wird die Zelle auch nicht mit Farbstoffen markiert, wobei immer nur die markierten Strukturen dargestellt werden. Das neue Röntgenmikroskop nutzt vielmehr den natürlichen Kontrast zwischen organischer Materie und Wasser, um alle Zellstrukturen abzubilden.

Mit der hohen Auflösung, die das Mikroskop erreicht, konnten Dr. Gerd Schneider und sein Mikroskopie-Team am Institut für Weiche Materie und Funktionale Materialien in Zusammenarbeit mit Kollegen des amerikanischen National Cancer Instituts Zellbestandteile eines Adenokarzinoms bei Mäusen dreidimensional rekonstruieren. Kleinste Details wurden sichtbar: die Doppelmembran des Zellkerns, Kernporen in der Zellkernhülle, Membrankanäle im Zellkern, innere Ausstülpungen der Mitochondrien und Einschlüsse in Zellorganellen wie Lysosomen. Solche Einblicke sind nützlich, um innerzelluläre Vorgänge zu beleuchten: beispielsweise wie Viren oder Nanopartikel in Zellen oder in den Zellkern eindringen.

Ultrastruktur von Zellen bis auf 30 Nanometer genau abgebildet

Damit gelang es zum ersten Mal, mit Röntgenstrahlung die sogenannte Ultrastruktur von Zellen bis auf 30 Nanometer genau abzubilden. Zehn Nanometer entsprechen ungefähr einem Zehntausendstel der Stärke eines menschlichen Haares. Die hohe 3D-Auflösung erreichen die Forscher, indem sie die tiefgefrorenen Objektstrukturen mit teilkohärentem Licht beleuchten. Dieses wird von BESSY II, der Synchrotronquelle des HZB erzeugt. Teilkohärenz ist die Fähigkeit von Lichtbündeln, sich gegenseitig zu überlagern. Durch die Ausleuchtung der Proben mit teilkohärentem Licht werden die Objektkontraste für sehr kleine Strukturen deutlich größer als mit inkohärentem Licht. Kombiniert mit einer hochauflösenden Optik, konnten die Forscher die Feinstrukturen der Zellen mit einem bisher unerreicht hohen Kontrast darstellen.

Das neue Röntgenmikroskop bietet außerdem mehr Raum rund um die Probe, was zu einer besseren räumlichen Betrachtung führt. Der Raum war bisher durch die Art der Ausleuchtung stark eingeschränkt, weil das notwendige monochromatische Röntgenlicht mithilfe eines radialen Gitters erzeugt wurde. Eine Blende selektierte aus diesem Licht den gewünschten Bereich der Lichtwellen. Sie war so dicht vor der Probe platziert, dass man die Probe kaum drehen konnte. Diesen Aufbau haben die Forscher geändert. Ein neuartiger Kondensor, der das Objekt beleuchtet, wird nun direkt mit monochromatischem Licht bestrahlt, die Blende entfällt. So lässt sich die Probe bis zu 158 Grad drehen und räumlich betrachten. Mit diesen Entwicklungen steht der modernen Strukturbiologie ein neues Werkzeug zum besseren Verständnis des Aufbaus von Zellen zur Verfügung.

Originalpublikation: G. Schneider, P. Guttmann, S. Heim, S. Rehbein, F. Mueller, K. Nagashima, J.B. Heymann, W.G. Müller, J.G. McNally: Three-dimensional cellular ultrastructure resolved by X-ray microscopy. Nature Methods, 14 November 2010, doi: 10.1038/nmeth.1533

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