Scharfstoff geht in Muttermilch über Säuglingsnahrung mit Pfeffer – wenn Mama mittags Curry hatte…
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Stillende Mütter essen für Zwei und müssen dabei auch an das Kind denken. Während es keine wissenschaftlichen Belege gibt, dass Kohl und Kiwis nach Verzehr durch die Mutter beim Baby Blähungen oder einen wunden Po verursachen, gibt es anderswo durchaus belegte Effekte auf die Muttermilch. So haben Forscher aus München untersucht, inwieweit scharfes Essen in der Muttermilch nachweisbar ist.

München – Geschmäcker sind verschieden. Doch viele der persönlichen Vorlieben bei Essen und trinken sind reine Gewohnheit: Wir essen gerne, was wir kennen. So lassen verschiedene Studien annehmen, dass schon das frühkindliche „Geschmackserlebnis“ über die Muttermilch das Ernährungsverhalten im Erwachsenenalter beeinflusst.
Im Gegensatz zu standardisierter Säuglingsnahrung schmeckt und riecht natürliche Milch jedoch nicht jeden Tag gleich. Die Unterschiede sind dabei zu einem erheblichen Anteil auf die Ernährung der stillenden Mutter zurückzuführen.
Dass die Milch so schmeckt, wie das letzte Mittagessen der Mutter, ist natürlich nicht der Fall – Geschmack und Aroma einer von der Mutter verzehrten Speise übertragen sich nicht eins zu eins auf deren Milch. Zwar haben Forscher für geruchs- oder geschmacksaktive Stoffe aus Knoblauch oder Kaffee schon nachgewiesen, dass diese in die Muttermilch gelangen – z. T. als geruchsaktives Stoffwechselprodukt. Jedoch fielen andere Aromastoffe, beispielsweise aus Fischöl oder Stilltee, diesbezüglich kaum oder gar nicht ins Gewicht.
Während die Effekte von Aroma und geschmacksstoffen bereits relativ gut erforscht sind, gibt es noch kaum Erkenntnisse darüber, inwieweit sich scharf schmeckende Substanzen aus Chili, Ingwer oder Pfeffer in der Muttermilch wiederfinden. Daher hat ein Wissenschaftsteam unter Federführung der Technischen Universität München (TUM) nun untersucht, ob und wenn ja, welche dieser Stoffe aus dem Essen auf die Muttermilch übergehen. Bei den Analysen konzentrierten sich die Forscher auf Piperin, den Stoff, der u. a. schwarzem Pfeffer seine Schärfe verleiht.
Wie scharf ist Muttermilch nach einem Curry?
Wie umfangreiche massenspektrometrische Analysen zeigen, ist der Schärfe-Stoff Piperin bereits eine Stunde nach dem Verzehr eines standardisierten Currygerichts für mehrere Stunden in der Milch nachweisbar. „Die beobachteten maximalen Konzentrationen von 14 bis 57 Mikrogramm pro Liter lagen dabei etwa 70- bis 350-fach unter der geschmacklichen Wahrnehmungsgrenze eines Erwachsenen“, erklärt Prof. Corinna Dawid, die in Vertretung den Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik der TUM leitet. „Dass die Säuglinge die Schärfe bewusst wahrnehmen erscheint uns daher eher unwahrscheinlich“, ergänzt Roman Lang, der zunächst als Wissenschaftler an der TUM und später am Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie (LSB) an der Studie beteiligt war. „Dennoch wäre es denkbar, dass eine regelmäßige, niederschwellige Aktivierung des ‚Scharfstoff-Rezeptors‘ TRPV1 dazu beitragen könnte, die spätere Toleranzgrenze für solche Stoffe zu erhöhen.“
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Kombi aus Fett und Kohlenhydraten
Ist die Muttermilch schuld, dass wir bei Chips und Schoki schwach werden?
Scharfstoffe aus Ingwer oder Chili sowie der ebenfalls reichlich im Curry enthaltene sekundäre Pflanzenstoff Curcumin gelangten laut Aussage der Forscher nicht in die Milch. „Letzteres hat uns besonders überrascht, da Piperin nach den Ergebnissen anderer Untersuchungen die Bioverfügbarkeit von Curcumin deutlich erhöhen soll“, erläutert Lang.
Nun wollen die Wissenschaftler den Ursachen für ihre gemachten Beobachtungen auf den Grund gehen. Ziel ist es „sowohl das Entstehen von Nahrungspräferenzen als auch die Stoffwechselprozesse besser zu verstehen, die für den Transfer von bioaktiven Lebensmittelinhaltsstoffen in die Muttermilch eine Rolle spielen“, sagt TUM-Professorin Corinna Dawid.
Originalpublikation: N´Diaye K, Debong M, Behr J, Dirndorfer S, Duggan T, Beusch A, Schlagbauer V, Dawid C, Loos HM, Buettner A, Lang R, Hofmann T: Dietary piperine is transferred into the milk of nursing mothers, Mol Nutr Food Res, 2021; DOI: 10.1002/mnfr.202100508
* K. Baumeister, Technische Universität München, 85748 Garching b. München
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