Widerstandsfähige Allergene Schlechte Nachrichten für Karotten-Allergiker
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Etwa jeder elfte Erwachsene reagiert allergisch auf den Verzehr roher Karotten. Durch Kochen lassen sich die Allergene aber zerstören – so jedenfalls die verbreitete Meinung. Ein Forscherteam der Universität Bayreuth hat nun allerdings gezeigt, dass auch nach dem Kochen noch Teile des Allergens in Takt bleiben. Besonders empfindliche Allergiker sollten demzufolge besser komplett auf Karotten verzichten.

Bayreuth – Karotten sind ein gesunder Snack, voll mit Vitaminen und wichtigen Mineralstoffen und Spurenelementen. Aber sie enthalten auch „Dau c 1“ – ein Allergen, das vielen Menschen den Verzehr von Karotten mit Juckreiz, Hautrötungen oder Schwellungen vermiest. Üblicherweise lassen sich die Allergene durch Kochen unschädlich machen. Doch eine Studie von Forschern der Universität Bayreuth legt jetzt nahe, dass der Garprozess für besonders empfindliche Allergiker nicht ausreicht.
„Die Ergebnisse unserer Untersuchungen sprechen eindeutig dafür, dass Patienten, die sensibel auf das Allergen der Karotte reagieren, generell auf den Verzehr von Karotten verzichten sollten“, sagt Prof. Dr. Birgitta Wöhrl vom Lehrstuhl Biochemie IV der Universität Bayreuth. „Das Erhitzen der Karotten zerstört nicht oder nur unvollständig die Proteinstrukturen, die allergische Reaktionen verursachen können“, betont die Teamleiterin.
Rückkehr zur natürlichen Struktur
Die Ergebnisse der der Studie zeigen, dass das Allergen der Karotte im hocherhitzten Zustand zwar eine für Allergiker ungefährliche Struktur annimmt. Doch sobald die Temperatur sinkt, kehrt es weitgehend in seine natürliche Struktur zurück. Dies berge nicht nur beim Verzehr von frisch gekochten Karotten oder von Karotten aus der Konservenbüchse das Risiko, dass Allergie-Patienten eine allergische Reaktion entwickeln. „Die Gefahr besteht auch dann, wenn Nahrungsmitteln Karottenextrakt beigemischt wird“, sagt Thessa Jacob, Erstautorin der Studie und Doktorandin am Lehrstuhl Biochemie IV.
Das natürliche Karottenallergen Dau c 1 ist eigentlich eine Mischung aus mehreren, strukturell sehr ähnlichen Proteinen. Das Team um Biochemikerin Wöhrl hat diese so genannten Isoallergene im Labor einzeln in Bakterien hergestellt. Bei Temperaturen bis maximal 95 °C untersuchten die Forscher sowohl das Proteingemisch des natürlichen Dau c 1 als auch die einzelnen Isoallergene daraufhin, wie sich ihre Strukturen bei steigenden und fallenden Temperaturen ändern.
Dabei zeigte sich, dass sowohl die natürliche Mischung als auch fast alle einzelnen Isoallergene nach einer Abkühlung auf 25 °C erneut in der Lage sind, Allergien zu verursachen. Zwar ist das Allergie-Potenzial in einigen Fällen schwächer ausgeprägt als vor der Erhitzung, aber grundsätzlich bleibt es erhalten.
Selbst nach Hitze und Magensäure noch intakt
„Es ist das erste Mal, dass die Dau c 1-Isoallergene einer derart umfangreichen Testreihe unterzogen wurden, sagt Erstautorin Jacob. „Die separate Untersuchung der strukturähnlichen Moleküle war uns besonders wichtig, um festzustellen, welche der Isoallergene unter den getesteten Bedingungen Immunreaktionen auslösen.“
Die Tests zeigten, dass die strukturelle Stabilität des Karottenallergens nicht allein von der Höhe der Temperatur abhängt. Wichtig ist ebenso der Säuregrad. Von besonderem Interesse ist der pH-Wert 3, der sich im Magen typischerweise nach der Nahrungsaufnahme einstellt. Bei diesem Säuregrad und bei normaler Raumtemperatur können, wie sich herausgestellt hat, zumindest einige Epitope trotz des vorherigen Erhitzens weiter existieren. Epitope sind diejenigen molekularen Teilstrukturen, an denen das Immunsystem von Allergie-Patienten das jeweilige Allergen erkennt, sodass eine allergische Reaktion erfolgt. Empfindliche Allergiker sollten beim Essen also besser komplett auf Karotten verzichten.
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Originalpublikation: Thessa Jacob et al.: Food Processing Does Not Abolish the Allergenicity of the Carrot Allergen Dau c 1: Influence of pH, Temperature, and the Food Matrix, Molecular Nutrition & Food Research (2020), DOI: 10.1002/mnfr.202000334
* C. Wißler, Universität Bayreuth, 95447 Bayreuth
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