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Macht der Metalle Seltene Erden als Schlüssel der Energiewende

Quelle: dpa

Wie abhängig wir von anderen Staaten sind, haben wir zuletzt durch die ausbleibenden Erdöllieferungen von Russland gemerkt. Neben Rohöl gehören auch die so genannten Seltenen Erden zu versorgungskritischen Rohstoffen. Warum sie für die Energiewende entscheidend sind und welche Hürden sich bei ihrem Abbau ergeben, klärt diese Zusammenfassung.

Seltene Erden finden in vielen technischen Bereichen Anwendung, etwa in Touchscreens, Lasern, oder in starken Magneten in Windkraftanlagen, die zur Stromerzeugung gebraucht werden.
Seltene Erden finden in vielen technischen Bereichen Anwendung, etwa in Touchscreens, Lasern, oder in starken Magneten in Windkraftanlagen, die zur Stromerzeugung gebraucht werden.
(Bild: Piscine26 - stock.adobe.com)

(dpa) Seltene Erden sind für die Industrie wie Gewürze beim Kochen. Ohne sie gelingen Rezepte für die Energiewende schlechter. Denn die Metalle stecken zum Beispiel in wichtigen Bauteilen für Windräder und Elektroautos. Seltene Erden zu gewinnen war bisher jedoch oft ein schmutziges Geschäft auf Kosten der Umwelt. Noch immer beherrscht China den Weltmarkt und sitzt bei Exporten und Preisen am langen Hebel.

Was sind Seltene Erden?

Es sind überwiegend silberfarbene und relativ weiche Metalle, die auf der Erde nicht in Reinform vorkommen. Sie müssen in mehrstufigen Verfahren aufwendig aus abgebauten Erzen gewonnen werden. Die Endprodukte heißen Seltenerd-Oxid und Seltenerd-Metall. Seltene Erden bestehen aus den chemischen Elementen der dritten Gruppe des Periodensystems: Scandium, Yttrium und Lanthan. Zur Gruppe gehören auch die 14 auf das Lanthan folgenden Elemente, die Lanthanide: Cer, Praseodym, Neodym, Promethium, Samarium, Europium, Gadolinium, Terbium, Dysprosium, Holmium, Erbium, Thulium, Ytterbium und Lutetium.

Von den geschätzt bis zu 200 Mineralien mit Seltenen Erden werden bisher nur wenige abgebaut. Entscheidend für eine Wirtschaftlichkeit ist die Konzentration der Metalle in den Erzen. Oft werden sie zusammen mit anderen verwertbaren Stoffen abgebaut – zum Beispiel Phosphor.

Warum sind Seltene Erden wichtig?

Jüngst hat die Energiewende Seltene Erden verstärkt ins Gespräch gebracht. Denn die Metalle sind zum Beispiel Bestandteile beim Bau von leistungsfähigen Windrad-Turbinen, Elektromotoren und Energiesparlampen. Sie stecken aber auch in Festplatten, Flachbild-Fernsehern, Lasern und Glasfaserkabeln. In der Medizin spielen sie bei Röntgentechnik und Kernspintomographie eine Rolle.

Wo kommen Seltene Erden vor?

Selten sind die Metalle auf der Erde nicht, manche kommen sogar häufiger vor als Kupfer oder Blei. Rar sind jedoch große Erzlagerstätten mit einer ausreichend hohen Konzentration für einen wirtschaftlich lukrativen Abbau. Die größten Förderer sind nach Angaben des jüngsten US Geological Survey für 2022 Marktführer China (210.000 Tonnen), gefolgt von den USA (43.000 Tonnen) und Australien (18.000 Tonnen). Weitere Minen gibt es unter anderem in Russland, Thailand, Myanmar, Indien, Vietnam, Madagaskar, Brasilien und Kanada. Vermutet werden rentable Lagerstätten in Grönland – in Gebieten, in denen das Eis schmilzt.

Gibt es Vorkommen in der EU?

Im Januar meldete Schweden einen größeren geeigneten Erzfund in der Bergbauregion Kiruna im Norden des Landes. Genehmigungsverfahren und Prüfungen könnten aber noch 10 bis 15 Jahren dauern, heißt es vom staatlichen Minen-Betreiber. Die Menge von mehr als einer Million Tonnen an Seltenerd-Oxiden werde nach Schätzungen ausreichen, um einen Großteil der künftigen EU-Nachfrage für die Herstellung von Dauermagneten für Elektromotoren und Windkraftanlagen zu decken.

In Deutschland sind Vorkommen in Sachsen bekannt. Die Delitzsch-Storkwitzer Lagerstättenregion wird seit rund zehn Jahren wissenschaftlich erforscht. Die Konzentration der Metalle im Erz gilt aber bislang als zu gering, um für eine Förderung rentabel zu sein. Noch im ersten Quartal 2023 will die EU-Kommission eine Initiative beschließen mit dem Ziel, die Versorgung der EU mit kritischen Rohstoffen zu verbessern, die für umweltfreundliche Techniken nötig sind.

Warum kann ein Abbau in der EU sinnvoll sein?

Die Europäische Kommission zählt Seltene Erden zu den Rohstoffen mit dem höchsten Versorgungsrisiko. Der weltweite Bedarf wird Schätzungen zufolge bei wichtigen Seltenerd-Oxiden zum Beispiel für Katalysatoren oder Magnete von 131.500 Tonnen im Jahr 2020 auf 188.300 Tonnen im Jahr 2030 steigen – allein schon, um Klimaziele mithilfe von Windkraft und Elektroautos zu erreichen. Nach einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommen 94 Prozent der EU-Importe von Seltenen Erden aus politisch kritischen Ländern, allen voran China. Die Volksrepublik hat bei Abbau und Weiterverarbeitung den Weltmarkt in der Hand. Die USA, die eine Gewinnung zwischenzeitlich aufgaben, sind auch wegen des China-Monolpols inzwischen wieder selbst ins Geschäft eingestiegen. Australien plant, seine Förderung stark auszubauen.

Was sind Risiken bei der Gewinnung?

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften listet mögliche Gefahren bei der stufenweisen Gewinnung und Aufbereitung Seltener Erden auf. Dazu zählen beim Abbau unter anderem giftige Staubentwicklung und radioaktiv belastete Rückstände, weil auch die chemischen Elemente Uran und Thorium im abgebauten Erz vorkommen können. Bei der Weiterverarbeitung könnten schwefelhaltige Abgase sowie radioaktive und schwermetallhaltige Rückstände entstehen. Durch die Raffinade gebe es hohe direkte Treibhausgas-Emissionen. Außerdem sei während des gesamten Prozesses viel Wasser und Strom nötig. Es gebe ein „gewisses Gefährdungspotential“, schreibt Urs Peuker von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. „Und das möchte man nicht unbedingt im Land haben.

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Was ist nötig für eine umwelt- und sozialverträgliche Nutzung?

Beim Import Seltener Erden sollte der Umweltschutz aus Sicht von Geowissenschaftlern eine wichtige Rolle spielen – bezogen auf die Förderung als auch die Weiterverarbeitung der Erze. Eine Möglichkeit sind Zertifizierungen, die auch illegalen Abbau eindämmen könnten. Neue umweltverträgliche Anlagen kosten viel Geld und sind wahrscheinlich nur mit staatlicher Unterstützung möglich. In Australien kommen Schätzungen zufolge bis zu 550 Millionen US-Dollar für eine umweltgerechte zweistufige Aufbereitungsanlage zusammen.

Was sollen Politik und Wirtschaft tun?

Das DIW empfiehlt unter anderem, politisch weniger bedenklichen Abbau-Staaten wie Indien oder Brasilien bei einer umweltgerechten Förderung zu helfen und Handelshemmnisse abzubauen. Es sei auch sinnvoll, Nachfragen aus der EU zu bündeln. Des Weiteren seien Mindestreserven in der EU eine Überlegung wert. Langfristig könnte auch ein verbessertes Recycling greifen. Trotz des Aufwands bei der Produktion Seltener Erden sind sie laut Bundesanstalt für Geowissenschaften unersetzlich. Da die Metalle zum großen Teil in Offshore-Windkraftanlagen und Elektromotoren zum Einsatz kämen, überwiege auf den gesamten Lebenszyklus gesehen ihr positiver Beitrag zur Energiewende.“ (clu)

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