Bessere Nährstoffausnutzung Weniger düngen: Bioeffektoren könnten Düngemittel-Einsatz verbessern
Mineralische Dünger haben keinen guten Ruf, nicht zuletzt weil aus überdüngten Feldern ausgewaschene Nährstoffe in Form von Nitrat oder Phosphat Grundwasser und Oberflächengewässer belasten oder zu klimaschädlichen Gasen und Feinstaub werden. Was viele nicht wissen: Auch Bio-Dünger sind in dieser Hinsicht nicht unproblematisch. Können so genannte Bioeffektoren Pflanzen bei der Nährstoffaufnahme helfen und sie toleranter gegen Stress machen? Das haben Stuttgarter Forscher gemeinsam mit internationalen Kollegen nun untersucht.
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Stuttgart – Pflanzen benötigen Nährstoffe für Wachstum und Gesundheit – doch die aktuell verwendeten mineralischen Dünger stehen zunehmend in der Kritik: Die klassische Gewinnung von Stickstoff für die Düngerproduktion aus der Luft ist so energieaufwändig, dass dafür mittlerweile zwei Prozent des weltweiten Energieverbrauchs nötig sind. Hinzu kommt: Selbst gut entwickelte Pflanzenwurzeln erreichen oft nur einen Bruchteil der zugedüngten Nährstoffe im Boden. Stressfaktoren können das Wurzelwachstum und die Nährstoffaufnahme zusätzlich beeinträchtigen. Nicht verwertete Nährstoffe können ausgewaschen werden und ökologische Probleme verursachen. Das so genannte Nitratproblem ist hier nur ein Beispiel: Nicht aufgenommener Stickstoff im Dünger kann in Form von Nitrat ausgewaschen werden, Oberflächengewässer überdüngen, das Grundwasser verunreinigen oder in Form von Stickoxiden und Ammoniak in die Atmosphäre gelangen.
Kulturpflanzen können meist weniger als 30 Prozent des zugedüngten Phosphats aufnehmen
Auch die Zugabe des für das Pflanzenwachstum notwendigen Phosphats in Form von Mineralsalzen ist nicht unproblematisch: Es handelt sich – ähnlich wie beim Mineralöl – um einen begrenzten natürlichen Rohstoff. Der Abbau in ausreichender Qualität wird künftig immer aufwändiger und die Anwendung ist aufgrund von Schwermetallverunreinigungen auch mit Risiken für die Umwelt verbunden.
Phosphat wird in Böden schnell in Form schwerlöslicher Verbindungen festgelegt. Kulturpflanzen können während einer Vegetationsperiode daher meist weniger als 30 Prozent des zugedüngten Phosphats aufnehmen. Durch Abschwemmung können Phosphate in Oberflächengewässer geraten, wo sie zur Überdüngung beitragen und als Sedimente in den Ozeanen schließlich unwiederbringlich verlorengehen.
Auch Bio-Dünger sind nicht unproblematisch
Lösungsansätze für diese Probleme gibt es: Alternativen auf Recycling-Basis. Kompostierter Haushaltsabfall und Produkte aus der Abwasseraufbereitung, Aschen, Stallmist, Gülle, Abfallstoffe aus der Tierverwertung und Gärrückstände aus Biogasanlagen sind nur einige Beispiele für diese Düngerarten.
„Ein Problem besteht hier vor allem darin, dass die nötigen Nährstoffe in diesen Düngern häufig nicht durchgängig in ausreichender Menge vorhanden oder pflanzenverfügbar sind“, erklärt apl. Prof. Dr. Günter Neumann vom Fachgebiet Ernährungsphysiologie der Kulturpflanzen an der Universität Hohenheim. „Sie werden durch die Aktivität von Bodenorganismen erst langsam freigesetzt, können auch pflanzenschädliche Nebenwirkungen entwickeln und Schadstoffrückstände enthalten.“
Es ist daher noch schwieriger als bei Mineraldüngern, die Düngung an den Bedarf während der Pflanzenentwicklung anzupassen. Auch das Risiko von Nährstoffverlusten ist groß. Dazu kommt, dass die lokal anfallenden Mengen solcher Recyclingprodukte den Bedarf in der Landwirtschaft unterschreiten, aber auch deutlich überschreiten können, was sich am Beispiel der mit der Gülleausbringung verbundenen Probleme eindrücklich zeigt.
Bioeffektoren können Düngerausnutzung verbessern
Auf gesetzlicher Ebene wird mit Hilfe der Düngeverordnung versucht, unerwünschte Nährstoffausträge in die Umwelt zu begrenzen. An der Entwicklung von Strategien zu einer verbesserten Ausnutzung von Düngemitteln setzen dagegen verschiedene Forschungsprojekte an, an denen das Team um apl. Prof. Dr. Neumann beteiligt ist. Der gemeinsame Forschungsansatz: Bioeffektoren – das sind Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze, aber auch bioaktive Substanzen z.B. aus Pflanzen-, Algen- oder Kompostextrakten – die ohne wesentlichen zusätzlichen Nährstoffeintrag mit der Pflanze interagieren und die Aufnahme von Nährstoffen aus Boden und Dünger unterstützen.
Die Bewertungen solcher Bioeffektoren seien so vielfältig wie die ihnen zugeschriebenen Effekte und reichten von kompletter Wirkungslosigkeit bis hin zu Ertragssteigerungen im zweistelligen Prozentbereich, so apl. Prof. Dr. Neumann. Das weise darauf hin, dass die Wirksamkeit stark von den jeweiligen Anwendungsbedingungen abhängt. „Wir arbeiten hier quasi als Partnervermittlung und suchen nach den Bioeffektor-Düngerkombinationen und den Anwendungsbedingungen mit den besten Erfolgsaussichten.“
Fünf Jahre lang beschäftigten sich die Hohenheimer Forscher dazu gemeinsam mit 21 europäischen Partner-Universitäten und -Instituten sowie Düngemittel-Produzenten im EU-Projekt BIOFECTOR mit dem Einsatz von Bioeffektoren in Kombination mit verschiedenen Düngern. Die Projektbeteiligten testeten verschiedene Klimatische- und Bodenbedingungen am Beispiel von Tomaten, Mais und Weizen. Insgesamt führten sie mehr als 150 Versuche in 11 Ländern mit 38 verschiedenen Bioeffektor-Produkten durch – mit kommerziellen Produkten ebenso wie mit Neuentwicklungen.
Wie sich mithilfe von Bioeffektoren Düngemittel einsparen lassen, erklärt apl. Prof. Dr. Neumann in diesem Video ((c) BIOFECTOR / Universität Hohenheim):
Das Ergebnis: In etwa 30 Prozent der über 1.100 getesteten Versuchsvarianten konnte eine wachstumsstimulierende Wirkung der Bioeffektoren nachgewiesen werden – aber je nach Zusammensetzung, Boden, Klima und Pflanzenart gibt es erhebliche Unterschiede. Tomaten zum Beispiel hätten sehr gut auf die Mikroorganismen-Präparate reagiert, berichtet apl. Prof. Dr. Neumann.
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