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Pflanzenprotein gegen Salzstress Wie Salzstress bei Pflanzen gegen Alzheimer helfen könnte

Autor / Redakteur: Silke Oßwald* / Christian Lüttmann

Pflanzen können sehr widerstandsfähig sein. Ein neu entdecktes Protein hilft ihnen beispielsweise, salzige Böden besser auszuhalten. Bei der Untersuchung dieses Schutzeffekts fand ein internationales Team um Forscher des Leibniz-Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie eine Gemeinsamkeit mit einem menschlichen Protein – ein möglicher neuer Forschungsansatz für die Alzheimerforschung.

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Eine Pflanze gedeiht auf Salz – das geht wesentlich besser, wenn sie über das Protein CC1 verfügt.
Eine Pflanze gedeiht auf Salz – das geht wesentlich besser, wenn sie über das Protein CC1 verfügt.
(Bild: Barth van Rossum, FMP)

Berlin – Proteine sind wesentliche Bausteine lebenden Gewebes – ob in Pflanzen oder Tieren. Sie haben vielfältige Funktionen inne und unterscheiden sich stark in Aufbau und Größe. Dabei sind viele Proteine in Bezug auf ihre Funktion und Struktur noch nicht genügend untersucht worden. Eines von ihnen wurde 2015 am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) von Anne Endler und Christopher Kesten aus der Forschungsgruppe von Staffan Persson zum Fokus ihrer wissenschaftlichen Arbeit gemacht: das Protein CC1.

CC1 befindet sich in Pflanzen unterhalb der Zellmembran und auf den Mikrotubuli, mit denen es bei der Zelluloseproduktion interagiert. Mikrotubuli sind röhrenförmige Proteinnetzwerke und bilden das „Streckennetz“ einer Zelle: Sie dienen als „zelluläre Autobahnen“ zum Transport von Proteinen sowie der Zellstabilität.

Pflanzen im Salzstress untersucht

Die Forschenden des MPI-MP entdeckten, dass CC1 wichtig für die Reaktion von Pflanzen auf Salzstress ist: Gentechnisch manipulierte Pflanzen ohne das Protein scheinen sich zunächst normal zu entwickeln, setzt man sie allerdings auf einen Nährboden mit erhöhtem Salzgehalt, ist das Wachstum gehemmt. Das liegt daran, dass CC1 zentral für die Stabilität der Mikrotubuli ist.

„Weist die Zelle einer Pflanze einen erhöhten Salzgehalt auf, verschwindet das Mikrotubuli-Netzwerk unterhalb der Membran innerhalb von zwei Stunden, kommt aber nach weiteren sechs Stunden wieder zurück. Ohne CC1 zerfällt das Mikrotubuli-Netzwerk schneller und wird danach zwar wieder aufgebaut, ist aber nicht mehr gleichermaßen stabil“, erläutert Kesten, inzwischen Forscher an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich.

Die Strukturbiologen rund um Arndt Wallmann aus der Forschungsgruppe von Hartmut Oschkinat machten sich daran, CC1 genauer zu untersuchen. Er und das FMP-Team nutzten hierfür die Kernspinresonanzspektroskopie, um Struktur und Dynamik von Molekülen zu analysieren. Das CC1-Protein besteht aus drei Teilen, von denen der ins Zytosol ragende Teil, der direkt unter der Zellmembran sitzt, mit den Mikrotubuli interagieren kann. Mittels NMR-Analyse konnte Wallmann die molekularen Eigenschaften des Proteins näher beschreiben.

„Wir stellten fest, dass der zytosolische Teil von CC1 keine feste Struktur hat und somit sehr dynamisch ist. In Stresssituationen kann das von Vorteil sein – etwa wenn Salz in die Zelle eindringt“, erklärt der Biologe.

Protein stärkt Mikrotubuli-Netzwerk

Die Forschenden fanden heraus, dass CC1 die Mikrotubuli zugleich mit mehreren Regionen bindet, also verschiedene Stellen des Proteins gleichzeitig involviert sind, und es somit die Reorganisation des Mikrotubuli-Netzwerks direkt regulieren kann. Das Protein verhält sich dabei selbst dynamisch und kann sich entlang der Mikrotubuli bewegen.

Um die Funktionsweise von CC1 genauer zu untersuchen, brachten die Wissenschaftler Mutationen in das Protein ein, die eine Störung der Interaktion mit Mikrotubuli verursachen. Gerieten die mutierten Pflanzen unter Salzstress, war ihr Wachstum sogar geringer, als wenn CC1 ganz fehlen würde, wie die Forscher berichten. Dies lässt sich vermutlich auf eine starke Fehlregulation des Mikrotubuli-Netzwerks durch das mutierte CC1 zurückführen.

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