Neue Mehrkomponentenreaktion Alkaloide: Die (fast) ideale chemische Reaktion
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Alkaloide sind besonders begehrte Produkte chemischer Synthesen, z.B. als Bestandteil von Pharmazeutika. Nun hat eine Gruppe von Wissenschaftlern eine neue hocheffiziente Methode entwickelt, die komplexe Alkaloide in nur einem Reaktionsschritt, einer so genannten Mehrkomponentenreaktion, schnell und kostengünstig herstellen kann.

Chemische Synthese befasst sich mit der Herstellung wertvoller Produkte aus einfachen und zugänglichen Substanzen. Alkaloide, also auf Kohlenstoff und Stickstoff basierende Moleküle, gehören zu einer Gruppe besonders begehrter Produkte, z. B. als Bestandteil von Pharmazeutika. Eine Gruppe um Chemiker Nuno Maulide von der Universität Wien hat nun eine neue Reaktion entwickelt, die komplexe Alkaloide in nur einem Reaktionsschritt, einer so genannten Mehrkomponentenreaktion, herstellen kann. Die Methode eröffnet damit einen besonders kostengünstigen und schnellen Syntheseweg.
Die Herstellung komplexer Verbindungen aus einfachen Startmaterialien ist in den meisten Fällen ein mehrstufiger und daher kosten- sowie zeitintensiver Prozess. „Hierbei wird zuerst Startmaterial A mit Reagenz B umgesetzt, und das erhaltene Produkt [AB] isoliert und bereinigt. Danach wird es wiederum mit C umgesetzt und so weiter, bis das Endprodukt entsteht“, sagt Erstautor Immo Klose vom Institut für Organische Chemie der Universität Wien. Der Wunsch, die „ideale Synthese“ zu finden, ist so alt wie die Chemie selbst: „Wäre es nicht toll, wenn man mehrere Schritte zusammenfassen könnte, um in einem einzigen Schritt zum hochkomplexen Zielprodukt zu gelangen?“, so Koautor Giovanni di Mauro.
Verbindung mehrerer Komponenten
Mehrkomponentenreaktionen, der Name sagt es schon, zielen genau darauf ab. Hierbei werden drei oder mehr Reaktionspartner gleichzeitig miteinander umgesetzt, um ein Produkt zu bilden, das aus allen eingesetzten Komponenten besteht.
„Während die erste Mehrkomponentenreaktion, die nach Adolph Strecker benannte Strecker-Synthese von Aminosäuren, bereits 1838 entwickelt wurde und viele weitere folgen sollten, blieb es unserer Gruppe vorbehalten, die Komplexität der entstehenden Produkte auf ein neues Niveau zu heben. So ist diese neue Methode eine der ersten, die es ermöglicht, polyzyklische Alkaloide, also solche mit mehreren Ringen, selektiv herzustellen“, so Nuno Maulide, dreifacher ERC-Preisträger und Vorstand des Instituts für Organische Chemie an der Universität Wien.
Die ideale Mehrkomponentenreaktion
Die neu entwickelte Methode hat dabei einen relativ einfachen Ansatz: Die Forscher mischten drei leicht zugängliche Komponenten – ein Amin, einen Aldehyd und ein Alken. Diese bildeten daraufhin einen so genannten ternären Komplex: ein erstes Zwischenprodukt, das aus den drei Einzelkomponenten besteht. Nach der Zugabe eines geeigneten Katalysators lagerten sich ausgewählte Bindungen um und es entstand das gewünschte Produkt.
Die Möglichkeit, diese komplexen Produkte mit Hilfe von gut verfügbaren Startmaterialien und in nur einem Reaktionsschritt zu synthetisieren, bietet neben der damit einhergehenden Zeitersparnis weitere Vorteile: „Im Vergleich zu mehrstufigen Synthesen benötigen Mehrkomponentenreaktionen geringere Mengen an Reagenzien und, aufgrund der geringeren Anzahl an Schritten, weniger Lösungsmittel und Ressourcen für die Verarbeitung der Produkte. Der ökonomische Faktor einer solchen Entwicklung ist demnach groß – von der Eleganz ganz abgesehen“, so Nuno Maulide.
Originalpublikation: Immo Klose, Giovanni Di Mauro, Dainis Kaldre and Nuno Maulide: Inverse hydride shuttle catalysis enables the stereoselective one-step synthesis of complex frameworks, Nature Chemistry 2022, just accepted. DOI: 10.1038/s41557-022-00991-4
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