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Bakterien Bakterien steuern Fortbewegung mit Sauerstoff und Magnetfeld

Redakteur: Dipl.-Chem. Marc Platthaus |

Magnetotaktische Bakterien sind im Schlamm von Gewässern zuhause und zeichnen sich durch die einzigartige Fähigkeit aus, das Magnetfeld der Erde wahrzunehmen. Dazu sind sie mit winzigen Ketten magnetischer Nanopartikel ausgestattet. Diese nutzen sie zur Orientierung. Wissenschaftler der Universität Bayreuth haben jetzt untersucht, ob dies die einzige Orientierungsmöglichkeit der Bakterien ist.

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Prof. Dr. Dirk Schüler vom Lehrstuhl für Mikrobiologie der Universität Bayreuth untersucht mit seinem Team die Fortbewegung von Bakterien.
Prof. Dr. Dirk Schüler vom Lehrstuhl für Mikrobiologie der Universität Bayreuth untersucht mit seinem Team die Fortbewegung von Bakterien.
(Bild: Christian Wißler)

Bayreuth – Die magnetischen Nanopartikel von magnetotaktischen Bakterien verhalten sich wie körpereigene Kompassnadeln und erleichtern den Bakterien den Weg in tiefere und sauer-stoffärmere Gewässerschichten, wo sie optimale Lebensbedingungen vorfinden. Weil die erdmagnetischen Feldlinien mit ihrer Nord-Süd-Ausrichtung nach unten geneigt sind, führen Schwimmbewegungen entlang dieser Feldlinien – je nach Schwimmrichtung – entweder näher zur Gewässeroberfläche oder weiter in die Tiefe. Lange Zeit war unklar, ob die Schwimmrichtung der Bakterien allein durch das Magnetfeld der Erde bestimmt ist. Gibt es möglicherweise weitere sensorische Systeme, welche die Bakterien für ihre Orientierung nutzen können?

Was sind aerotaktische Sensoren?

Prof. Dr. Dirk Schüler, der im Frühjahr 2014 von der LMU München an die Universität Bayreuth gewechselt ist und hier den Lehrstuhl für Mikrobiologie leitet, ist dieser Frage nachgegangen. Zusammen mit seinem Münchner Doktoranden Dipl.-Biol. Felix Popp und der Mikrobiologin Prof. Dr. Judith Armitage von der Universität Oxford hat er magnetotaktische Bakterien der Spezies Magnetospirillum gryphiswaldense untersucht. Wie sich herausstellte, reagieren diese Bakterien nicht allein auf das Magnetfeld der Erde. Vielmehr besitzen sie ein weiteres – nämlich ein aerotaktisches – Sensorsystem. Hiermit erspüren sie den Sauerstoffgehalt des umgebenden Wassers und richten ihr Schwimmverhalten immer so aus, dass sie in Regionen mit einer für sie optimalen Sauerstoffkonzentration gelangen. Auf diese Weise lösen die Bakterien ein Dilemma: Einerseits benötigen sie Sauerstoff zur Atmung, andererseits schadet Sauerstoff in höheren Konzentrationen ihrem Organismus. Ein geringer Sauerstoffgehalt in tieferen Sedimentschichten am Grund von Seen, Flüssen und Meeren gewährleistet, dass sie hier günstige Lebensbedingungen vorfinden.

Schwimmverhalten wird von mehreren Parametern beeinflusst

In welche Richtung sich die Bakterien entlang der erdmagnetischen Feldlinien bewegen, hängt also auch davon ab, welche Signale ihnen ihr aerotaktisches Sensorsystem übermittelt. In zahlreichen Experimenten konnte sogar ein dominierender Einfluss dieses Sensorsystem beobachtet werden. Es veranlasst die Bakterien zu einer „Fluchtreaktion“ in die entgegengesetzte Richtung, sobald sie auf eine sauerstoffreichere Region zusteuern. Die Bakterien sind also den magnetischen Verhältnissen in ihrem Umfeld keineswegs passiv ausgeliefert, sondern können ihre jeweilige Bewegungsrichtung aktiv steuern – und zwar in beide Richtungen entlang des Magnetfelds.

Spezielle Sensor-Proteine steuern die Sauerstoff-Wahrnehmung

Wie sich bei den Analysen herausstellte, wirken die Ausrichtung am Magnetfeld der Erde und die Wahrnehmungen des Sauerstoffgehalts so zusammen, dass ein koordiniertes Schwimmverhalten der Bakterien gewährleistet ist. „Dieses Verhalten ist neben der ‚eingebauten Kompassnadel‘ durch ein kompliziertes Zusammenwirken von erstaunlich vielen Faktoren gesteuert, die zum großen Teil noch unbekannt sind“, erklärt Prof. Schüler.

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