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Die Sprache der Bakterien Eine Mikrobe steuert ihre Umgebung per chemischem Signal

Quelle: Pressemitteilung HKI Hans-Knoll-Institut für Naturstoff-Forschung Lesedauer: 3 min

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Lenkt ein Bakterium die Geschicke im Boden? Zumindest scheint eine bestimmte Art von Bodenmikroben großen Einfluss auf umliegende Mikroorganismen, Algen und Pilze zu nehmen. Wie sie das mit einem Signalmolekül schafft, haben Forscher der Universität Jena und des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie untersucht.

Ein Aspergillus nidulans-Reporterstamm, der grün fluoreszierendes Protein (GFP) produziert.
Ein Aspergillus nidulans-Reporterstamm, der grün fluoreszierendes Protein (GFP) produziert.
(Bild: Maira Rosin/Leibniz-HKI)

Auch wenn Mikroorganismen nicht sprechen können, kommunizieren sie miteinander. Dafür nutzen sie chemische Stoffe, die von anderen Mikroorganismen als Signale verstanden werden. „Das sind relativ kleine organische Verbindungen, so genannte Naturstoffe“, erklärt Prof. Dr. Axel Brakhage, Direktor des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) und Professor für Mikrobiologie und Molekularbiologie der Universität Jena. „Mikroorganismen produzieren eine Vielzahl solcher Stoffe und wir beginnen gerade erst, diese Sprache zu verstehen.“

Bakterien der Gattung Streptomyces sind für die Kommunikation im Boden offenbar besonders wichtig. Sie kommen weltweit vor und produzieren viele verschiedene Arginoketide – eine Untergruppe der Polyketide, die von verschiedenen Organismen produziert werden. Viele Polyketide sind medizinisch interessant, weil sie zum Beispiel antibiotisch sind oder gegen Krebszellen wirken.

Ein Botenstoff mit weltweitem Einsatz

Das Team des Leibniz-HKI identifizierte in einer aktuellen Studie eine Gruppe der Arginoketide, die verschiedene Prozesse im Boden anstößt. „In vorherigen Studien haben wir bereits gesehen, dass der Pilz Aspergillus nidulans manche Stoffe nur in Anwesenheit von Streptomyzeten produziert“, sagt die Erstautorin Maria Stroe. Als verantwortlich dafür wurde das Arginoketid Azalomycin F identifiziert.

Die Forschenden untersuchten deshalb für die aktuelle Studie, ob Streptomyzeten noch weitere Verbindungen produzieren, die als Signalstoffe aktiv sind. „Durch eine Literatursuche haben wir eine Vielzahl von Beispielen gefunden, bei denen Streptomyces-Arten weltweit strukturell ähnliche Verbindungen produzieren oder jedenfalls Biosynthese-Gencluster für entsprechende Arginoketide besitzen“, erklärt Mario Krespach, weiterer Erstautor der Studie.

Was die chemischen Signale im Boden alles bewirken

Einige dieser Verbindungen isolierten die Forschenden aus Streptomyces-Stämmen aus Bodenproben und testeten sie am Schimmelpilz Aspergillus nidulans – sie lösten bei dem Pilz ebenfalls die Produktion chemischer Stoffe aus, die er sonst nicht produziert. „Wir haben deswegen vermutet, dass wir möglicherweise einen generellen Mechanismus der mikrobiellen Kommunikation gefunden haben“, sagt Lukas Zehner, ebenfalls ein Autor der Studie. Und tatsächlich fand das Team in Bodenproben eine Vielzahl von Pilzen, die in Gegenwart von Streptomyces iranensis Stoffe bildeten, die sie sonst nicht bilden. Schalteten die Forschenden die entsprechenden Biosynthesegene für Arginoketide aus, blieb auch der Effekt aus.

Frühere Studien zeigten zahlreiche Aktivitäten von Arginoketiden – sie bringen beispielsweise einen Pilz und eine Grünalge dazu, eine Symbiose einzugehen, ein anderer Pilz verändert seine Gestalt und ein Bakterium bildet in Reaktion auf die Substanzen einen Biofilm. „Wir versuchen nun zu verstehen, welche Auswirkungen die Produktion von Arginoketiden selbst und auch die dann in einer zweiten Welle produzierten Substanzen aus Pilzen auf die Zusammensetzung von mikrobiellen Gemeinschaften, den Mikrobiomen, haben“, erklärt Studienleiter Brakhage.

Einer der durch Aspergillus nidulans produzierten Stoffe hemmt beispielsweise einen pflanzenpathogenen Pilz. Die Wirkungen der Arginoketide auf Algen und Pilze könnten auch zur Evolution von Flechten und Vielzelligkeit beigetragen haben. „Dieses Zusammenspiel aufzuklären hilft uns unter anderem zu verstehen, wie mikrobielle Gemeinschaften strukturiert werden und wie sie Pflanzenkrankheiten verhindern helfen. Außerdem entdecken wir ganz neue Substanzen, wenn wir das Zusammenleben von Mikroorganismen erforschen, anstatt uns nur isolierte Organismen anzuschauen“, führt der Forscher aus.

Originalpublikation: Krespach MKC, Stroe MC, Netzker T, Rosin M, Zehner LM, Komor AJ, Beilmann JM, Krüger T, Scherlach K, Kniemeyer O, Schroeckh V, Hertweck C, Brakhage AA (2023): Streptomyces polyketides mediate bacteria–fungi interactions across soil environments, Nature Microbiology; DOI: 10.1038/s41564-023-01382-2

(ID:49583340)

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