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Biosynthese von Antibiotika Das Steuerpult für die Antibiotika-Produktion in Bakterien

Von Sven-David Müller*

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Die einen Bakterien machen uns krank, die anderen liefern das Heilmittel. Wie aber antibiotikaproduzierende Bakterien im Detail die Wirkstoffe herstellen, ist hochkomplex und noch nicht vollständig verstanden. Nun haben Forscher aus Niedersachsen neue Einblicke in die Autoregulation bei der Biosynthese eines Antibiotikums gewonnen.

Um bakterielle Infektionen zu behandeln, braucht es immer neue Antibiotika, da viele Erreger Resistenzen entwickeln. (Symbolbild mit ESBL-produzierenden Enterobacteriaceae bacteria)
Um bakterielle Infektionen zu behandeln, braucht es immer neue Antibiotika, da viele Erreger Resistenzen entwickeln. (Symbolbild mit ESBL-produzierenden Enterobacteriaceae bacteria)
(Bild: Alissa Eckert, CDC (ID 23242))

Braunschweig – Es gibt viele Bakterien, die verschiedene Antibiotika herstellen und damit die Behandlung von bakteriellen Infekten ermöglichen. Um gezielter nach neuen Antibiotika zu suchen, muss man die Stoffwechselprozesse in diesen Mikroorganismen verstehen. Dies hat sich ein Team um Professorin Dr. Yvonne Mast vom Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen zum Ziel gesetzt. Die Forscher untersuchten dazu Kulturen von Streptomyces pristinaespiralis aus der Bakteriengruppe der Streptomyceten.

Drei mögliche Signalgeber identifiziert

Die Antibiotikaproduktion in Streptomyceten unterliegt komplexen regulatorischen Netzwerken, die auf äußere Einflüsse wie physiologische Parameter flexibel reagieren. Wichtige Signalmoleküle sind dabei die so genannten gamma-Butyrolactone (GBL). Sie kommen in den meisten Streptomyceten-Arten vor und initiieren dort als eine Art mikrobielles Hormon die Antibiotika-Produktion. Im Falle der Streptomyceten ist das hergestellte Antibiotikum das Pristinamycin, welches Mediziner als Notfallmedikament gegen Antibiotika-resistente pathogene Bakterien einsetzen.

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Für den Pristinamycin-Produzentenstamm S. pristinaespiralis war bisher allerdings weder die Struktur des Signalmoleküls noch die dafür kodierende Gensequenz bekannt. In der nun publizierten Studie haben die Forscher um Studienleiterin Mast zum ersten Mal nachgewiesen, dass insgesamt drei verschiedene Regulatoren (SpbR, PapR3 und PapR5) als GBL-Rezeptoren agieren und durch Bindung des GBL Einfluss auf die Antibiotika-Produktion nehmen.

„Noch ist unklar, ob alle drei Rezeptoren das gleiche Signalmolekül binden. Bioinformatische Simulationen lassen vermuten, dass der Rezeptor PapR3 ein strukturell anderes Molekül bindet als die anderen beiden Rezeptoren.“, führt die Mikrobiologin Mast aus.

Neue Antibiotika als Ziel

In weiteren Experimenten identifizierten die Forscher erstmals ein Gen, welches an der Biosynthese des Pristinamycin-GBL-Signalmoleküls beteiligt ist. Zudem steigerten die Wissenschaftler durch externe Zugabe eines synthetischen GBLs die Pristinamycin-Produktion.

„Unsere Daten tragen zu einem besseren Verständnis der Regulation der Biosynthese von Antibiotika bei. Das Pristinamycin-Regulationssystem ist mittlerweile relativ gut untersucht und dient als Modellsystem, um Antibiotika-Produktionsprozesse in Streptomyceten generell besser zu verstehen“, sagt Mast. Mit den neuen Erkenntnissen über die Antibiotikasynthese erhofft sie sich bessere Wirkstoffe für die Zukunft. „Ein besseres Verständnis, welche Signalmoleküle in die Regulation der Antibiotikaproduktion involviert sind, liefert Möglichkeiten, um gezielt Antibiotika-Produktionen zu optimieren – aber auch, um so genannte stille Gencluster zu aktivieren, um neue Antibiotika zu finden“, gibt die Professorin einen Ausblick.

Originalpublikation: Handel F, Kulik A and Mast Y: Investigation of the Autoregulator-Receptor System in the Pristinamycin Producer Streptomyces pristinaespiralis, Front. Microbiol. 11 (2020); DOI: 10.3389/fmicb.2020.580990

* S.-D. Müller, DSMZ Deutsche Sammlung V. Mikroorganismen u. Zellkulturen, 38124 Braunschweig

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