Elektrospinnen von Funktionstextilien Duftstoffe zum Anziehen – dank Hohlfasern
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Funktionskleidung kann wasserabweisend sein, winddicht, besonders elastisch – oder einfach gut riechen. Für letzteres haben Forscher der Empa spezielle Hohlfasern entwickelt, die mit Duftstoffen gefüllt sind. Auch andere Füllungen wie hautpflegende Wirkstoffe könnten so in Kleidung eingebracht werden.

St. Gallen/Schweiz – Mit einer feinen Nase lässt sich eine Vielzahl von Aromen aufspüren. In unserer Wahrnehmung verknüpfen wir Düfte oft mit Erinnerungen, etwa an einen guten Wein, eine erlebnisreiche Reise oder die erste Liebe. Angeblich hat bereits Kleopatra die Segel ihrer Schiffe mit erlesenen Essenzen tränken lassen. Heute hingegen sind Vorhänge für Büros mit beschwingendem Duft, blumige Bouquets für Bettwäsche oder würzige Aromen für Halstücher und Krawatten gefragt.
Fasern mit Flüssigkern spinnen
Empa-Forscher Rudolf Hufenus aus der Abteilung „Advanced Fibers“ in St. Gallen hat daher ein Verfahren entwickelt, um so genannte Flüssigkern-Fasern herzustellen, die beispielsweise mit Rosenduft oder Gewürznelken-Essenzen befüllt sind. Bisher war es lediglich möglich, Hohlfasern mit begrenzter Länge in einem aufwändigen Verfahren nachträglich zu befüllen.
In einem kontinuierlichen Schmelzspinn-Prozess entstehen nun längere Fasern, die bereits gefüllt sind. Diese Bi-Komponentenfaser lassen sich dann zu Textilien verarbeiten. „Wir haben die erwünschten mechanischen Eigenschaften für Textilien, die Färbbarkeit und Waschbarkeit der Duftfasern erfolgreich demonstriert“, sagt Hufenus. Durch den gasdurchlässigen Mantel der Polymerfasern entweichen die Duftstoffe langsam und kontinuierlich, sodass die Textilien über mehrere Waschgänge hinweg duften.
Das Geheimnis lange duftender Fasern
Das Elektrospinnen von Polymerfasern mit Duftkapseln eignet sich für eine Vielzahl von Wirkstoffen in Textilien. „Duftstoffe sind aufgrund ihrer Flüchtigkeit allerdings eine besonders anspruchsvolle Substanzklasse“, sagt Empa-Forscher Giuseppino Fortunato vom „Biomimetic Membranes and Textiles“ Labor in St. Gallen. Einerseits sollen sie sich für ihre erwünschte Wirkung gleichmäßig in der Umgebung verbreiten, andererseits sollen sie möglichst lange im Textil erhalten bleiben. Für nachhaltige Duftergebnisse verpacken die Forscher die Essenzen daher in winzige Kapseln aus hautfreundlichen Polymeren.
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Hochleistungsfasern
Stabiler als ein Spinnenfaden
Gemeinsam mit Industriepartnern entwickelten Fortunato und sein Team Duftkapseln, mit denen Textilien nachträglich behandelt werden können. Mittels dieses Verfahrens wurden Textilien ausgestattet, gewaschen und gelagert – mit nachhaltiger Wirkung. Bei klassischen olfaktorischen Tests konnten die duftenden Textilien bei Versuchspersonen punkten, wie die Forscher sagen. Da sich die Spinnparameter präzise steuern lassen, konnten auch andere Eigenschaften in die Fasern integriert werden, z.B. eine schwere Entflammbarkeit durch flüssige Flammschutzmittel.
Perlenkette aus Duftkapseln
Mittlerweile ist Fortunato dabei, feinste Membranen basierend auf abbaubaren Biopolymeren zu entwickeln, in denen die Duftkapseln ähnlich einer Perlenkette aufgereiht sind. „Mit dieser ‚Beads on String‘-Struktur geben die Fasern über Monate nur sehr feine Mengen an Duftstoff ab“, sagt er. Die mittels Elektrospinnen gefertigten Membranen könnten künftig beispielsweise in Sportbekleidung eingearbeitet werden.
Allerdings will der Forscher das Verfahren nicht auf Duftstoffe beschränken. In den Kapseln ließen sich ebenso Wirkstoffe einbauen, die die Haut pflegen oder die Wundheilung unterstützen. „Wenn wir es mit flüchtigen Duftstoffen geschafft haben, sollten stabilere Wirkstoffe ein kleineres Problem sein“, sagt Fortunato.
Originalpublikation: Altangerel Amarjargal, Marzia Brunelli, Giuseppino Fortunato, Fabrizio Spano, Cheol Sang Kim, René M.Rossi: On-demand drug release from tailored blended electrospun nanofibers, Journal of Drug Delivery Science and Technology, Volume 52, August 2019, Pages 8-14; DOI: 10.1016/j.jddst.2019.04.004
* Dr. A. Six, EMPA Eidgenössische Material- Prüfungs-und Forschungsanstalt, 8600 Dübendorf/Schweiz
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