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Algorithmus zur Optimierung von Enzymen Empfohlene Enzyme, die Ihnen gefallen können

Von Cornelia Sidler*

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Wer online einkauft, bekommt bald darauf weitere Produkte vorgeschlagen. Eine kleine Stichprobe genügt dem System, um für zahlreiche Artikel zu bewerten, ob sie interessant sind oder nicht. Nach einem ähnlichen Prinzip haben Forscher der ZHAW nun die Eignung von modifizierten Enzymen für den Einsatz in der Industrie mittels eines Algorithmus vorhergesagt.

Mit einem Algorithmus finden Forscher der ZHAW Enzyme, die potenziell für die Industrie vorteilhafte Eigenschaften aufweisen. So optimierten sie beispielsweise das Fungizid Soraphen A mit einem vom Algorithmus vorgschlagenen Enzym.
Mit einem Algorithmus finden Forscher der ZHAW Enzyme, die potenziell für die Industrie vorteilhafte Eigenschaften aufweisen. So optimierten sie beispielsweise das Fungizid Soraphen A mit einem vom Algorithmus vorgschlagenen Enzym.
(Bild: ZHAW/Johannes Büchler)

Wädenswil/Schweiz – Enzyme sind die Handwerker unter den Biomolekülen: Sie wandeln Stoffe in andere Stoffe um, spalten Substanzen in kleinere Bestandteile oder verknüpfen sie zu komplexen Funktionseinheiten. Viele lebenswichtige Prozesse in Lebewesen laufen nur dank dieser spezialisierten Proteine ab. Wegen dieser Leistung sind die natürlichen Biokatalysatoren aber auch außerhalb des Körpers interessant, wo sie chemische Prozesse „grüner“ gestalten können. Dies macht sich die Industrie zunutze, um durch den Einsatz von Enzymen auf giftige Chemikalien, seltene Metalle und extreme Reaktionstemperaturen zu verzichten.

Evolution der Enzyme

Enzyme sind über viele Milliarden Jahre durch die Evolution für ihre Funktion optimiert worden. In der Industrie haben Enzyme aber andere Aufgaben zu erfüllen als in der Natur. Um die natürlichen „Alleskönner“ auch in der industriellen Produktion einsetzen zu können, müssen sie für ihre neuen Aufgaben optimiert werden. Das geschieht mittels „gerichteter Evolution“, einem Verfahren, für dessen Entwicklung die US-Forscherin Frances Arnold im Jahr 2018 den Nobelpreis für Chemie erhielt.

Optimiert zur Synthese eines Fungizids

Am Institut für Chemie und Biotechnologie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) nutzt ein Forscherteam von Rebecca Buller dieses Verfahren, um Enzyme für die industrielle Verwendung zu optimieren. In ihrem Projekt haben die Chemiker das Wildtyp-Enzym WelO5* erstmals so verändert, dass es einen industriell relevanten, für das Enzym jedoch fremden Naturstoff halogeniert. Halogenierende Enzyme sind interessant für die chemische und pharmazeutische Industrie. Als Biokatalysatoren können sie sehr spezifisch beispielsweise Chlor oder Brom in eine chemische Verbindung einfügen, mit dem Ziel, deren Bioaktivität zu verändern.

Beim industriell relevanten Naturstoff, den das an der ZHAW maßgeschneiderte Enzym WelO5* erstmals halogeniert, handelt es sich um ein Fungizid, also einen pilzabtötenden Wirkstoff. Das Enzym optimierten die Forscher weiter, bis sie eine Halogenase-Variante fanden, welche die 300-fache Menge des Fungizids umsetzte, und das mit 90-facher Geschwindigkeit. Sie haben die Produktivität der Halogenase also massiv gesteigert und auf diese Weise selektivere Derivate des potenten Fungizids entwickelt.

Wenig „kochen“, viel berechnen

Gelungen ist dies dem Team um Buller mit einer richtungsweisenden Kombination aus Enzymbibliotheken und maschinellem Lernen. „Mittels Enzym Engineering können wir Aminosäuren in einem Enzym austauschen und so seine Aktivität verändern“, erklärt die Forscherin. „Dieses Verfahren eröffnet aber so viele Aminosäurekombinationen, dass wir nicht alle experimentell durchspielen können. Darum produzieren und testen wir nur einen Bruchteil der möglichen Enzymvarianten im Labor – und nutzen Algorithmen, um uns auf Basis dieser Daten noch bessere Kombinationen vorherzusagen zu lassen.“

Es ist also nicht mehr nötig, mühsam alle möglichen Varianten im Labor herzustellen, oder zu „kochen“, wie es in der organischen Chemie umgangssprachlich genannt wird. Stattdessen können die Wissenschaftler auf Basis ausreichend vielfältiger Beispielsynthesen weitere Kombinationsmöglichkeiten und deren Performance durch ihr Computerprogramm vorhersagen.

Einfacher neue Wirkstoffe entwickeln

Die von den Forschern entwickelten Halogenasen eröffnen bereits jetzt neue Synthesewege in der Medizinalchemie. Sie können im kleinen Maßstab eingesetzt werden, um im Labor neue Wirkstoffe zu entwickeln, so wie die in der Publikation vorgestellten Fungizide. In einem nächsten Schritt werden die Forscher das Enzym WelO5* auch für den größeren Maßstab optimieren und ihre Methode auf andere Enzymklassen anwenden. So könnten die Halogenasen der ZHAW in Zukunft eine nachhaltige Alternative in der chemischen und pharmazeutischen Produktion werden.

Originalpublikation: Büchler, J. et al.: Algorithm-aided engineering of aliphatic halogenase WelO5* for the asymmetric late-stage functionalization of soraphens, Nat. Commun. 13, 371 (Januar 2022); DOI: 10.1038/s41467-022-27999-1

* C. Sidler, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, 8820 Wädenswil/Schweiz

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