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Wärmeisolation für Kleinstbauteile Filigraner Hitzeschild: Aerogel aus dem 3D-Drucker

Von Rainer Klose*

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Besser als Styropor: Silica-Aerogel ist ein ausgezeichneter Wärmeisolator. Wegen seiner Sprödigkeit lässt es sich jedoch nur schwer bearbeiten. Empa-Forscher haben nun eine druckbare Silica-Tinte so optimiert, dass sich damit selbst kleine und komplexe Strukturen präzise 3D-drucken lassen. Dies eröffnet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, etwa in Mikroelektronik, Robotik und Sensorik.

Um zu zeigen, dass sich feine Aerogel-Strukturen im 3D-Druck fertigen lassen, druckten Forscher eine Lotusblüte aus Aerogel.
Um zu zeigen, dass sich feine Aerogel-Strukturen im 3D-Druck fertigen lassen, druckten Forscher eine Lotusblüte aus Aerogel.
(Bild: Empa)

Dübendorf/Schweiz – Silica-Aerogele sind leichte, poröse Schäume, die hervorragend thermisch isolieren. Sie eignen sich daher bestens als Wärmeisolator, haben allerdings den Nachteil, dass sie eher spröde sind. Im Großmaßstab werden sie daher meist mit Fasern oder organischen bzw. Biopolymeren verstärkt. Doch wenn komplexe oder sehr kleine Geometrien erforderlich sind, stößt man mit dem Material schnell an Grenzen: Aufgrund ihres Bruchverhaltens ist es nicht möglich, kleine Stücke aus einem Aerogel-Block herauszusägen oder zu -fräsen. Auch das Erstarren von Aerogelen in miniaturisierten Gussformen gelingt nicht zuverlässig – was zu hohen Ausschussraten führt. Im Kleinmaßstab waren Aerogele daher bislang kaum einsetzbar.

Barrieren für den Wärmestrom

Einem Forscherteam der Empa ist es nun gelungen, mithilfe eines 3D-Druckers stabile, wohlgeformte Mikrostrukturen aus Silica-Aerogel herzustellen. Die gedruckten Strukturen können bis zu einem zehntel Millimeter dünn sein. Die Wärmeleitfähigkeit des Silica-Aerogels liegt bei knapp 16 mW/(m⋅K) – sie ist damit nur halb so groß wie diejenige von Polystyrol und sogar deutlich kleiner als diejenige einer unbewegten Luftschicht mit 26 mW/(m⋅K). Gleichzeitig weist das neuartige, 3D-gedruckte Silica-Aerogel bessere mechanische Eigenschaften auf und lässt sich sogar bohren und fräsen. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten zur Nachbearbeitung von 3D-gedruckten Aerogel-Formteilen.

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Mit der inzwischen zum Patent angemeldeten Methode ist es möglich, die Fließ- und Erstarrungseigenschaften der silikatischen Tinte, aus der später das Aerogel entsteht, exakt einzustellen. So können sowohl selbsttragende Strukturen als auch hauchdünne Membranen gedruckt werden. Als Beispiel für überhängende Strukturen druckten die Forscher Blätter und Blüten einer Lotusblume. Das Versuchsobjekt schwimmt aufgrund der hydrophoben Eigenschaften und geringen Dichte des Silica-Aerogels auf der Wasseroberfläche – genau wie sein natürliches Vorbild. Auch der Druck von komplexen 3D-Multimaterial-Mikrostrukturen ist durch die neue Technologie nun erstmals möglich.

Anwendungspotenzial in Elektronik und Medizin

Mit solchen Strukturen ist es nun vergleichsweise einfach, auch kleinste elektronische Bauteile voneinander thermisch zu isolieren. Die Forscher haben bereits die thermische Abschirmung eines temperaturempfindlichen Bauteils demonstriert sowie das thermische Management eines lokalen Hot Spots. Eine weitere mögliche Anwendung ist das Abschirmen von Wärmequellen im Inneren medizinischer Implantate, die zum Schutz des Körpergewebes eine Oberflächentemperatur von 37 Grad nicht übersteigen sollten.

Praxisbeispiel: Gaspumpe mit Aerogel-Membran

Als weiteres Anwendungsbeispiel konstruierten die Forscher eine thermomolekulare Gaspumpe, wofür sie eine Membran aus Aerogel gedruckt haben. Diese Permeationspumpe kommt ganz ohne bewegliche Teile aus und funktioniert über den eingeschränkten Gastransport in einem Netzwerk von nanoskaligen Poren oder eindimensionalen Kanälen, deren Wände an einem Ende heiß und am anderen Ende kalt sind.

Das Team fertigte eine solche Pumpe aus Aerogel, welches an einer Seite mit schwarzen Manganoxid-Nanopartikeln dotiert wurde. Stellt man diese Pumpe ins Licht, dann wird sie an der dunkel eingefärbten Seite warm und beginnt Gase oder Lösungsmitteldämpfe von der kalten zur warmen Seite zu pumpen. Durch eine an den Manganoxid-Nanopartikeln katalysierte Reaktion können beim Pumpvorgang zudem gesundheitsschädliche Lösemittel wie Toluol chemisch abgebaut werden. Inzwischen suchen die Empa-Forscher nach Industriepartnern, die 3D-gedruckte Aerogel-Strukturen in neue Hightech-Anwendungen integrieren wollen.

Originalpublikation: S Zhao, G Siqueira, S Drdova, D Norris, C Ubert, A Bonnin, S Galmarini, M Ganobjak, Z Pan, S Brunner, G Nyström, J Wang, MM Koebel, WJ Malfait: Additive manufacturing of silica aerogels, Nature 584, pages387–392(2020); DOI: 10.1038/s41586-020-2594-0

* R. Klose, EMPA Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, 8600 Dübendorf/Schweiz

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