Polymerbaustein – biobasiert statt petrochemisch Produkte Klebstoff mit Formgedächtnis
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Ein Kleber aus Abfällen der Papierindustrie, der zudem eine Art Memoryfunktion hat – dieses Produkt haben Forscher am Leibniz-Institut für Katalyse entwickelt. Das biobasierte Polymer demonstriert, dass es leistungsstarke Alternativen zu Materialien aus fossilen Rohstoffen gibt.

Rostock –Langfristig werden fossilen Rohstoffe zu Neige gehen. Deshalb müssen frühzeitig Alternativen her. Daran arbeitet auch Bernhard Stadler vom Leibniz-Institut für Katalyse. In dem Projekt „GreenSolRes“ sucht er nach Möglichkeiten, erdöl- und erdgasbasierte Prozesse in der chemischen Industrie auf erneuerbare Ressourcen umzustellen.
Die Fachwelt geht von etwa einem Dutzend so genannter Plattform-Chemikalien aus, die sich biobasiert herstellen lassen und somit geeignet sind, die Petrochemie zu ersetzen. Dazu zählt Lävulinsäure, die aus Reststoffen der Papierindustrie gewonnen werden kann: Sie entsteht in hoher Ausbeute, wenn man z.B. Holzabfälle mit Wasser und verdünnter Schwefelsäure auf 200 °C erhitzt.
Stadler hat nun untersucht, wie sich aus der Lävulinsäure neue Produkte herstellen lassen. Dazu setzte er sie mit Wasserstoff und Vernetzungsmitteln zu 1,4-Pentadiol um, welches sich zu einem Polyester verbindet. Das Endprodukt ist eine klare, zähe Flüssigkeit, die sich als Klebstoff eignet und zu einem gummiartigen Material aushärtet.
Einstellbare Schalttemperatur
Dieser Klebstoff weist allerdings noch eine besondere Eigenschaft auf: Er besitzt ein Formgedächtnis. Rollt man ihn zusammen, so behält er diese Form unterhalb von 9 °C. Sobald sich das Polymer wieder auf Raumtemperatur erwärmt, entrollt es sich aber wieder in seine ursprüngliche Form.
Zwar sind Formgedächtnispolymere nichts Neues, doch zeigt sich der Effekt immer nur bei ganz bestimmten Temperaturen, die oft eher zwischen 60 und 70 °C liegen. Bei diesen Effekten ist es allerdings wünschenswert, Schalttemperaturen möglichst flexibel einzustellen – je nach Verwendung z.B. im Bereich von Körpertemperatur oder typischen Kühltemperaturen. Dadurch ergeben sich Anwendungspotenziale in Medizin und Logistik bei der Kühlung von Gütern. Mit dem biobasierten 1,4-Pentandiol in Polymeren könnte genau das bald möglich werden: verschiedene Schalttemperaturen einzustellen.
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„Die Industrie spürt am Markt ein wachsendes Bewusstsein in Klima- und Umweltbelangen und öffnet sich für biobasierte Produkte“, sagt Stadler. „Doch die sollen nicht einfach nur fossile Ressourcen ersetzen, sondern mit neuen Eigenschaften einen zusätzlichen Leistungsvorteil bringen.“ Der Klebstoff auf Basis von Lävulinsäure kann diesen gewünschten Nutzen bringen. Industriepartner Henkel fertigt das zum Patent angemeldete Produkt zu Musterzwecken bereits im Kilogramm-Maßstab.
Das Forschungsprojekt lief im Rahmen des European Union’s Horizon 2020 Forschungs- und Innovationsprogramm und wurde mithilfe der engen Zusammenarbeit mit der Entwicklungsabteilung von Henkel realisiert.
Originalpublikation: Bernhard M. Stadler, Dr. Adrian Brandt, Alexander Kux, Dr. Horst Beck, Prof. Johannes G. de Vries: Properties of Novel Polyesters Made from Renewable 1,4‐Pentanediol, ChemSusChem 2020, 13, 556-563; DOI: 10.1002/cssc.201901210
* M. Höhne, Leibniz-Institut für Katalyse, 18059 Rostock
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