Raman-Spektroskopie neu gedacht Goldenes Gitter beschleunigt Nachweis von Nanoplastik
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Kunststoffpartikel im Bereich von Nanometern aufzuspüren, ist eine besondere Herausforderung für die Analytik. Forscher der TU Wien haben nun eine modifizierte Raman-Spektroskopie entwickelt, mit der dies effizienter möglich wird. Zur Detektion von Nanoplastik nutzen sie ein Goldgitter, was die Mess-Signale verstärkt.

Dass Mikroplastik ein Problem ist, ist den meisten bekannt. Schwer abzuschätzen ist bisher aber der Effekt von noch kleineren Partikeln, die mit herkömmlichen Methoden kaum nachgewiesen werden können: Bei Plastikteilchen mit einem Durchmesser von weniger als einem Mikrometer spricht man von Nanoplastik. Solche winzigen Partikel können sogar in lebende Zellen eindringen.
An der TU Wien gelang es nun, eine Messmethode zu entwickeln, mit der sogar einzelne Nanoplastik-Partikel nachgewiesen werden können – und das um Größenordnungen schneller als mit bisherigen Techniken. Die neue Methode soll zur Grundlage neuer Messgeräte für die Umweltanalytik werden.
Raman-Spektroskopie stößt bei Nanoplastik an Grenzen
Wie ist es den Forschern aus Wien gelungen, Nanoplastik effizient aufzuspüren? „Wir verwenden ein physikalisches Prinzip, das auch bisher schon oft in der chemischen Analytik verwendet wurde, nämlich die Raman-Streuung“, erklärt Sarah Skoff, Gruppenleiterin der Forschungsgruppe „Festkörperquantenoptik und Nanophotonik“ vom Atominstitut der TU Wien. Durch Anregung von Molekülschwingungen per Laserstrahl lässt sich dabei herausfinden, um welches Molekül es sich handelt.
„Gewöhnliche Raman-Spektroskopie wäre aber für den Nachweis von kleinstem Nanoplastik nicht geeignet“, sagt Skoff. „Das wäre viel zu wenig empfindlich und würde viel zu lange dauern.“ Das Forschungsteam musste sich daher auf die Suche nach komplizierteren physikalischen Effekten machen, mit denen sich diese Technik deutlich verbessern lässt.
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Metallgitter als Antenne fürs Mess-Signal
Man adaptierte dafür ein Verfahren, das in ähnlicher Form schon zum Nachweis von Biomolekülen verwendet wurde. Das Laserlicht wird nicht direkt auf die Probe geschickt, sondern auf einem extrem feinen Gitter aus Gold platziert, welches mit einem Laser bestrahlt wird. Die einzelnen Golddrähte sind nur 40 Nanometer dick und rund 60 Nanometer voneinander entfernt. „Dieses Metallgitter wirkt wie eine Antenne“, erklärt Gruppenleiterin Skoff. „Durch das Gitter wird das Laserlicht an bestimmten Stellen verstärkt – dort kommt es daher zu einer viel intensiveren Wechselwirkung mit den gesuchten Molekülen. Außerdem kommt es zu einer Wechselwirkung zwischen dem Molekül und den Elektronen im Metallgitter, die dafür sorgt, dass das Lichtsignal der Moleküle zusätzlich verstärkt wird.“
Messdauer von Sekunden auf Millisekunden verkürzt
Das Licht, das dann von den Molekülen ausgesandt wird, muss bei gewöhnlicher Raman-Spektroskopie normalerweise in all seine Wellenlängen zerlegt werden, um daraus ablesen zu können, um welches Molekül es sich handelt. Das Team der TU Wien zeigte aber, dass es auch einfacher geht: „Wir wissen, was die charakteristischen Wellenlängen der Nanoplastik-Partikeln sind, und suchen daher gezielt nach Signalen bei genau diesen Wellenlängen“, erklärt Skoff. „Wir konnten zeigen, dass sich die Messgeschwindigkeit dadurch um mehrere Größenordnungen verbessern lässt: Bisher musste man zehn Sekunden messen, um einen einzigen Pixel des gesuchten Bildes zu erhalten – bei uns dauert es bloß einige Millisekunden.“
Versuche mit Polystyrol zeigten, dass auch bei dieser sehr hohen Geschwindigkeit die Nanoplastik-Partikel zuverlässig nachgewiesen werden können – und zwar auch bei extrem niedriger Konzentration. Im Gegensatz zu anderen Methoden erlaubt diese Technik sogar den Nachweis einzelner Partikel.
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Basis für neue Messgeräte
Das Forschungsteam will nun die Einsatzmöglichkeiten der neuen Technik noch genauer untersuchen – etwa die Frage, wie man damit Nanoplastik in umweltrelevanten oder biologischen Proben nachweisen kann, beispielsweise in Blut. „Dass das physikalische Grundprinzip funktioniert, konnten wir nun jedenfalls zeigen“, sagt Skoff. „Damit ist prinzipiell das Fundament für die Entwicklung neuer Messgeräte gelegt, mit denen man in Zukunft auch außerhalb des Labors direkt in der Natur Proben untersuchen kann.“
Originalpublikation: Shorny, A., Steiner, F., Hörner, H. et al. Imaging and identification of single nanoplastic particles and agglomerates, Sci Rep 13, 10275 (2023); DOI: 1038/s41598-023-37290-y
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