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Entstehung des Mondes Neuer Beweis zum Ursprung des Erdtrabanten

Von Marianne Lucien*

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Woher stammt der Mond? Diese Frage treibt Gelehrte und Astronomen seit Jahrhunderten um. Nun haben Forscher der ETH Zürich einen weiteren Beweis für die allgemein favorisierte Kollisionstheorie gefunden. Unser Trabant hat nämlich einst ein Andenken von der Erde mitgenommen...

Der Nachweis von Edelgasen in Meteoriten vom Mond ist ein weiteres Puzzleteil, das hilft, die Entstehung des Mondes besser zu verstehen.
Der Nachweis von Edelgasen in Meteoriten vom Mond ist ein weiteres Puzzleteil, das hilft, die Entstehung des Mondes besser zu verstehen.
(Bild: Romolo Tavani - stock.adobe.com)

Zürich/Schweiz – Jeden Abend können wir ihn am Nachthimmel sehen. Es ist, als wäre der Mond schon immer da gewesen. Wie er aber entstanden ist, dazu sind seit dem 19. Jahrhundert verschiedene Theorien aufgekommen: Er könnte weit weg von uns entstanden sein und auf seinem Weg durchs All vom Gravitationsfeld der Erde eingefangen worden sein. Er könnte sich zeitgleich zur Erde aus dem kosmischen Urnebel entstanden sein, oder sich von der noch jungen, heißen, (zäh)flüssigen und schnell rotierenden Proto-Erde als „Tropfen“ abgelöst haben. All das ist prinzipiell möglich, doch hat jede Theorie ihre Schwächen und Ungereimtheiten.

Allgemein als bestes Erklärungsmodell für die Mondentstehung gilt heute die „Giant Impact“-Theorie. Sie geht davon aus, dass der Mond durch eine massive Kollision zwischen der frühen Erde und einem anderen Himmelskörper entstanden ist. Einen starken neuen Beleg für diese Version haben nun Forscher der ETH Zürich geliefert. Sie zeigten, dass der Mond die Edelgase Helium und Neon aus dem Erdmantel geerbt hat. „Unsere Entdeckung bedeutet, dass in der Giant-Impact-Theorie auch die Edelgase als Faktor einzubeziehen sind“, sagt Henner Busemann, Professor am Institut für Geochemie und Petrologie der ETH Zürich.

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Gefangen in Glas: Irdische Edelgase auf dem Mond

Für die aktuelle Studie hat Busemanns Doktorandin Patrizia Will sechs Proben von Mondmeteoriten analysiert. Die Meteoriten wurden von der Nasa in der Antarktis gesammelt und der Forscherin für ihre Untersuchungen zur Verfügung gestellt. Sie bestimmte in diesen Meteoritenproben unter anderem den Gehalt der Edelgase Neon und Helium. Diese waren in einer viel größeren Menge vorhanden als erwartet und nur im separierten Glas, was den Sonnenwind als Quelle für die Edelgase ausschloss. Sie mussten also aus dem Innern des Mondes kommen und damit letzten Endes von der Erde vererbt sein. „Dass wir zum ersten Mal Edelgase in basaltischen Materialien vom Mond gefunden haben, die nicht aus dem Sonnenwind stammen können, ist eine aufregende Entdeckung“, freut sich Will.

Aufgrund ihrer neuen Erkenntnisse stellen sich die Forscher die Konservierung der Edelgase im Mondgestein so vor: Der junge Mond war vulkanisch aktiv. Magma quoll empor, und erstarrte rasch an der Oberfläche. Durch die rasche Abkühlung bildeten sich Glaspartikel, in welchen die mitgeführten Edelgase Neon und Helium konserviert wurden. Rasch deckten weitere Lavaströme diese Magmaschicht zu und schirmten sie vor kosmischer Strahlung ab, insbesondere vor Sonnenwinden. Dies verhinderte, dass sich chemische Elemente, die im Sonnenwind enthalten sind, in den Glaspartikeln einlagern und deren chemischen Fingerabdruck, die so genannte Isotopensignatur, verändern konnten.

Per Meteorit zur Erde

Aber wie gelangte das magmatische Mondmaterial mit den Edelgasen, was die Forscher für ihre Studie untersucht haben, auf die Erde? Da der Mond nicht durch eine Atmosphäre geschützt ist, schlagen ständig Asteroiden auf seiner Oberfläche ein. Ein solcher Einschlag war wahrscheinlich stark genug, um Bruchstücke aus den abgeschirmten Lavaschichten des Mondes herauszuschleudern. Diese Gesteinsfragmente gelangten als Meteoriten zur Erde. Viele werden in den Wüsten Nordwestafrikas oder, wie in diesem Fall, in der Antarktis gefunden.

Ihre Untersuchungen haben die Forscher im Edelgaslabor der ETH Zürich durchgeführt. Dort steht ein hochmodernes Edelgas-Massenspektrometer namens „Tom Dooley“. Seinen Namen erhielt das hochempfindliche Gerät in Anlehnung an einen amerikanischen Folksong, weil es an der Decke des Labors aufgehängt werden musste, um Störungen durch Vibrationen zu vermeiden. Mit dem Tom-Dooley-Instrument konnte das Forscherteam Glaspartikel von weniger als einem Millimeter Größe aus den Meteoriten messen. Das Gerät ist so empfindlich, dass es als weltweit einziges Instrument in der Lage ist, so geringe Konzentrationen von Helium und Neon nachzuweisen. Es wurde auch dafür eingesetzt, um diese Edelgase in Körnern des Murchison-Meteoriten nachzuweisen. Die Körner sind rund sieben Milliarden Jahre alt.

Auf der Suche nach den Ursprüngen des Lebens

Zu wissen, wo man in der Nasa-Sammlung von rund 70.000 Meteoriten suchen muss, ist bei einem solchen Projekt entscheidend. „Ich bin fest davon überzeugt, dass es einen Wettlauf um die Untersuchung schwerer Edelgase und Isotope in diesem Meteoritenmaterial geben wird“, sagt ETH-Professor Busemann. Er rechnet damit, dass Forscher in den Mondmeteoriten bald auch nach Edelgasen wie Xenon und Krypton sowie nach weiteren flüchtigen Elementen wie Wasserstoff oder Halogenen suchen werden.

„Obwohl Edelgase für das Leben nicht notwendig sind, wäre es interessant zu wissen, wie sie die brutale und gewaltsame Entstehung des Mondes überlebt haben. Dieses Wissen könnte Wissenschaftler:innen in der Geochemie und Geophysik helfen, neue Modelle zu entwickeln, die allgemeiner zeigen, wie solche höchst flüchtigen Elemente die Entstehung von Planeten in unserem Sonnensystem und darüber hinaus überleben können“, sagt Busemann.

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Originalpublikation: Will P, Busemann H, Riebe M, Maden C. Indigenous noble gases in the Moon's interior, Science Advances, 10 August 2022. DOI: 10.1126/sciadv.abl4920

* M. Lucien, ETH Zürich, 8092 Zürich/Schweiz

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