Wasseranalytik Normenvielfalt noch zeitgemäß?
Normierte Analysenverfahren machen gerade in der Wasseranalytik Sinn, werden sie doch oftmals zu gerichtsverbindlichen Entscheidungen herangezogen. Doch wie viele Normen werden gebraucht? Wir stellen eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation vor.
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Analysenergebnisse bilden die Grundlage für eine Ja-Nein-Entscheidung bei der Grenzwertüberschreitung. Die Anwendung eines genormten Analysenverfahrens hat den Vorteil, dass Analysenergebnisse auf einem hohen technischen Niveau erarbeitet werden und somit belastbar sind; photometrische Verfahren liefern dazu einen bedeutenden Beitrag. Die Tabellen 1, 2 und 3 (in der Bildergalerie) enthalten Übersichten über die aktuell genormten bzw. im Normungsprozess befindlichen photometrischen Verfahren beim DIN.
Für mehr als die Hälfte der Parameter wurden mehrere Normen entwickelt, die auf dem gleichen Farbstoffbildungsprinzip beruhen. In der LP-Ausgabe April 2015 [1] wurde deshalb die Frage aufgeworfen, ob aus fachlichen Gründen nicht von einer Gleichwertigkeit der analytischen Grundverfahren ausgegangen werden könne, wenn in verschiedenen Normen für den Nachweis des Analyten die gleiche Farbstoffreaktion durchgeführt wird. Hintergrund der Fragestellung ist die wiederholt geführte Diskussion zum Status einer deutschen Norm und deren Verankerung in einer Umweltrechtsvorschrift.
Status einer deutschen Norm und Rechtssicherheit
Eine Norm ist eine Empfehlung. Der Analytiker entscheidet, ob er sie anwendet oder nicht. Normen für die Wasseranalytik sind primär validierte Verfahren, die ohne besonderen, erhöhten Aufwand das Portfolio akkreditierter Verfahren eines Labors ergänzen können. Normung bedeutet aber auch Ausschluss von Alternativen, weshalb die Erarbeitung weiterer Normen, die sich mit der Bestimmung desselben Parameters befassen, erforderlich sein kann (z.B. Einsatz für einen anderen Anwendungsbereich).
Verbindlich wird die Anwendung einer Norm, wenn sie in einer Rechtsvorschrift oder in einem Privatvertrag zitiert wird [2]. Wenn Untersuchungen im Rahmen einer Rechtsvorschrift vorzunehmen sind, müssen die Ergebnisse justiziabel sein, das heißt, im Streitfall einer verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung standhalten [3].
So erfolgt die Überwachung der Trinkwasserqualität mittels richtigkeitsorientierter Verfahren. Der Analytiker kann dabei das Analysenverfahren seiner Wahl anwenden, solange die Vorgaben zum zulässigen analytischen Fehler hinsichtlich Richtigkeit und Präzision am Grenzwert sowie eine definierte Nachweisgrenze eingehalten werden [4].
Für die Analytik im gesetzlich geregelten Abwasserbereich müssen demgegenüber operationelle Verfahren eingesetzt werden. Messobjekt (Analyt) und Beurteilungsobjekt (Analysenverfahren) bilden eine Einheit. Es gilt die Prämisse, dass nur der Einsatz des festgelegten Verfahrens zu konventionell richtigen Ergebnissen führt. Im Sinne dieser Forderung ist Ammonium das, was gemessen wird, wenn das in der Abwasserverordnung (AbwV) [5] festgelegte Verfahren angewandt wird [3].
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