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Partikelform Partikelformbestimmung polymorpher Kristallformen

Autor / Redakteur: Deborah Huck* / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Die Kristallform einer Substanz ist häufig entscheidend bei ihrem Einsatz in der Produktion. Lesen Sie, wie am Beispiel der Glutaminsäure ein Partikelanalysesystem zu dieser Aufgabe beitragen kann.

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Die Partikelform mit mikroskopischen Mitteln zu beurteilen war bisher äußerst problematisch, denn die Ergebnisse hatten häufig geringe Aussagekraft: Sie waren zeitaufwändig zu generieren und statistisch insignifikant. Schnelle Methoden wie die Ensemblepartikelmesstechnik sind zur Bestimmung der Kristallform hingegen nicht sensitiv genug. Neue automatisierte Partikelcharakterisierungs-Techniken inklusive automatisierter Dispergierung selbst fragiler Substanzen erlauben es, schnelle und statistisch signifikante Werte zu ermitteln, die Aussagen über Kristallisationsprozesse und die Entstehung unterschiedlicher Polymorphe zulassen.

Chemische Substanzen existieren häufig in unterschiedlichen Kristallformen (Polymorphie). Verschiedene Polymorphe haben unterschiedliche physikalische und chemische Eigenschaften. Aus diesem Grund ist es für deren Weiterverarbeitung und Anwendung von Bedeutung, die Polymorphie zu verstehen und die Ausbildung bestimmter Kristallformen in Prozessen zu steuern. Eigenschaften wie der Schmelzpunkt, die Löslichkeit oder das Kristallisierungsverhalten sind bei verschiedenen Kristallformen unterschiedlich und beeinflussen ihrerseits andere Parameter. Dies sind u.a. Fließeigenschaften, das Mahlverhalten aber auch die Stabilität des Endprodukts. Bei pharmazeutischen Wirkstoffen haben solche Eigenschaf-ten einen großen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit. Häufig ist diese eine Funktion der Kristallform.

In der pharmazeutischen Industrie, der Nahrungsmittelindustrie und in der Chemie spielt die polymorphe Reinheit somit eine große Rolle und ist ein wichtiges Kriterium für die Spezifikation einer Substanz. Hat nur eine bestimmte Kristallform die gewünschten Eigenschaften für Verarbeitung oder Wirksamkeit kann die Anwesenheit anderer Kristallformen auch nur in geringen Mengen Probleme bei der Verarbeitung machen oder die Qualität des Endprodukts beeinflussen.

Erkennen der Kristallform

Die Problematik Kristallformen zu bestimmen wird anhand der L-Glutaminsäure beleuchtet. Diese Substanz wird in der Lebensmittelindustrie häufig eingesetzt, beispielsweise um Natriumglutamat herzustellen.

Bilder und Analysen mit dem Partikel-Image-Analyser Morphologi G3 zeigen, wie die Partikelform genutzt werden kann, um Unterschiede in der Kristallform zu erkennen. Dieses analytische Verfahren ist eine kostengünstige Möglichkeit die Polymorphie in der Prozessumgebung zu charakterisieren.

Beispiel: α-oder β-L-Glutaminsäure?

L-Glutaminsäure ist eine monotrophe polymorphe Substanz. Transformationen zwischen α- und β-polymorphen Formen sind lösungsmittelabhängig. Die α-polymorphe Form der L-Glutaminsäure hat eine körnige Form (s. Abb. 2) während die β-Form eine nadelförmige Flockenstruktur zeigt (s. Abb. 3). Für die Produktion von Natriumglutamat wird die α-Form bevorzugt, da sie in der Weiterverarbeitung robuster ist. Das β-Polymorph neigt dazu während der Verarbeitung zu brechen und lässt sich deswegen deutlich schlechter verarbeiten. Bei der Herstellung durch Kristallisation jedoch ist das α-Polymorph die weniger stabile Form der L-Glutaminsäure, weshalb während des Herstellprozesses dafür gesorgt werden muss, dass Material mit den erforderlichen polymorphen Spezifikationen entsteht.

Chargen der α-polymorphen Form werden durch schnelles Abkühlen während des Kristallisationsprozesses hergestellt. Sind die Kühlraten zu gering entsteht die β-Form, häufig durch eine Kristallisation an der α-Form. Beobachtungen der Partikelform geben Anhaltspunkte für das korrekte Ablaufen des Prozesses oder die Ausbildung von Transformationen (s. Abb. 4). Die Anwendung der volumenbasierenden Partikelgrößenverteilungsanalyse alleine, d.h. die Ensemblemesstechnik mittels Laserbeugung reicht nicht aus, um zwischen den unterschiedlichen polymorphen Formen zu differenzieren. Die Formbestimmung erlaubt es hingegen Unterschiede zwischen den Chargen zu erkennen.

Detektion von Größe und Form

Das Morphologi G3 verbindet automatisierte Mikroskopie mit digitaler Bildverarbeitung, um Partikelgröße und Partikelform mit statistisch signifikantem Datenumfang zu bestimmen. Daten zur Größe und Form werden aufgenommen, Bilder jedes einzelnen Partikels werden gespeichert und erlauben zu jedem späteren Zeitpunkt die visuelle Verifikation.

Die Analyse von Hunderttausenden Partikeln erfolgt dabei weitgehend automatisiert.

Probenvorbereitung ist das A & O

Wie bei jeder analytischen Vorgehensweise, ist die sehr gute Probenvorbereitung von entscheidender Bedeutung. Bei modernen Systemen gehört das manuelle Aufbringen der zu bestimmenden Substanz mit dem Spatel auf den Objektträger der Vergangenheit an. Eine entscheidende Rolle für die stets gleichbleibende geregelte Probenvorbereitung spielt eine neue voll integrierte Trockenpulver-Dispergiereinheit. Die präzise Softwareüberwachung aller Dispergierparameter gewährleistet reproduzierbare Trockenpulver-Dispergierungen mit konsistenter und kontrollierter Partikelausrichtung bei einer Vielzahl von Materialien. Der Probenraum ist komplett verschlossen und das System ermöglicht die einfache Dispergierung von Schüttgut, sowie die Aufbereitung vieler Teilproben.

Zur Messung gibt man die Substanz in eine kleine Kapsel, die in die Dispergiereinheit eingelegt wird. Eine dünne Alufolie schließt dabei die Kapsel ab. Durch Überdruck wird diese Folie zerstört und das Pulver direkt auf den Glasobjektträger aufgebracht. Dabei werden Druck, die notwendige Injektionszeit und die Settlement-Zeit bei der Methodenentwicklung genau ermittelt und dann definiert. Die Parameter lassen sich im Rahmen einer SOP (Standard Operating Procedure, festgelegte Prüfvorschrift) festhalten, sodass die Reproduzierbarkeit gewährleistet ist.

Die Probe wird komplett auf einen Messkreis mit 80 mm Durchmesser aufgebracht. Häufig ist es aus Geschwindigkeitsgründen angebracht, nicht den gesamten Kreisinhalt zu messen. Daher ist die Dispergiereinheit so ausgelegt, dass die Homogenität des Probenauftrags an jeder Stelle des Kreises gewährleistet ist. Dies lässt die Messung von Teilbereichen zu, was ein entscheidender Faktor für Analysen mit deutlich kürzeren Messzeiten ist. Eine solche Vorgehensweise wurde in diversen Versuchen verifiziert.

Polymorphe der L-Glutaminsäure

Drei Chargen der L-Glutaminsäure A,B und C wurden bei 2,5-facher Vergrößerung nach einer SOP gemessen.

Die volumenbasierende Partikelgrößenverteilung dieser drei Substanzen ist weitgehend gleich (s. Abb. 5). Eine Formverteilung, erzeugt durch die Image-Analysis-Toolbox zeigt, dass Probe C bezüglich der Zirkularität von den Proben A und B deutlich abweicht (s. Ab. 6).

Die Zirkularität ist eine Maßzahl, die angibt wie nahe die Form eines Partikels an der des perfekten Kreises liegt (s. Abb. 7). Sie wird nach folgender Formel berechnet: HS (Circularity) = 4πA/P2 mit A als Fläche und P dem aktuellen Umfang.

Das System speichert alle Bilder der gemessenen Partikel zusammen mit den individuellen morphologischen Parametern. Ebenso speichert es die x- und y-Koordinaten jedes gemessenen Partikels. Auf diese Weise lassen sich individuelle Partikel nochmals genauer in einem manuellen Mikroskop-Modus gegebenenfalls bei höherer Vergrößerung überprüfen.

Eine Studie zur Überprüfung der Partikel aus Charge C ergab z.B., dass viele der α-polymorphen Partikel β-polymorphe Kristalle an ihrer Oberfläche ausbilden (s. Abb. 4). Dies deutet darauf hin, dass es bei Charge C zu Problemen während des Kühlungsprozesses kam.

Fazit: Diese Studie zeigt am Beispiel der L-Glutaminsäure, wie das Morphologi G3 zur Beobachtung von Kristallisationsprozessen benutzt werden kann. Über Formparameter lassen sich verschiedene Polymorphe schnell und kostengünstig identifizieren. Dies lässt sich mit Partikelgrößenverteilungsdaten allein nicht realisieren. So erlaubt die sensitive Partikelformbestimmung eine frühe Diagnose von Kristallisationsproblemen und dient auf diese Weise der Prozessoptimierung. Denn idealerweise wird im Rahmen der Kristallisationsoptimierung der Kristallisationsprozess nicht nur in Bezug auf Ausbeute, Kosten, Zeit oder Umweltverträglichkeit optimiert, sondern auch bezüglich Morphologie und Partikelgröße.

*D. Huck, Malvern Instruments Ltd, Worcestershire/Großbritannien

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