Einblicke in Prozess der Gefriertrocknung So verschwindet das Wasser beim Gefriertrocknen
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Ob Trockenfrüchte im Müsli oder Arzneistoffe in der Medizin – die Gefriertrocknung findet in vielen Bereichen Anwendung. Nun haben Forscher erstmals live mithilfe von Neutronenstrahlung verfolgt, wie sich das gefrorene Wasser bei der Gefriertrocknung aus der Probe verflüchtigt. Sie hoffen, mit den neuen Erkenntnissen den Prozess in Zukunft schneller und kostensparender zu gestalten.

Freising – Wer kennt es nicht: Die Zeit am Morgen ist knapp, am Frühstückstisch muss es schnell gehen. Das Früchtemüsli wird in die Schale gekippt, ein paar Löffel Joghurt dazu, fertig. So manch einer ist hier vielleicht schon einmal ins Grübeln gekommen, weshalb genau die Himbeeren so frisch und lecker aussehen.
Die Technik, die das möglich macht, ist die Gefriertrocknung. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) und der Otto von Guericke Universität Magdeburg haben dieses Verfahren nun mithilfe von Neutronen genauer unter die Lupe genommen. Erstmalig gelang es ihnen so, den direkten Übergang von Eis zu Dampf bei der Gefriertrocknung von Partikeln zu beobachten.
Aussehen und Struktur konservieren
„Die Gefriertrocknung ist ein Verfahren, das vor allem in der Pharmazie und Lebensmittelbranche zum Einsatz kommt“, sagt Sebastian Gruber, Erstautor der Studie und Doktorand der Lebensmitteltechnologie an der TUM. Zur Gefriertrocknung werden wasserhaltige Objekte eingefroren und in einer Vakuumkammer platziert. Bei Unterdruck wird dann Wärme zugeführt, woraufhin das gefrorene Wasser sublimiert, also direkt von seinem festen in den gasförmigen Zustand übergeht. Zurück bleibt die entwässerte, unveränderte Struktur des Materials.
Aus diesem Grund sehen gefriergetrocknete Himbeeren fast aus wie frisch vom Strauch. Doch es kommt nicht nur auf die Optik an: Nahrungsmittel behalten ihren Geschmack und Medikamente werden haltbar gemacht, ohne ihre Wirksamkeit zu verlieren.
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Krankheitserreger und Pestizid-Rückstände
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In der Literatur existieren theoretische Modelle über den Gefriertrocknungsprozess. „Bisher hat aber noch nie jemand experimentell überprüft, nach welchem Muster das Eis in Partikeln tatsächlich sublimiert“, betont Gruber. Genau dieser Sublimationsfront, also dem Bereich, in dem das Eis verdampft, sind die Forscher in ihren Experimenten nachgegangen.
Zwei Arten von Sublimationsfronten entdeckt
Für ihre Versuche nutzten die Wissenschaftler die Neutronen-Radiographie-Anlage „Antares“ der Garchinger Forschungs-Neutronenquelle. Denn Neutronen machen Wasser sehr gut sichtbar. Zudem eignet sich die Anlage für Messungen bei niedrigem Druck und tiefen Temperaturen. Mit der Neutronenradiographie- und -tomographie und erzeugten sie 2D- und 3D-Bilder des Sublimationsprozesses einer Probe aus Zuckerpartikeln (Maltodextrin).
Dabei fanden sie heraus, dass es zwei Arten von Sublimationsfronten gibt. Die eine läuft vom Boden des Probengefäßes nach oben und schließt die Gesamtheit der Partikel in der Probe ein. Aber jedes einzelne Zuckerteilchen hatte seine eigene Sublimationsfront, die von der Oberfläche des Partikels in Richtung Partikelkern fortschritt.
Das Video zeigt die Gefriertrocknungszelle mit Maltodextrinpartikeln im Zeitraffer: Innerhalb von 15 Stunden trocknet die unterste Partikelschicht der Probe. Am Gefäßboden erkennt man die planare Sublimationsfront, die sich von unten nach oben bewegt. (© Dr. Michael Schulz / TUM)
Ergebnisse sollen Zeit und Kosten sparen
„Unser Ziel ist, die Forschung beim Gefriertrocknungsverfahren weiter voranzutreiben, um in Zukunft bessere Prozessbedingungen zu schaffen“, sagt Gruber. „Denn sind Partikelgröße, Druck oder Temperatur beim Sublimationsprozess nicht optimal aufeinander abgestimmt, kann es zu einem strukturellem Kollaps und damit zu Qualitäts- oder Wirkstoffverlust kommen.“
Aktuell wirkt die Industrie diesen unerwünschten Phänomenen mit langsameren Trocknungsprozessen entgegen. Das nun experimentell bestätigte Verhalten der Sublimationsfront könnte daher dazu beitragen, diesen Zeitaufwand zu minimieren und damit Energie und Kosten sparen.
Originalpublikation: S. Gruber, N. Vorhauer, M. Schulz, M. Hilmer, J. Peters, E. Tsotsas, P. Foerst: Estimation of the local sublimation front velocities from neutron radiography and tomography of particulate matter, Chemical Engineering Science, 211, 16. Januar 2020, 115268. DOI: 10.1016/j.ces.2019.115268
* Dr. A. Battenberg, Technische Universität München, 85748 Garching b. München
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