Gaschromatographie Vollständiges PCB-Profil gaschromatographisch in zwölf Minuten bestimmen
Hohe Geschwindigkeit bei gleichzeitig niedrigen Nachweisgrenzen: Diese Forderung an die Analytiker ist oft nur schwer in die Tat umzusetzen. Die Wissenschaftler des Research Institutes for Chromatography (RIC) in Belgien machen am Nachweis von polychlorierten Biphenylen (PCB) aus Altöl vor, dass Schnelligkeit und genaue Ergebnisse kein Widerspruch sein müssen. Hierbei setzen sie auf eine GC-Methode mit der Festphasenextraktion als Probenvorbereitung.
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Die Novelle der Altölverordnung (AltölV) räumt der Aufbereitung von Altölen zu Basisölen den Vorrang ein. Basisöle dienen als Grundkomponente bei der Herstellung von Schmierstoffen: Erst der Zusatz geeigneter Chemikalien macht aus einem Basisöl einen Schmierstoff, wie er in Motoren oder Getrieben, in der Hydraulik oder einer Maschine zum reibungslosen Betrieb benötigt wird. Außerdem kommt es als Kühlmittel zum Wärmeabtransport in Transformatoren oder Aggregaten zum Einsatz.
Kehrseite der Medaille
Bei Altöl-typischen Fremdstoffen handelt es sich um Komponenten, die dem Öl zugesetzt wurden beziehungsweise durch Alterung und Verschleiß entstanden sind. Das kann durch metallischen Abrieb, Kraftstoffreste, Ruß, Asphaltharze oder Wasser geschehen. Motoröle enthalten durch ihre Herstellung bedingt, krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), deren Gehalt sich im Laufe der Belastung erheblich steigern kann. „Die Konzentration von Benzo(a)pyren etwa, dem wohl giftigsten PAK, liegt in gebrauchtem Schmieröl um bis zu tausendmal höher als in frischem Öl“, schildert Thomas Heisel vom zentralen Chemikalienlager der Universität des Saarlandes.
Als besonders problematisch erweisen sich bei der Aufbereitung Altöle, denen polychlorierte Biphenyle (PCB, s. Kasten Hintergrund) zugesetzt wurden. In der Vergangenheit waren das hauptsächlich Hydrauliköle. Aufgrund ihrer geringen elektrischen Leitfähigkeit fanden PCB auch Verwendung in Kühl- und Isolierölen, die für den Einsatz speziell in Kondensatoren und Transformatoren vorgesehen waren. Aufgrund ihrer karzinogenen Wirkung wurde die Produktion und Verwendung von PCB in Deutschland verboten. Dennoch sind sie in Form von Altlasten allgegenwärtig und ubiquitär. PCB sind heute mehr denn je ein Thema.
Mit Inkrafttreten der AltölV im April 2002, wurden Altöle erstmals in die Sammelkategorien I, II, III und IV eingrup-piert. Seitdem dürfen sie nicht mehr miteinander gemischt werden, sondern sind sortenrein zu sammeln und zu entsorgen.
Alle Altöle der Kategorie I, dazu zählen Motoren-, Getriebe- und Hydrauliköle, die im weitesten Sinne frei sind von Schadstoffen, die sich im Verlauf der Verarbeitung im Produkt anreichern könnten, sind vorrangig stofflich zu verwerten. Altöle mit einem Gehalt von 20 ppm PCB beziehungsweise einem Gesamthalogengehalt von 2 g/kg und mehr dürfen nicht recycelt werden, sofern sich die enthaltenen Schadstoffe nicht sicher zerstören lassen, schreibt das Umweltbundesamt (BAM).
Um eine differenzierte Einstufung vornehmen zu können, müssen Altöle einer genauen Untersuchung unterzogen werden, wobei der Analyse des PCB- und Gesamtchlorgehalts eine besondere Bedeutung zukommt.
Zeit und Mühe sparen
Die Analyse des PCB-Gehalts in Altöl ist nach DIN-Normen geregelt. „Im Mittelpunkt der Probenvorbereitung steht die Extraktion der Probe über feste Phasen (Solid-Phase-Extraction, SPE), die herkömmlicherweise manuell erfolgt und überaus arbeits- und zeitintensiv ist. Die GC-Analyse mit anschließender Messung in einem Elektroneneinfangdetektor (ECD) dauert rund 40 Minuten“, schreiben Karin Jacq, Bart Tienpont und Frank Davis vom Research Institutes for Chromatography (RIC) im belgischen Kortrijk in einer Veröffentlichung. Ein Zustand, der sich für die drei Wissenschaftler als überarbeitungswürdig erwies.
Um die Analysendauer zu verkürzen und den Vorgang zu vereinfachen, gingen Jacq und Kollegen zunächst dazu über, die Festphasenextraktion zu automatisieren und mit dem GC-Lauf zeitlich zu verschachteln. Sie nutzen dafür den Multi-Purpose-Sampler (MPS) von Gerstel, der über eine integrierte SPE-Option verfügt. Für die automatisierte SPE kamen drei-Milliliter-Standardkartuschen (SA/SiOH, Nr. 730132, Macherey-Nagel) mit 500 Milligramm fester Phase zum Einsatz. Die Kartuschen sind derart verschlossenen, dass zwischen Deckel und Kartuschenpackung kein Totvolumen resultiert.
Die Probe sowie alle erforderlichen Lösungen wurden unter positivem Druck mit einer Spritze auf die Säule gegeben, wodurch sich eine optimale Kontrolle sämtlicher Elutionsschritte sicherstellen ließ. Die Steuerung der Probenvorbereitung erfolgte softwaregestützt mit der Gerstel-Maestro-Software aus der Chem-Station von Agilent Technologies heraus.
160 Milligramm Probe wurden in 2 mL Vials eingewogen, mit 1 Milliliter Hexan versetzt, homogenisiert und auf dem Probenteller des MPS positioniert, der die vier nächsten Schritte automatisiert durchführte:
- Konditionierung der Kartuschenpackung mit 1,5 mL Hexan,
- Entnahme von 250 µL Probe aus dem Vial und Aufgaben auf die Kartuschenpackung,
- Spülen des Säulenbetts mit 0,5 mL Hexan sowie die
- Elution des Analyten mit zweimal 2,5 mL Hexan (Aufnahme des Analyten in einem 10-mL-Vial).
Optional ließ sich ein interner Standard, im vorliegenden Fall Oktachlornaphtalen in 1 mL Hexan, vor Aufgabe auf das Säulenbett der SPE-Kartusche der Probe zudosieren. Die anschließende gaschromatographische Detektion wurde auf einem GC 6890 von Agilent Technologies in Verbindung mit einem Agilent-ECD durchgeführt. Um eine höhere Trennleistung im Sinne der Fast-GC zu erreichen, wurde der GC 6890 mit dem Modular-Accelerated-Column-Heater (Mach) von Gerstel ausgestattet. Hierbei handelt es sich um ein Heizmodul für Standard-Kapillar-Säulen, das mit Heizraten von bis zu 1800 °C/min arbeitet; die Abkühlung, etwa von 240 auf 40 °C, erfolgt innerhalb von 30 Sekunden. Das System basiert auf der so genannten Low-Thermal-Mass-Technology (LTM): Der Aufbau ist nahezu frei von Isoliermaterialien, Metallplatten oder Totvolumina, die im Verlauf eines Temperaturprogramms mit erhitzt beziehungsweise abgekühlt werden müssten. Ansteuern lässt sich der Mach aus der Chem-Station von Agilent.
Der PTV-Injektor des GC 6890, ein Kalt-Aufgabe-System (KAS) von Gerstel, arbeitet im Splitlos-Modus; die Betriebstemperatur war 300 °C. Als Trägergas kam Wasserstoff zum Einsatz, der Säulenfluss betrug konstant 1,5 Milliliter pro Minute. Vom PTV-Injektor führte eine 20 Zentimeter lange Kieselglassäule mit 180 µm Innendurchmesser durch den GC-Ofen, der auf konstant 320 °C eingestellt war, zum Eingang der Trennsäule im Mach. Hierfür wählte das RIC-Team eine 20 Meter lange Kapillarsäule (Restek Corporation) mit 180 µm Innendurchmesser und einer sta-tionären Phase, bestehend aus 0,18 µm Rtx-PCB. Vom Ausgang der Trennsäule zum ECD führte wiederum eine 20 Zentimeter lange Kieselglassäule mit 180 µm Innendurchmesser. Beide Transfersäulen waren mit Anschlusstücken, die über ein geringes Totvolumen verfügten, mit der Kapillarsäule verbunden.
Das Mach-Modul wurde mit folgendem Temperaturprogramm betrieben: Von 100 Grad ausgehend wurde die Temperatur mit 100 °C/min auf 200 Grad gesteigert und unverzüglich weiter mit einer Heizrate von 10 °C/min auf 300 Grad. Die Temperatur der Transfersäule betrug konstant 320 Grad. Die Temperatur des ECD war auf 330 Grad eingestellt und die Daten wurden mit einer Frequenz von 50 Hz aufgezeichnet.
Ergebnisse
Zunächst untersuchten die Wissenschaftler des RIC die Leistungsfähigkeit ihres Analysensystems mithilfe einer Mischung verschiedener PCB-Kongenere (M-8082 AccuStandard, 100 pg/µL in Hexan). Nachdem dieser Versuch erfolgreich verlaufen war, wurde der PCB-Gehalt eines Altölstandards analysiert, der die sechs PCB-Kongenere 28, 52, 101, 138, 153 und 180 enthielt. Zur Quantifizierung des PCB-Gesamtgehaltes werden diese PCB-Kongener quantifiziert und die Summe mit einem von der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) empirisch festgelegten Faktor fünf multipliziert, heißt es in einem Dokument des BAM. Im Anschluss an diese Messung untersuchten Jacq und Kollegen die hochgradig kontaminierte Altölprobe eines Auftraggebers. Das Ergebnis: Die Analyse hochkomplexer Altölproben auf PCB mit dem vom RIC verwendeten MACH-GC/ECD-System inklusive automatisierter Festphasenextraktion liefert erstklassige Resultate. „Der Nachweis von PCB erfolgt über einen weiten Konzentrationsbereich, sprich von kleiner 1 ppb bis über 50 mg/L, mit hoher Wiederholbarkeit und Wiederfindung und zwar in weniger als 15 Minuten“, schreiben Jacq und Kollegen.
Hintergrund: Polychlorierte Biphenyle (PCB) bringen erhebliche Umweltbelastungen mit sich
PCB sind schwer abbaubare chlorierte aromatische Verbindungen, die sich in 209 Einzelkomponenten, so genannte Kongenere, unterteilen. Das chemische Grundgerüst der PCB bilden zwei gegeneinander frei drehbare Phenylringe. International durchgesetzt hat sich die Nomenklatur der PCB nach Ballschmiter, nach der alle 209 Kongenere durchnummeriert werden. Die Reihenfolge wird einerseits durch die Anzahl der Chlor-atome im Molekül, andererseits innerhalb der Gruppe mit gleicher Anzahl Chloratome durch die Stellung der Chlor-atome festgelegt. Aufgrund ihrer Resistenz gegenüber photolytischer, biologischer und chemischer Zersetzung sind PCB und polychlorierte Terphenyle ubiquitär. Sie reichern sich in der Nahrungskette an und können zu erheblichen Gesundheits- und Umweltschäden führen. Im Brandfall können aus polychlorierten Biphenylen und polychlorierten Terphenylen toxische chlorierte Dibenzofurane entstehen. PCB gehören zur Gruppe der „Persistent Organic Pollutants (POP)“, die von der Umweltbehörde der Vereinten Nationen als besonders gefährliche Industriechemikalien eingestuft wurden. In der Bundesrepublik Deutschland werden diese Stoffe seit 1983 nicht mehr produziert.
*G. Deußing, Science Communication,41464 Neuss
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