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Evolutionsgeschichte von Darmmikroben Von Menschen, Därmen und Mikroben

Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Institut für Biologie

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Mit der Ausbreitung über die ganze Welt hat der Mensch stets auch seine Darmmikroben mitgenommen. Wie sehr unser innerer Bakterienstaat mit unserer Evolutionsgeschichte verknüpft ist, zeigt nun eine Studie von Forschern des Max-Planck-Instituts für Biologie.

Darmmikroben verbreiten sich mit ihren menschlichen Wirten über den Globus.
Darmmikroben verbreiten sich mit ihren menschlichen Wirten über den Globus.
(Bild: MPI für Biologie)

Tübingen – Das menschliche Darmmikrobiom ist die Gesamtheit der Tausenden verschiedenen Bakterien und Archaeen im Darm. Viele Mikrobenspezies im menschlichen Darm sind in verschiedensten Bevölkerungsgruppen auf der ganzen Welt zu finden. Die Stämme innerhalb einer Mikrobenart unterscheiden sich jedoch erheblich zwischen Individuen und Populationen. Trotz ihrer Bedeutung für die menschliche Gesundheit war bisher wenig über die Entwicklung der verschiedenen Stämme bekannt. Angesichts dessen, dass zudem die meisten dieser Stämme fast ausschließlich im menschlichen Darm vorkommen, stellt sich die Frage nach ihrer Herkunft.

Ähnliche Vergangenheit von Mensch und Mikrobe

Ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Biologie in Tübingen stellte die Vermutung auf, dass bestimmte Arten und Stämme den Menschen bei der Ausbreitung über die Erde begleitet und sich in seinem Darm parallel mitentwickelt haben. Dazu verglichen die Forscher gemeinsam mit Kollegen des Instituts für Tropenmedizin und des Exzellenzclusters CMFI der Universität Tübingen erstmals systematisch die Evolutionsgeschichten von Menschen und Darmmikroben. Die Wissenschaftler erstellten dazu Stammbäume für 1225 menschliche Versuchspersonen sowie für 59 Mikrobenarten aus deren Darm. Mithilfe von statistischen Tests analysierten sie, wie gut diese Stammbäume übereinstimmten.

Über 60 Prozent der untersuchten Mikrobenspezies zeigten eine parallele Stammesgeschichte zu ihrem menschlichen Wirt. Dies weist darauf hin, dass sich diese Mikroben über Hunderttausende Jahre hinweg im menschlichen Darm weiterentwickelten, während die Menschen sich von Afrika aus über die Kontinente ausbreiteten. „Wir wussten bisher nicht, dass unsere Darmmikroben unserer Evolutionsgeschichte so genau gefolgt sind“, sagt Ruth Ley, die Leiterin der Abteilung für Mikrobiomforschung am Max-Planck-Institut für Biologie, wo die Studie durchgeführt wurde. „Bemerkenswert ist auch, dass diejenigen Stämme, die unserer Entwicklungsgeschichte am engsten gefolgt sind, nun am meisten von der Darmumgebung abhängig sind“, fügt Ley hinzu.

Frei oder abhängig? Bakterien sind unterschiedlich stark gebunden

Welche Auswirkungen die lange gemeinsame Geschichte von Mensch und Mikroben hat, zeigt die Studie ebenfalls. So sind einige der Mikrobenstämme, die sich zusammen mit dem Menschen entwickelt haben, stark von der menschlichen Darmumgebung abhängig: Sie besitzen kleinere Genome und reagieren empfindlicher auf Abweichungen in Sauerstoffgehalt und Temperatur – Merkmale, die ein Überleben außerhalb des menschlichen Körpers erschweren. Im Gegensatz dazu zeigten Mikroorganismen, die eine schwächere Verbindung mit der menschlichen Geschichte aufwiesen, mehr Eigenschaften von freilebenden Bakterien.

Einige der Darmmikroben verhalten sich, als seien sie Teil des menschlichen Erbguts.

Taichi Suzuki, Max-Planck-Institut für Biologie

„Diese Mikroben befinden sich sozusagen irgendwo im Spektrum von ‚freilebend‘ bis hin zu abhängig von der menschlichen Körperumgebung“, sagt Taichi Suzuki, der zusammen mit seinem Kollegen Liam Fitzstevens Erstautor der Studie ist. „Wir konnten zeigen, dass einige Darmbakterien des Menschen in diesem Spektrum weiter in Richtung irreversibler Abhängigkeit gekommen sind als bisher angenommen.“

Proben aus der ganzen Welt unntersucht

Um Daten einer breitgefächerten Stichprobe unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen weltweit zu erhalten, analysierte das Forschungsteam die Darmmikroben und Genome von 1225 Personen in Europa, Asien und Afrika. Die Stuhl- und Speichelproben wurden mithilfe von Forschern des Instituts für Tropenmedizin der Universität Tübingen und deren Partnerorganisationen in Vietnam und Gabun gesammelt. Darüber hinaus unterstützten Wissenschaftler auf der ganzen Welt die Studie mit vergleichbaren Datensätze von Teilnehmern aus Kamerun, Südkorea und dem Vereinigten Königreich.

Die Ergebnisse der Studie tragen zum besseren Verständnis von Mikroben bei, die seit langem zu bestimmten Bevölkerungsgruppen gehören. Mikrobiom-Krankheitstherapien können mit diesem Wissen besser auf die jeweilige lokale Bevölkerung angepasst und verfeinert werden.

Originalpublikation: Taichi A. Suzuki, J. Liam Fitzstevens, Victor T. Schmidt, Hagay Enav, Kelsey E. Huus, Mirabeau Mbong Ngwese, Anne Grießhammer, Anne Pfleiderer, Bayode R. Adegbite, Jeannot F. Zinsou, Meral Esen, Thirumalaisamy P. Velavan, Ayola A. Adegnika, Le Huu Song, Timothy D. Spector, Amanda L. Muehlbauer, Nina Marchi, Hyena Kang, Lisa Maier, Ran Blekhman, Laure Ségurel, GwangPyo Ko, Nicholas D. Youngblut, Peter Kremsner, Ruth E. Ley: Codiversification of gut microbiota with humans, Science, Vol. 377, Issue 6612, pp. 1328-1332 (2022); DOI: 10.1126/science.abm7759

(ID:48622679)

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