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Gesundheitliche Folgen durch Mikro- und Nanoplastik Wann Plastik unsere Zellen schädigen kann

Quelle: Pressemitteilung

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Wohl jeder von uns trägt Plastik in sich – winzige Kunststoffpartikel, die wir mit der Nahrung, dem Trinken oder auch mit der Atemluft aufnehmen. Wie die Zelle unseres Körpers auf Mikro- oder Nanoplastik reagieren, hat nun eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung näher untersucht.

In Zellkulturen haben Forscher untersucht, wie sich Mikro- und Nanoplastik auf den Organismus auswirken kann (Symbolbild).
In Zellkulturen haben Forscher untersucht, wie sich Mikro- und Nanoplastik auf den Organismus auswirken kann (Symbolbild).
(Bild: Drew Hays)

Berlin – Plastikteilchen gelangen aus verwitterndem und zerfallendem Kunststoff, Autoreifenabrieb, Kleidung und vielen anderen Quellen in die Umwelt. Dadurch können verschiedene Arten von Mikroplastikteilchen eingeatmet oder mit Getränken und Lebensmitteln aufgenommen werden.

Als vergleichsweise geringes Risiko für die menschliche Gesundheit gilt nach derzeitigem Wissensstand Mikroplastik. Es ist zwischen einem Mikrometer und fünf Millimeter groß und damit zu „sperrig“, um von menschlichen Zellen in nennenswertem Umfang aufgenommen und im Körper verteilt zu werden. Als unverdaulicher Fremdkörper wird es deshalb größtenteils wieder ausgeschieden.

Versuche mit Zellkulturen

Anders sieht es bei kleineren Partikeln aus, dem Submikro- und Nanoplastik. Diese Teilchen sind zwischen einem und 1.000 Nanometer groß. Hier ist bislang noch nicht sicher bekannt, ob und in welchen Mengen sie in den menschlichen Körper gelangen können.

Dr. Holger Sieg und sein Team vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beschäftigten sich mit Submikrometer- und Nanoplastik und ihren Effekten auf menschliche Dünndarm- und Leberzellen. Weil diese Partikel so klein und schwer zu studieren sind, ist es kein leichtes Unterfangen, zu zuverlässigen Erkenntnissen über ihre Einflüsse auf menschliches Gewebe zu gelangen. Das BfR-Team benutzte dazu u. a. verschiedene Mikroskopier- und Prüfverfahren. Die Zellen wurden verschiedenen Kunststoffen ausgesetzt, die etwa in Plastikgeschirr und -besteck oder in Lebensmittelverpackungen vorkommen. „Mit dieser Untersuchung wollen wir helfen, die noch ziemlich großen Wissenslücken beim Thema gesundheitliche Effekte von ,Nanoplastik‘ zu schließen“, sagt der Studienleiter. „Allerdings handelt es sich um Laborversuche mit Zellkulturen, die man nicht einfach auf den Menschen übertragen kann.“

Mikropartikel sind weniger das Problem, aber Nanoplastik…

Es zeigte sich, dass mehr Partikel aufgenommen wurden, je kleiner diese Teilchen waren. Auch die Art der Partikel spielte eine wichtige Rolle. Die Dünndarmzellen als natürliche Barriere zwischen Darminhalt und Organismus erwiesen sich dabei als eher widerstandsfähig. Nur in geringem Maße „sickerte“ Mikroplastik in die Zelle ein. Die noch kleineren Partikel im Submikrometerbereich konnten hingegen in größeren Mengen in Darm- und Leberzellen gemessen werden. Die Teilchen lagerten sich entweder direkt an den Zellmembranen an oder wurden in kleinen Bläschen aus Zellmembran eingeschlossen, einem als Endozytose bezeichneten Prozess.

Es ist noch nicht geklärt, ob solche künstlichen Einschlüsse den normalen Stoffwechsel der Zelle stören können. Plastikteilchen könnten auch potenziell schädliche Substanzen an sich binden und diese als „trojanisches Pferd“ in die Zelle einschleusen. Als mögliche Effekte durch Submikrometer- und Nanoplastik werden z. B. Entzündungsprozesse im Gewebe diskutiert. Inwieweit dies der Fall ist, will die BfR-Forschergruppe in weiteren Studien untersuchen.

„Obwohl wir im Labor mit einem Modellsystem gearbeitet haben, das die Realität nur sehr vereinfacht abbilden kann, können unsere Erkenntnisse dazu beitragen, Wissenslücken über das Verhalten der kleinsten Plastikpartikel zu schließen“, fasst der BfR-Fachmann Sieg zusammen. „Doch kann noch nicht gesagt werden, ob die Ergebnisse auch für den Menschen gültig sind. Dazu müssen die Laborbefunde in Folgeversuchen überprüft werden.“

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Mikroplastik in der Leber

Forscher des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Universität Hamburg haben in einer gemeinsamen Studie erstmals Mikroplastik in menschlichem Lebergewebe nachgewiesen – betroffen waren Patienten mit Leberzirrhose. Bei ihnen haben die Wissenschaftler sechs verschiedene Typen von Mikroplastik in der Leber identifiziert. „Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass der Pfortaderhochdruck und die damit verbundene veränderte Darmpermeabilität bei Patient:innen mit Leberzirrhose zu einer vermehrten Aufnahme von Mikroplastik-Partikeln aus dem Darm führen. Welchen Stellenwert die Ablagerung von Mikroplastik in der Leber auf den Erkrankungsverlauf von Patient:innen mit Lebererkrankung hat, müssen künftige Studien zeigen“, sagt Dr. Dr. Thomas Horvatits, Oberarzt in der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE.

Bislang wurden Mikroplastik-Partikel nur in Geweben von Mäusen und kürzlich auch in Blut, Stuhl und Plazenta des Menschen festgestellt. Unklar war jedoch, ob Mikroplastik sich in peripheren Organen, insbesondere in der Leber, anreichert und ob eine Leberzirrhose diesen Prozess begünstigt. Für ihre Studie haben die Wissenschaftler Gewebeproben aus Leber, Niere und Milz von sechs Patienten mit Leberzirrhose und fünf Personen ohne eine Lebererkrankung analysiert.

Originalpublikation: Horvatits, Fischer et al. Microplastics detected in cirrhotic liver tissue. eBioMedicine. 2020; DOI: https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2022.104147

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Originalpublikation: Paul, M.B., Fahrenson, C., Givelet, L. et al. Beyond microplastics - investigation on health impacts of submicron and nanoplastic particles after oral uptake in vitro, Micropl.&Nanopl. 2, 16 (2022); DOI: 10.1186/s43591-022-00036-0

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