Nachhaltigkeitsberichte Warum sich Nachhaltigkeitsberichterstattung lohnt
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Ab 2017 sind große Unternehmen EU-weit verpflichtet, neben der finanziellen Lage, auch über ökologische und soziale Themen zu berichten. Doch jenseits dieser Verpflichtung zu einem Nachhaltigkeitsbericht können zudem mittelständische und kleinere Betriebe von diesem Instrument profitieren.

Ab dem Kalenderjahr 2017 werden große Unternehmen EU-weit vom Gesetzgeber verpflichtet, neben der finanziellen Lage, auch ökologische und soziale Themen darzustellen. Dazu zählen mindestens Angaben zu Umweltbelangen, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenrechte sowie zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung [1, 2]. In einem Nachhaltigkeitsbericht stellt ein Unternehmen seine Nachhaltigkeitsstrategie und -leistung glaubwürdig und transparent dar, zeigt die Leistungen in ökologischen und sozialen Bereichen auf und macht Unternehmen damit anhand der dargestellten Informationen und ermittelten Kennzahlen untereinander im nicht-finanziellen Bereich vergleichbar.
Nachhaltigkeitsreporting – Warum es sinnvoll ist ...
Neben den großen Unternehmen, die dazu verpflichtet sind (s. LP-Tipp), können auch mittelständische und kleinere Betriebe das Reporting als gutes Instrument nutzen, um den Status quo in verschiedenen Unternehmensbereichen zu ermitteln und ein ganzheitliches Bild zu erhalten. Denn wer sich – unabhängig von der Gesetzeslage – entscheidet, den Prozess des Nachhaltigkeitsreportings zu durchlaufen und einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen und zu veröffentlichen, kann in vielerlei Hinsicht profitieren:
- Nachhaltigkeitsreporting hilft, sich anhand eines vorgegebenen Leitfadens systematisch mit dem Thema zu befassen. Es sensibilisiert und schärft das Bewusstsein für das eigene Handeln auf allen Unternehmensebenen und die damit verbundene, gesellschaftliche Verantwortung.
- Im Reportingprozess werden Informationen und Daten gesammelt, Kennzahlen ermittelt, Abläufe und unternehmensinterne Prozesse untersucht sowie aufgezeigt, wie die verschiedenen Themen organisatorisch und strategisch verankert sind. Es ist somit ein wertvoller Baustein des Nachhaltigkeitsmanagements. Wer noch keines etabliert hat, kann den Bericht als Einstieg nutzen, um sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und ggf. ein solches System einzuführen.
- Ineffzienzen können während des Prozesses entdeckt, entfernt und damit auch direkt Kosten eingespart werden. Gleichzeitig können die erfassten Daten als Grundlage für zukünftige Investitionsentscheidungen dienen und Risiken durch ein „Abklopfen“ der verschiedenen Bereiche frühzeitig erkannt werden.
- Nachhaltigkeitsreporting bezieht immer die Stakeholder mit ein. Austausch und Dialog dienen dazu, wichtige Themen zu identifizieren, Feedback zu erhalten und etwaige externe Ansprüche in Entscheidungen und Aktivitäten mit einzubeziehen. Dieses „Korrektiv“ von außen dient somit auch dazu, Risiken frühzeitig zu erkennen und Reputationsschäden gar nicht erst entstehen zu lassen.
- Nachhaltigkeitsberichte machen Unternehmen transparenter und zeigen nach außen, wie mit sozialen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen im Unternehmen umgegangen wird. Dies wird zunehmend von Kunden, Geschäftspartnern oder den (zukünftigen) Mitarbeitern gefordert. Eine gute Aufbereitung der Daten hilft allen Stakeholdern, auch den eigenen Mitarbeitern, sich eine Übersicht zu verschaffen. Ein guter und ausgewogener Bericht, der auch über Schwachstellen berichtet und eine Risikoanalyse mit einbezieht, kann damit Glaubwürdigkeit, Vertrauen in das Unternehmen und seine Reputation erhöhen.
- Nachhaltigkeitsberichte wirken nach innen, indem sie die interne Kommunikation und die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit fördern. Durch die Auseinandersetzung mit dem Thema auf allen Unternehmensebenen sowie der unbedingten Verankerung in der obersten Geschäftsebene werden alle Mitarbeiter, vom Angestellten bis zur Führungsebene, für das Thema sensibilisiert.
- Der Prozess kann in verschiedenen Bereichen weitere, positive Effekte erzielen: Die Motivation der Mitarbeiter und deren Identifikation mit dem Unternehmen wird gestärkt, er wirkt auf Betriebsklima und die Unternehmenskultur insgesamt positiv ein und macht das Unternehmen als Arbeitgeber attraktiv.
- Nachhaltigkeitsberichte erlauben die Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsleistung verschiedener Unternehmen. Dadurch werden sie zunehmend zu einem Bewertungsmittel durch Finanzmärkte und Investoren. Schließlich werden entsprechend geführte Unternehmen z.B. als weniger risikobehaftet bewertet und Kreditvergaben sind ebenfalls erleichtert [3].
- Nachhaltigkeitsberichte sollen andere Unternehmen zum Nachahmen anregen. Bereits heute berichten viele große Unternehmen über ihre Aktivitäten – auch, weil der Wettbewerb es ebenfalls macht. Rankings, die die Qualität der Berichte bewerten, verstärken diesen Effekt [3].
- Ein Nachhaltigkeitsbericht ist ein gutes Kontrollinstrument, um die eigenen Ziele und Leistungen immer wieder zu prüfen, unternehmensinterne Prozesse zu bewerten und die Ausrichtung der Unternehmensstrategie immer wieder neu zu justieren. Über die Zeit werden zudem die Veränderungen sichtbar gemacht – so konnte Henkel über einen Zeitraum von zehn Jahren deutliche Verbesserungen im Ressourcenverbrauch sowie im Arbeitsschutz erreichen [4].
- Daraus folgt schließlich, dass sich Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten können. Dies gilt vor allem dann, wenn der Wettbewerb (noch) keine entsprechende Ausrichtung hat.
Für die Berichterstattung stehen unterschiedliche nationale und internationale Rahmenwerke zur Verfügung (s. LP-Info), die genutzt werden können. Der Gesetzgeber gibt keine explizite Empfehlung für einen bestimmten Standard vor: „Die nichtfinanzielle Erklärung kann unter Anlehnung an oder unter Verwendung nationaler, europäischer oder internationaler Rahmenwerke für die Berichterstattung erstellt werden. In diesen Fällen ist in der Erklärung anzugeben, welches Rahmenwerk herangezogen wurde“ [2].
Welche Punkte sind wichtig für den Reportingprozess?
Im Wesentlichen gilt es, im Rahmen eines Reportingprozesses die fünf folgenden Punkte zu erarbeiten:
- Vorbereitung und Planung: Die Erstellung braucht, wie jedes Projekt, eine gute Planung sowie die wirksame Unterstützung durch und Verankerung in der Geschäftsleitung. Genauso wichtig ist eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit, um die verschiedenen Themen gut abdecken zu können. Die Belegschaft sollte über den gesamten Prozess informiert, sensibilisiert und mit einbezogen werden. Denn als eine bedeutende Stakeholdergruppe sind sie u.a. für den nächsten Punkt wichtig.
- Ermittlung der wesentlichen Themen: Welche Unternehmenstätigkeiten haben wesentliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft? Welche Themen sind Stakeholdern wichtig? Je nach Betrieb sind diese unterschiedlich: Für ein chemisches Unternehmen sind Ressourcenverbrauch, Arbeits- oder Produktsicherheit wichtig, für einen Laborhändler sind es Aspekte der Lieferkette oder innovative, ressourcenschonende Produkte im Portfolio, in einem pharmazeutischen Unternehmen spielen schließlich Produktkennzeichnung oder problematische Inhaltsstoffe, wie Palmöl oder Parabene, eine entscheidende Rolle [5]. In allen Unternehmen sind sicherlich interne Themen wie Weiterbildungen für Mitarbeiter oder Diversity wichtig. Schließlich können für Anwohner eines chemischen Unternehmens Fragen zur Produktionsweise am relevantesten sein. Die wichtigsten Auswirkungen ihrer Tätigkeit sind Unternehmen sicherlich im großen und ganzen bewusst. Trotzdem sollten sie unbedingt ihre Stakeholder in den Dialog einbinden, um alle wichtigen Themen abzudecken – durch Befragungen, in einem größeren Forum oder im persönlichen Gespräch. Nicht alle Themen, die dabei auftauchen, sind für das Unternehmen gleich relevant – für die Einordnung, Bewertung und Priorisierung der Themen bietet sich eine so genannte „Wesentlichkeitsmatrix“ (s. Abb. 2) an [8]. Im Rahmen der Transparenz sollte im Bericht unbedingt dargestellt werden, wie die wesentlichen Themen ermittelt wurden und wie sich der Stakeholderdialog gestaltet hat.
- Strategie, Organisation und Umsetzung: Wie sind die ermittelten, nachhaltigkeitsrelevanten Themen mit der Unternehmensstrategie verknüpft? Welche Vision bzw. welches Leitbild hat das Unternehmen? Wie erfolgt die Umsetzung im Unternehmen? Hier geht es darum, zunächst einmal zu ermitteln und darzulegen, wie die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen in die Unternehmensstrategie eingebettet sind. So sollte ein energieintensives Unternehmen an dieser Stelle aufzeigen, wie es dieses ökologische Thema strategisch angeht z.B. durch Umstieg auf erneuerbare Energiequellen (ein Beispiel dazu findet sich unter [6]). Als nächstes wird aufgezeigt, wie die Strategie im täglichen Handeln umgesetzt wird. Welche Regeln und Vorgaben sorgen dafür, dass der Nachhaltigkeitsaspekt bei den wesentlichen Themen immer mit berücksichtigt wird? Dies kann z.B. Vorgaben für den Einkauf umfassen, wonach das energieeffizienteste Gerät beschafft wird. Es umfasst die Einbindung und Sensibilisierung der Mitarbeiter zu diesen Themen – z.B. durch Fortbildungen oder regelmäßigen Austausch untereinander zu diesen Themen. Schließlich die Frage, ob es Kontroll- und Erfassungssysteme zur Messung der wichtigsten Indikatoren und Kennzahlen gibt – beispielsweise Umweltmanagementsysteme. Wenn ein Unternehmen noch keine einheitliche Nachhaltigkeitsstrategie etabliert hat, erst Teile davon umgesetzt wurden oder viele Einzelmaßnahmen „nebeneinander“ stehen und noch kein umfassender Managementansatz besteht, kann der Reportingprozess dazu genutzt werden, genau diese Informationen zu sammeln und Ideen zu Strategie und Umsetzung zu entwickeln. Ein Unternehmen sollte in diesem Fall gemäß dem „Comply or Explain-Ansatz“ berichten und erklären, wo es als Unternehmen steht, weshalb noch kein einheitlicher Ansatz vorhanden ist und was zukünftig geändert werden wird.
- Daten und Fakten: Wo steht das Unternehmen in den verschiedenen Bereichen? Welche Ziele werden daraus für den nächsten Berichtszyklus abgeleitet? Wo endet der Einflussbereich? Die Ermittlung und das Zusammentragen von Kennzahlen und qualitativen Daten zu den wesentlichen Themen sind der nächste, wichtige Bestandteil im Berichtsprozess: Daten zu Materialverbrauch, Abfallaufkommen, Energiekonsum oder Treibhausgasemissionen genauso wie Informationen zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Diversity, oder Arbeitnehmerrechte – hier oftmals mit dem Fokus auf die Lieferkette. Compliance, gesellschaftliches Engagement oder Informationen zu Maßnahmen hinsichtlich der Kennzeichnung von Produkten und Dienstleistungen können ebenfalls relevant sein. So ist z.B. die Kennzeichnung, ob Palmöl in einem Produkt vorhanden ist bzw. aus zertifizierten Quellen stammt für Kundenentscheidungen relevant [5]. Je nach Standard werden auch ökonomische Daten erfasst. Dieser Teil ist sicherlich der aufwändigste, da viele Informationen eventuell (noch) nicht zur Verfügung stehen, viele verschiedene Abteilungen angesprochen und die ermittelten Daten aufbereitet werden müssen. Diese Mühe – gerade für den ersten Bericht – lohnt sich. Denn mit einer guten Grundlage können die nächsten Schritte erörtert und Ziele für die Zukunft festgelegt werden. Diese sollten SMART (Spezifisch, Messbar, Abgestimmt, Realistisch und Terminiert) sein – sie dienen als internes Kontrollinstrument und sollten eine einfache Überprüfung im nächsten Berichtszyklus gewährleisten.
- Veröffentlichung und ein Wegweiser in die Zukunft: Die zusammengetragenen qualitativen sowie quantitativen Daten und Zielsetzungen sollten für den Bericht gut aufbereitet, leicht verständlich und nachvollziehbar sein. Gleiches gilt für die zuvor ermittelten Informationen zu Strategie, Organisation und Umsetzung sowie für den Prozess der Themenfindung und Stakeholderbeteiligung. Mit der Veröffentlichung sollten Externe wie Interne nun einen gut geschriebenen (!), informativen und transparenten Einblick in ein Unternehmen erhalten. Klare Zielsetzungen geben den Weg für die Zukunft vor und unterstützen damit den in Gang gesetzten, unternehmensweiten Prozess hin zu einem nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen, das sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist und diese übernimmt. Global gesehen, und so ist auch dies eine Intention der CSR-Richtlinie, soll damit der Übergang hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft, die ökonomische Aspekte mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz verbindet, unterstützt, gefördert und gefordert werden.
Quellenangaben:
- [1] Gesetzentwurf der EU: Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, vom 22. Oktober 2014 (abgerufen am 4.9.2023)
- [2] Bundesministerium der Justiz: Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) (abgerufen am 4.9.2023)
- [3] Schulz, T., Bergius, S. (2014), CSR und Finance - Beitrag und Rolle des CFO für eine Nachhaltige Unternehmensführung. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
- [4] Henkel Nachhaltigkeitsbericht 2014, S.44 ff
- [5] Beiersdorf Nachhaltigkeitsbericht 2014, S.23
- [6] Deutscher Nachhaltigkeitskodex: Entsprechenserklärung BeoPlast Besgen GmbH (2017) (abgerufen am 4.9.2023)
- [7] GRI: G4-Leitlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung - Teil 1: Berichterstattungsgrundsätze und Standardangaben (abgerufen am 4.9.2023)
- [8] GRI: G4-Leitlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung - Teil 2: Umsetzungsanleitung; Informationen zur Themenpriorisierung und „Wesentlichkeitsmatrix“ finden sich hier auf den Seiten 11 und 12 (abgerufen am 4.9.2023)
- [9] Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz: Bereit für den Nachhaltigkeitsbericht? Nachhaltigkeitsberichte für KMU (abgerufen am 17.03.2016)
- [10] Bertelsmann Stiftung: Leitfaden zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex - Orientierungshilfe für mittelständische Unternehmen (abgerufen am 4.9.2023)
- [11] Global Compact: Un Global Compact Management Model (abgerufen am 4.9.2023)
- [12] VBW Bayern: ISO 26000 - Leitfaden zum gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen (abgerufen am 4.9.2023)
- [13] OECD: OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen (abgerufen am 4.9.2023)
* Dr. K. Hermuth-Kleinschmidt: NIUB-Nachhaltigkeitsberatung, 79112 Freiburg
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