Feenkreise in Namibia Wie entstehen die kahlen Kreise in der Wüste?
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Die Feenkreise in der Namib-Wüste sind seit Jahrzehnten ein Rätsel für die Forschung. Lange gab es für die kahlen Flecken im Grasteppich zwei vorherrschende Theorien: Termitenfraß oder Selbstorganisation der Pflanzen. Wissenschaftler der Uni Göttingen haben nun deutliche Belege für die Selbstorganisation gefunden.

Etwa 80 bis 140 Kilometer von der Küste entfernt gibt es in der Namib-Wüste ein rätselhaftes Naturphänomen zu bestaunen: Millionen von Feenkreisen – kreisförmige Lücken im Grasland, die jeweils nur wenige Meter breit sind und zusammen ein unverwechselbares Muster in der gesamten Landschaft bilden, das kilometerweit zu sehen ist. Fast ein halbes Jahrhundert lang haben Wissenschaftler über den Ursprung der Feenkreise in Namibia diskutiert. Zwei Haupttheorien lauteten: Entweder waren Termiten dafür verantwortlich, die an den Pflanzenwurzeln nagen, oder die Pflanzen organisierten sich irgendwie selbst.
Jetzt hat ein Forschungsteam der Universität Göttingen von zwei außergewöhnlich guten Niederschlagsperioden in der Namib-Wüste profitiert: Nach sporadischen Regenereignissen in zehn Regionen dieser Wüste untersuchten die Wissenschaftler die Umstände des Absterbens der Gräser in den Feenkreisen direkt nach den Regenfällen, die eigentlich neues Wachstum der Gräser auslösen. Sie betrachteten die Gräser, ihre Wurzeln und Triebe sowie mögliche Wurzelschäden, die durch Termiten verursacht werden. Zusätzlich installierten sie Bodenfeuchtesensoren innerhalb und außerhalb der Feenkreise, die alle 30 Minuten den Bodenwassergehalt aufzeichneten. So zeigten sie von der Trockenzeit 2020 bis zum Ende der Regenzeit 2022, wie sich das Wachstum der neu aufkommenden Gräser außerhalb der Kreise auf das Bodenwasser in und um die Kreise herum auswirkte.
Nach dem Regen beginnt der Kampf ums Wasser
Die Datenauswertung ergab, dass die Gräser innerhalb der Feenkreise etwa zehn Tage nach den Regenfällen bereits abzusterben begannen und in den meisten Innenbereichen der Kreise kein neues Gras keimte. Zwanzig Tage nach den Regenfällen waren die Gräser innerhalb der Kreise vollständig abgestorben und gelblich gefärbt, während die umliegenden Gräser außerhalb der Feenkreise vital und grün waren. Als die Forscher die Wurzeln der Gräser innerhalb der Kreise untersuchten und sie mit denen der grünen Gräser außerhalb der Feenkreise verglichen, stellten sie fest, dass die Wurzeln innerhalb der Kreise genauso lang oder sogar länger waren als die außerhalb. Dies deutet darauf hin, dass die Gräser auf der Suche nach Wasser waren. Allerdings fanden die Forscher keine Hinweise darauf, dass sich Termiten von den Wurzeln ernährten.
Erst fünfzig bis sechzig Tage nach den Regenfällen wurden die Wurzelschäden an den abgestorbenen Gräsern deutlicher sichtbar. Dr. Stephan Getzin von der Abteilung für Ökosystemmodellierung an der Universität Göttingen erklärt: „Da die Gräser unmittelbar nach dem Regen abstarben, ohne dass es Anzeichen dafür gab, dass sich Insekten von den Wurzeln ernährt hatten, konnten wir zeigen, dass Termiten für das Absterben nicht verantwortlich sind. Außerdem blieben die meisten Innenbereiche der Feenkreise von Anfang an kahl, also gab es nicht einmal Biomasse, von der sich die Termiten hätten ernähren können.“
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Feenkreise
Feenkreise in der Namib: Termiten trifft wohl keine Schuld
Pflanzen trinken aus bis zu sieben Metern Entfernung
Bei der Analyse der Daten über die Schwankungen der Bodenfeuchtigkeit stellten die Forscher fest, dass bei gut gewachsenen Gräsern das Bodenwasser sowohl außerhalb als auch innerhalb der Feenkreise sehr schnell sank – obwohl es innerhalb der Kreise fast keine Gräser gab, die das Wasser aufnehmen konnten. „Unter der starken Hitze in der Namib transpirieren die Gräser ständig und verlieren Wasser“, erklärt Getzin. „Daher bilden sie um ihre Wurzeln herum ein Bodenfeuchtigkeitsvakuum und das Wasser wird zu ihnen hingezogen. Unsere Ergebnisse stimmen stark mit Untersuchungen überein, die gezeigt haben, dass das Wasser in diesen Böden schnell und horizontal diffundiert, selbst über Entfernungen von mehr als sieben Metern.“
Der Forscher fügt hinzu: „Indem sie stark gemusterte Landschaften aus gleichmäßig verteilten Feenkreisen bilden, wirken die Gräser als Ökosystemingenieure und profitieren direkt von der Wasserressource, die durch die Vegetationslücken bereitgestellt wird. In der Tat kennen wir ähnliche selbstorganisierte Vegetationsstrukturen aus verschiedenen anderen Trockengebieten der Welt, und in all diesen Fällen haben die Pflanzen keine andere Chance zu überleben, als genau in solchen geometrischen Formationen zu wachsen.“
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen haben Auswirkungen auf das Verständnis ähnlicher Ökosysteme, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel, da die Selbstorganisation der Pflanzen negative Auswirkungen der zunehmenden Austrocknung abpuffert.
Originalpublikation: Stephan Getzin et al.: Plant water stress, not termite herbivory, causes Namibia’s fairy circles, Perspectives in Plant Ecology, Evolution and Systematics 2022. DOI: 10.1016/j.ppees.2022.125698
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