English China

Physikalischer Trick zur Restauration historischer Gebäude Wie Nanopartikel den Stephansdom in Wien retten

Quelle: Pressemitteilung TU Wien

Anbieter zum Thema

Große Teile des Stephansdom in Wien sind aus Sandstein gefertigt, der über die Jahrhunderte zu bröckeln beginnt.
Große Teile des Stephansdom in Wien sind aus Sandstein gefertigt, der über die Jahrhunderte zu bröckeln beginnt.
(Bild: gemeinfrei, NakNakNak / Pixabay)

Oslo/Norwegen, Wien/Österreich – Viele historische Gebäude wurden aus Sandstein gebaut, etwa der Wiener Stephansdom. Das poröse Material lässt sich zwar leicht bearbeiten, hält aber der Verwitterung schlecht stand. Es besteht aus Sandkörnern, die nur relativ schwach aneinander gebunden sind. Daher bröckeln im Lauf der Jahre immer wieder Teile des Gesteins ab – oft sind aufwändige Restaurierungen notwendig, um die historischen Bauten zu erhalten.

Die Widerstandskraft des Gesteins lässt sich aber erhöhen, indem man sie mit speziellen Nanopartikeln aus Silikat behandelt. Die Methode wird bereits bei Restaurierungen eingesetzt, was dabei allerdings genau passiert und welche Nanopartikel dafür am besten geeignet sind, war bisher unklar.

Bildergalerie

Ein Forschungsteam der TU Wien und der Universität Oslo hat nun durch Experimente am Synchrotron DESY in Hamburg und mit mikroskopischen Untersuchungen in Wien genau geklärt, wie dieser künstliche Härtungsprozess abläuft. Dadurch haben die Wissenschaftler ermittelt, welche Nanopartikel am besten für den Erhalt von Sandstein geeignet sind.

Der Heiltrank für Sandsteingebäude: eine Nanopartikel-Suspension

Wie die Pflege-Mischung für das anfällige Baumaterial funktioniert, erklärt Prof. Markus Valtiner vom Institut für Angewandte Physik der TU Wien: „Man verwendet eine Suspension, also eine Flüssigkeit, in der die Nanopartikel zunächst frei herumschwimmen. Wenn diese Suspension in das Gestein gelangt, dann verdunstet der wässrige Anteil – die Nanopartikel bilden stabile Brücken zwischen den Sandkörnern und verleihen dem Gestein zusätzliche Stabilität.“

Obwohl diese Methode in der Restaurierungstechnik schon angewandt wird, war bisher nicht genau klar, welche physikalischen Prozesse dabei ablaufen. Wenn das Wasser verdunstet, kommt es zu einer speziellen Art der Kristallisation: Normalerweise ist ein Kristall eine regelmäßige Anordnung einzelner Atome. Doch nicht nur Atome, sondern auch ganze Nanopartikel können sich in einer regelmäßigen Struktur anordnen – man spricht dann von einem „kolloidalen Kristall“. Solche kolloidalen Kristalle entstehen auch bei der Behandlung von Sandstein mit der Nanopartikel-Suspension: Die Silikat-Nanopartikel finden sich beim Trocknen im Gestein zu den kristallen zusammen und erzeugen dadurch gemeinsam neue Verbindungen zwischen den einzelnen Sandkörnern. Dadurch wird die Festigkeit des Sandsteins erhöht.

Kristallisation bei der Trocknung untersucht

Um diesen Kristallisationsprozess genau zu beobachten, nutze das Forschungsteam der TU Wien die Synchrotronanlage DESY in Hamburg. Dort können extrem starke Röntgenstrahlen erzeugt werden, mit denen man die Kristallisation während des Trocknungsprozesses analysieren kann. „Das war sehr wichtig, um genau zu verstehen, wovon die Stärke der entstehenden Bindungen abhängt“, sagt Joanna Dziadkowiec (Universität Oslo und TU Wien), die Erstautorin der Publikation, in der die Forschungsergebnisse nun präsentiert wurden. „Wir haben unterschiedlich große Nanopartikel in unterschiedlicher Konzentration verwendet und den Kristallisationsprozess mit Röntgenanalysen untersucht.“ Dabei zeigten dir Wissenschaftler, dass die Größe der Partikel für die optimale Festigkeit entscheidend ist.

Je kleiner desto fester

Zusätzlich maßen die Forscher an der TU Wien die Haftkraft, die durch die kolloidalen Kristalle entsteht. Dafür nutzten sie ein eigenes Interferenzmikroskop, das auf die Messung winziger Kräfte zwischen zwei Oberflächen spezialisiert ist. „Wir konnten zeigen: Je kleiner die Nanopartikel, umso mehr verstärken sie den Zusammenhalt zwischen den Sandkörnern“, sagt Erstautorin Dziadkowiec. „Wenn man kleinere Partikel verwendet, entstehen mehr Bindungsstellen im kolloidalen Kristall zwischen zwei Sandkörnern. Und mit der Zahl der beteiligten Partikel steigt damit auch die Kraft, mit der sie die Sandkörner zusammenhalten.“

Wichtig ist auch, wie viele Partikel in der Emulsion vorhanden sind. „Je nach Partikelkonzentration verläuft der Kristallisationsprozess leicht unterschiedlich, und das hat einen Einfluss darauf, wie sich die kolloidalen Kristalle im Detail ausbilden“, sagt Forschungsleiter Valtiner. Die neuen Erkenntnisse sollen nun dazu dienen, Restaurierungsarbeiten dauerhafter und zielgenauer zu machen.

Originalpublikation: J. Dziadkowiec et al.: Cohesion Gain Induced by Nanosilica Consolidants for Monumental Stone Restoration, Langmuir 2022, 38, 22, 6949–6958; DOI: 10.1021/acs.langmuir.2c00486

(ID:48518127)

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung