Headspace Aroma-Profiling mittels Headspace-Technik
Die Art der Aufgabe determiniert die Analysemethode: Welches Messinstrument zum Einsatz kommt und wie die Probe präpariert wird, hängt vorrangig vom Untersuchungsziel ab. Wissenschaftler der Hochschule Anhalt haben jetzt einen Weg gefunden, um das Profil von Kräuteraromen optimal zu bestimmen. Dabei setzten sie für die Probenvorbereitung unter anderem die Headspace-Sorptive-Extraction (HSSE) ein.
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Ohne Aroma- und Duftstoffe geht heutzutage so gut wie nichts mehr. Sie verhelfen faden Lebensmitteln zu mehr Geschmack, lassen aggressive Putzmittel der Nase schmeicheln oder bittere Medizin lecker schmecken. So einfach lassen unsere Sinne sich täuschen – ohne Magie, allein mit der Macht der Biochemie. Gerüche sind in der Lage, kaum dass sie in die Nase gestiegen sind, ein neuronales Feuerwerk zu entfachen und Reaktionen von Ekel über Wohlgefallen bis hin zur Schnüffelsucht anzustoßen. Und wenn die Chemie stimmt, geht’s selbstverständlich auch der Wirtschaft gut: Die Nachfrage nach Geruchs- und Geschmacksstoffen steigt und die Aromastoffindustrie boomt. Doch der Bedarf lässt sich aufgrund hoher Kosten beziehungsweise mangelnder Ressourcen nicht alleine aus natürlichen Quellen decken.
Während sich wohlriechendes Küchengewürz meist mühelos in ausreichender Menge und für kleines Geld auf der Fensterbank ziehen lässt, erweist sich die Gewinnung kostbaren Aromaöls, etwa aus dem australischen Teebaum, als wesentlich diffiziler. Um den Markt dennoch mit ausreichenden Mengen zu bezahlbaren Preisen beliefern zu können, bedient man sich der chemischen Synthese. Mit Erfolg: Die im Reagenzglas erschaffenen Duftkreationen reichen oft verblüffend nahe an das Original heran; sie im Labor zusammenzubauen ist vergleichsweise kostengünstig und obendrein ökologisch sinnvoll. Mitunter profitiert auch die Gesundheit vom Kunstprodukt, enthält doch manches Naturextrakt giftige Komponenten, die bei der Synthese einfach weggelassen werden können. Insbesondere dann, wenn sie nur wenig oder gar nicht zum olfaktorischen Sinneseindruck beitragen.
Nachweis flüchtiger Verbindungen
Voraussetzung für die Synthese eines Duftes ist die Kenntnis seiner Zusammensetzung. Wer hingegen konkrete Vorstellungen vom jeweiligen Aromaprofil hat und sich allein auf empirische Duftstudien verlässt, kann nicht damit rechnen, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Detaillierte Einblicke in den aromatischen Mikrokosmos sind mittels instrumentalanalytischer Methoden möglich. Zum Nachweis und zur Identifikation flüchtiger Verbindungen, zu denen die Duftstoffe und Aromen zählen, hat sich die Kapillargaschromatographie (Kapillar-GC) in Verbindung mit der massenselektiven Detektion (MS) bewährt.
Hinsichtlich der Art der Probenvorbereitung gehen die Meinungen allerdings auseinander. Dass man der Headspace-Technik (HS) den Vorzug gegenüber anderen, klassischen Extraktionstechniken gibt, verwundert nicht. Doch welche der verschiedenen HS-Techniken eignet sich am besten für den intendierten Nachweis? Diese Frage stellten sich Anne-Christin Wolff und Kollegen am Institute of Bioanalytical Sciences (IBAS) der Hochschule Anhalt. Auf der Suche nach einer verbindlichen Antwort verglichen die Wissenschaftler drei gängige HS-Verfahren anhand der Analyse von Oregano und Basilikum.
Drei Headspace-Techniken im Vergleich
Ins Rennen um das beste Aromaprofil schickten sie die Festphasenmikroextraktion (Solid-Phase-Micro-Extraction/SPME) beziehungsweise die wenige Jahre nach deren Einführung entwickelte Headspace-Variante HS-SPME: Die Extraktion der flüchtigen Komponenten erfolgt mittels eines geeigneten Polymermaterials, hier Polydimethylsiloxan (PDMS), das von außen auf eine Nadel aufgebracht wurde. Diese Nadel befindet sich ausschiebbar in einer schützenden Metallkanüle. Die Kanüle stößt durch das Septum des Probengefäßes, die Nadel wird in definierter Tiefe in den Dampfraum über der Probe eingetaucht und bleibt dort, bis die Extraktion abgeschlossen ist.
Die Nummer zwei am Start war die so genannte Headspace-Solid-Phase-Dynamic-Extraction (HS-SPDE), eine von der Festphasenmikroextration (HS-SPME) abgeleitete, ebenfalls lösemittelfreie Extraktionstechnik. Im Gegensatz zur HS-SPME befindet sich das extrahierende Polymermaterial bei der HS-SPDE nicht auf, sondern im Innern einer Spritzennadel; die Anreicherung der geruchsaktiven Komponenten erfolgt, während mit der Spritze ein definiertes Gasvolumen aus dem Dampfraum des Probengefäßes abgesaugt wird. Desorbiert wird nach Einführung der Kapillare in den heißen GC-Injektor. Wichtig zu wissen: Die HS-SPDE wartet mit einer dickeren sorbierenden PDMS-Schicht auf als die SPME-Faser.
Dritte und letzte Extraktionstechnik war die Headspace-Sorptive-Extraction (HSSE), die auf der Stir-Bar-Sorptive-Extraction (SBSE) basiert. Ihr Funktionsprinzip ähnelt dem der SPME und SPDE, die Extraktion erfolgt allerdings nicht mit einer von außen beschichteten Faser oder einer innenbeschichteten Nadel, sondern mit dem so genannten Gerstel-Twister. Hierbei handelt es sich um ein Rührstäbchen für Magnetrührer, das mit einer Sorptionsschicht aus PDMS ummantelt ist und das im Dampfraum der Probe befestigt wird. Charakteristisch für den Twister ist sein großes PDMS-Volumen, wodurch eine bis zu tausendfach größere Empfindlichkeit gegenüber der SPME resultiert.
Vergleichbare Ergebnisse schaffen
Als Proben verwendeten Wolff und Kollegen zwei luftgetrocknete Gewürze: Oregano (Origanum vulgare ssp. hirtum) mit einem Gehalt an ätherischem Öl von 2,95 bis 3,20 Prozent und Basilikum (Ocimum basilicum var. basilicum) mit einem Anteil an ätherischem Öl von 0,55 bis 0,60 Prozent. 50 Milligramm jeder Probe wurden in ein 20-mL-Vial gegeben, verschlossen und 30 Minuten bei 40 °C äquilibriert. „Wir haben die Bedingungen bei allen drei Extraktionstechniken konstant gehalten, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse gewährleisten zu können“, versichern die Wissenschaftler. Jede Analyse wurde zehn Mal ausgeführt.
HS-SPME-Probenahme: Für die HS-SPME-Extraktion verwendeten sie eine 100-Mikrometer-PDMS-Faser (PDMS 100, Volumen des Beschichtungsmaterials Vf = 0,612 mm³), die für 30 Minuten bei einer Temperatur von 40 °C in das Probenvial eingefahren wurde. Während der HS-Äquilibrierung war der Intervallschüttler aktiviert. Die SPME-Faser wurde anschließend in den GC-Injektor eingeführt und die angereicherten Analyten wurden für die Dauer von einer Minute bei 200 °C desorbiert. Jede Faser wurde vor der Extraktion zehn Minuten lang konditioniert.
HS-SPDE-Probenahme: Die SPDE-Nadel (74 mm x 0,8 mm, ID = 0,5 mm, konische Spitze mit Seitenöffnung), innen mit 50 µm PDMS beschichtet, saß auf einer gasdichten Spritze; ihr Volumen betrug 2,5 mL. Die Probe wurde für eine Minute inkubiert, anschließend 30 Minuten bei 40 °C extrahiert. Das Extraktionsvolumen lag bei 1000 Mikroliter, die Extraktionsgeschwindigkeit betrug 50 µL/s. Die angeschlossene Gasstation lieferte ein festes Volumen von 1000 Mikroliter Helium für die Desorption bei 200 °C mit 50 µL/s im GC-Eingang. Nach jeder Analyse wurde die Nadel in der Nadelkonditionierungsstation für die Dauer von drei Minuten bei 150 °C konditioniert.
HSSE-Probenahme: Der Gerstel-Twister (1,0 mm x 20 mm) wurde in den Einsatz des 20-mL-Headspacevials platziert, in das zuvor 50 mg Pflanzenmaterial gefüllt worden war. Extrahiert wurde für die Dauer von 30 Minuten unter Schütteln und bei 40 °C.
Von der Desorption bis zur Detektion
Die Forscher ließen der HS-SPME und HS-SPDE eine GC/MS-Analyse (Thermo-Finnigan-TRACE-GC/Quadrupol-Massenspektrometer TRACE DSQ) folgen. Die Temperatur des Injektors betrug 200 °C, das Splitverhältnis 1:15 für die Basilikum- und 1:10 für die Oreganoproben. Als Trägergas verwendet wurde Helium, das bei der Analyse der Basilikumproben mit 1,3 mL/min und bei der Trennung der Oreganoinhaltsstoffe mit 0,9 mL/min durch die Kapillare floss.
Die Trennung der Analyten erfolgte auf einer DB5-MS-Kapillarsäule (15 m x 0,25 mm; ID = 0,25 µm, SGE). Angelegt war ein Temperaturgradient. Ausgehend von 40 °C wurde die Temperatur mit 20 °C/min auf 100 °C gesteigert, von dort ging es weiter mit 1 °C/min auf 120 °C, dann mit 30 °C/min auf 270 °C. Die Temperatur der Transferleitung zum MSD betrug 280 °C, die des Detektors 250 °C. Gescannt wurde im Bereich von m/z 50 bis 300 mit 5 Scans pro Sekunde (Ionisation El. 70 eV).
Zur Analyse mittels Gerstel-Twister (HSSE) verwendeten die Wissenschaftler einen GC 6890, verbunden mit einem MS 5973 (beide Agilent Technologies). Nachdem der Twister in ein passendes Desorptionsröhrchen überführt worden war, verlief die Analyse mit dem Multi-Purpose-Sampler MPS voll automatisiert. Die Desorption erfolgte im Splitlos-Modus und temperaturprogrammiert in der Thermal-Desorption-Unit (TDU): Ausgehend von 40 °C wurde die Temperatur um 180 °C/min auf 240 °C gesteigert. Die desorbierten Analyten wurden im Kalt-Aufgabe-System (KAS) des GC bei minus 80 °C cryofokussiert. Nach der Desorption des Rührstäbchens wurde das Kalt-Aufgabe-System (KAS) mit 12 °C/s auf 280 °C aufgeheizt und die Temperatur für 5 Minuten gehalten.
Injiziert wurde im Split-Modus, mit einem Verhältnis von 1:15 (Basilikum) beziehungsweise 1:10 (Oregano). Die anschließende Trennung der Analyten erfolgte auf einer Kapillarsäule DB5-MS (30 m x 0,25 mm, ID = 0,25 µm) unter Anlehnung eines Temperaturgradienten: Von 40 °C ausgehend wurde die Temperatur mit 20 °C/min auf 100 °C gesteigert; weiter ging es mit 1 °C/min auf 120 °C, dann mit 30 °C/min auf 270 °C. Die Temperatur der Transferleitung zum MSD betrug 280 °C, die des Detektors 250 °C. Gescannt wurde im Bereich von m/z 50 bis 300 mit 5,27 Scans pro Sekunden (Ionisation El. 70 eV).
Bewertung verschiedener Headspace-Techniken
Um die Leistungsfähigkeit der verschiedenen HS-Extraktionstechniken bewerten und statistisch vergleichen zu können, setzten die Wissenschaftler drei flüchtige Standards mit unterschiedlichen Molekulargewichten und Octanol-Wasser-Teilungskoeffizienten (KO/W) ein, namentlich Linalool, Carvacrol und beta-Caryophyllen. Inwieweit die Experimente präzise verliefen, berechneten die Wissenschaftler mittels einer Serie von sechs Analysen für jeden Versuch. „In der Wiederholbarkeit setzte sich die HS-SPDE an die Spitze der getesteten HS-Extraktionstechniken“, schildert Anne-Christin Wolff. Die relative Standardabweichung (RSD) erreichte im Verlauf von sechs Bestimmungen einen Wert von 0,69 Prozent für Linalool bis 1,29 Prozent für beta-Caryophyllen. Die Wiederfindung wurde untersucht, indem eine mit einer definierten Menge von flüchtigen Standards versetzte Kräuterprobe analysiert wurde: Sie lag für die HS-SPDE bei 94,06 (Linalool), 99,37 (Carvacrol) und 73,18 Prozent (beta-Caryophyllen). Die HSSE erreichte Werte von 83,28, 58,85 und 78,75 Prozent, die HS-SPME 61,45, 89,77 und 70,97 Prozent.
Vorbereitet für den Ernstfall nahm sich das Forscherteam nun der echten Oregano- und Basilikumproben an. Die linearen Retentionsindices wurden durch Injektion einer Lösung, die eine homologe Serie von Alkanen (C11 bis C30) enthielt, bestimmt. Die Verbindungen wurden auf der Basis der Massfinder 3.0 Massenspektra-Library-Suche identifiziert. Weiterhin seien alle durch Massenspektra, lineare Retentionsindices (LRI) oder Injektion zuverlässiger Standards bestätigt worden, schreiben die Wissenschaftler. Insgesamt wurden mittels HS-SPME, HS-SPDE und HSSE 43 Analyten detektiert.
Wolff und Kollegen wählten jeweils fünf Headspace-Komponenten von Origanum vulgare ssp. hirtum, namentlich p-Cymen, Thymolmethylether, Thymoquinon, Carvacrol und beta-Caryophyllen, und von Ocimum basilicum var. basilicum, namentlich 1,8-Cineol, Linalool, Estragol, E-Methylcinnamat, trans-beta-Bergamoten, um die Ergebnisse der drei Anreicherungstechniken zu vergleichen. Die Peakflächen der ausgewählten Komponenten wurden auf Prozent normiert, und zwar indem sie auf jene bezogen wurde, die mittels HS-SPME gewonnen und als 100 Prozent gesetzt wurden. Dies erfordert eine relative mittlere Häufigkeit (Abundanz/RA) jeder Komponente mit HS-SPDE und HSSE gegen HS-SPME (siehe dazu Tabelle 3). Ergebnis: „Für beide Kräuter zeigte die HSSE eine wesentlich höhere Konzentrationsfähigkeit als die HS-SPME und die HS-SPDE, was auf das höhere Volumen der Polymerbeschichtung (126 µL gegen 0,6 µL) zurückzuführen ist“, schlussfolgern die Wissenschaftler. Der Vergleich der RAs der Gesamtfläche für die Oregano- und Basilikumproben zeigt: Die Wiedergewinnung liegt bei der HSSE zwischen 25 und 370 Mal höher als bei der HS-SPME und der HS-SPDE.
Fazit
„Der Vergleich der mit allen drei Techniken gewonnenen Peakzahlen zeigt, dass die HSSE eine signifikant größere sorptive Kapazität als die HS-SPDE und die HS-SPME besitzt“, konstatiert Anne-Christin Wolff. Aus der Oreganoprobe wurden nach Angabe der Wissenschaftler mit der HSSE bis zu 33 Peaks detektiert, während es mit der HS-SPME nur 15 gewesen seien; ein ähnlich gravierender Unterschied habe sich auch beim Basilikum feststellen lassen. Zusammenfassend könne man sagen, dass sich „die HSSE für flüchtige Verbindungen als die ideale Anreicherungstechnik erweist“, resümieren die Wissenschaftler. Allein die Konzentrationsfähigkeit der HSSE sei aufgrund des höheren Volumens der sorbierenden Polymerschicht markant größer gewesen. Der Versuch habe zudem deutlich gemacht, dass die HSSE auch eine sehr hohe sorptive Kapazität für Komponenten besitze, die nur in geringen Konzentrationen vorliegen, was für Aromaanalysen sehr bedeutsam sein könne.
Analytica: Halle A1, Stand 341/440
* G. Deußing, ScienceCommunication Redaktionsbüro, 41464 Neuss,
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